BIM 15/2007 - Berliner Infodienst Migration vom 08.03.2007 In dieser Ausgabe: 1. Mina Ahadi im Interview am Weltfrauentag: „Schleier oder Freiheit“ 2. Sibel Kekilli ist sich sicher, dass sie irgendwann aus Deutschland wegzieht 3. Seyran Ates erhält „Niedersächsische Löwin“ - AsF ehrt Frauenrechtlerin 4. Weiter Streit um Bleiberecht - Forderungen aus der Union 5. Presseschau zu den Äußerungen deutscher Bischöfe in Israel 6. Orhan Pamuk kommt doch nach Deutschland 7. UNICEF: Roma-Kinder werden in Deutschland diskriminiert 8. Schweiz (I): Deutsche raus? - Emotionen im Nachbarland 9. Schweiz (II): Deutsche ein Segen - Kommentar der Weltwoche 10. Schweden: Debatte um Ahndung von Ehrenmorden 11. Bulgarien: Vom Imam zum Geschäftsmann 12. Berlin, 10.03.: Chorkonzert gegen Völkermord und Vertreibung 13. Berlin, 12.03.: Buchvorstellung „Allein auf der Flucht“ 14. Essen, 09.03.: „Leid-Kültür“ - Putzfrauen-Kabarett mit neuer Inszenierung 15. Mannheim, 11.03.: Zentrale Eröffnungsfeier der Woche der Brüderlichkeit 16. München, 14.03.: Interkultureller Museumstag im Museum für Völkerkunde 17. Dokumentation zum Weiterbildungsbedarf von Migrantenorganiationen 18. Dokumentation über KSFH-Fachtagung zu Abschiebungshaft erschienen 19. Buch-Tipp: Aussiedler mit Suchterkrankungen - Ursachen und Wirkung 20. TV-Tipps
... und am Ende: Impressum und Bezugsmöglichkeiten 1. Mina Ahadi im Interview am Weltfrauentag: „Schleier oder Freiheit“ ? Frau Ahadi, der Weltfrauentag ist für Frauen im Iran wie für Sie persönlich ein be-sonderes Datum. Wie kam es dazu? ! Diesem Tag verdanke ich eigentlich mein Exil. Als junge Studentin hielt ich auf dem Campus der Universität von Tabriz am 8. März 1979 eine Rede gegen den Schleier-zwang, den uns die Mullahs auferlegt hatten. Es war das erste Mal, dass der Tag für uns Frauen bedeutsam wurde und wir ihn für laute Signale nutzten. ? Sie wollten Ärztin werden? ! Ich kam aus einem armen Milieu und hatte gerade mit dem Studium begonnen. Mei-ne Familie, meine Mutter, setzten große Hoffnungen in meine Laufbahn als Ärztin. Dann gab es plötzlich neue Gesetze, die uns Frauen das Verhüllen vorschrieben. Ein oder zwei Tage lang habe ich den Schleier getragen, dann hielt ich es nicht mehr aus. So sollte es nicht sein – ich habe das Tuch weggeworfen! ? Und Sie haben das öffentlich bekannt. ! Ich habe vehement gegen den Schleier gesprochen. Wenn ich den Schleier akzep-tiere, sagte ich in meiner Rede, dann würde das bedeuten, alles zu akzeptieren, was er bedeutet: Unterdrückung, Gewalt in der Familie, Vergewaltigung, die Zweitrangig-keit der Frauen. Das schien mir undenkbar. ? Hatte Ihr Auftritt Konsequenzen? ! Unmittelbar. Am 9. März war mein Studium zu Ende. An diesem Tag hängte die Po-lizei ans Schwarze Brett der Uni eine Liste mit den Namen all derer, die ab sofort vom Studium ausgeschlossen wurden. Mein Name stand ziemlich weit oben, er war die Nummer sieben auf der Liste. Mir blieb kaum etwas anderes übrig, als zur erklär-ten Rebellin zu werden. Ein paar Jahre lang habe ich mich im Untergrund bei einem Radiosender aktiv für die Belange der unterdrückten Kurden im Iran eingesetzt, spä-ter ging ich ins Exil nach Wien, wo ich Asyl erhielt. Engagiert habe ich mich in Initiati-ven gegen das Steinigen von Frauen und gegen die Todesstrafe - im Iran wäre ich nun selbst von einem Todesurteil bedroht. 1996 erhielt ich die österreichische Staats-bürgerschaft und lebe nun seit einiger Zeit in Deutschland. ? Sie haben hier den „Zentralrat der Ex-Muslime“ mitgegründet, dessen erste Vorsit-zende Sie sind. Was war der Anlass? ! Wir haben ihn gegründet, weil massiver Einspruch nottut. Wir wollen nicht hinneh-men, dass wir etwa von einem Zentralrat der Muslime mitvertreten werden, der unse-re Anliegen als säkulare Bürgerinnen und Bürger ignoriert und dennoch vorgibt, auch für uns zu sprechen. Unsere rasch wachsende Bewegung ist nicht nur in Deutsch-land aktiv; sie wendet sich vor allem gegen den politischen Islam, der sich im 21. Jahrhundert immer weiter ausbreitet. Interessanterweise sind bei uns fast überall Frauen in führenden Positionen, auch in Algerien, im Irak oder in Afghanistan. >>> weiter unter: www.tagesspiegel.de/kultur/archiv/08.03.2007/3126917.asp aus: Der Tagesspiegel vom 08.03.2007 (Interview von Caroline Fetscher) 2. Sibel Kekilli ist sich sicher, dass sie irgendwann aus Deutschland wegzieht Sie ist hier geboren, trotzdem fühlt sie sich nicht akzeptiert: Die türkischstämmige Schauspielerin Sibel Kekilli spricht im SPIEGEL-ONLINE-Interview über das ewige Gefühl, Gast zu sein, kritisiert das Kopftuch - und fordert, dass Muslime öfter mal über sich selbst lachen. SPIEGEL ONLINE: Frau Kekilli, "Gewalt gehört im Islam zum Kulturgut" - das haben Sie neulich auf einer Podiumsveranstaltung in Berlin gesagt. Der türkische General-konsul hat wütend den Raum verlassen. Bereuen Sie Ihre Worte heute? Kekilli: Es ist doch nicht zu leugnen: Die meisten Ehrenmorde werden von den Tätern mit dem Islam begründet. Bei der Genitalverstümmelung wird als Begründung der Is-lam mit ins Spiel gebracht, obwohl das keine Vorschrift des Islams ist. Männer, die ihre Frauen schlagen, sagen: So steht es im Koran. Diese entsprechenden Stellen im Koran sind natürlich auch anders zu interpretieren, werden sie aber meistens leider nicht. Man versucht durch die Religion die Gewalttaten zu rechtfertigen. Und die friedliebenden Moslems müssen unter diesen Extremisten ihrer Religion leiden und sich rechtfertigen. SPIEGEL ONLINE: Sind Sie Atheistin? Kekilli: Ich respektiere alle Religionen, fühle mich aber keiner zugehörig. Es gab eine Zeit, in der ich an gar nichts geglaubt habe. Mittlerweile glaube ich an eine Macht, die einen schützt und einem im Laufe des Lebens Aufgaben stellt. Ich nenne sie aber nicht Gott. SPIEGEL ONLINE: Ihre Eltern haben Ihnen nicht erlaubt, Abitur zu machen. Fehlt in Deutschland so etwas wie ein Ehrgeiz der Einwanderer? Ist es typisch, dass muslimi-sche Mädchen in ihren Familien ausgebremst werden? Kekilli: Meine Eltern wollten, dass ich nach der zehnten Klasse eine solide Ausbil-dung mache und Geld verdiene. Ich habe aber in meinem Umfeld beobachtet, dass viele muslimische Mädchen von ihren Eltern klein gehalten werden. Sie sollen zum Beispiel kein Abitur machen, damit sie keinen eigenen Kopf entwickeln und bloß nicht zu viel von der Welt sehen sollen. Ich habe aber auch türkische Eltern erlebt, die ihre Töchter fördern. SPIEGEL ONLINE: Was raten Sie arabischen und türkischen jungen Frauen, die nicht die Chance auf ein eigenes Leben haben, weil sie von den Männern oder ihrer Familie unterdrückt werden? Kekilli: Ich würde nie jemandem raten: Brich mit deiner Familie! Nur wenn ein Mäd-chen selbst über ihr Leben bestimmen will, muss sie ihrer Familie Grenzen setzen - egal ob das für kurze oder lange Zeit ist. Ich glaube trotzdem, dass die Angst bei diesen Mädchen immer bleiben wird, wirklich frei werden sie sich wahrscheinlich nie fühlen. SPIEGEL ONLINE: Eine Umfrage unter türkischen Studenten hat vor kurzem erge-ben, dass bis zu 30 Prozent von ihnen Verständnis für Ehrenmorde aufbringen. Eine mörderisch hohe Zahl. Kekilli: Ja, leider. Und ich befürchte, dass die Zahl noch steigen wird. Die Menschen, vor allem junge, sind auf der Suche. Heutzutage gibt es fast keine Vorbilder, Idole mehr. Es gibt keinen Grund zur Rebellion. Also rebellieren sie, indem sie sich wieder an religiöse und traditionelle Werte klammern. Da spielt auch die Politik eine Rolle. Die Menschen fühlen sich nicht richtig akzeptiert. Wenn die EU-Aufnahme der Türkei aus bestimmten Gründen verschoben wird, dann ist das für viele Türken eine Art von Zurückweisung. Und daraufhin reagiert man mit Trotz. >>> weiter unter: www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,468051,00.html aus: SPIEGEL ONLINE vom 06.03.2007 3. Seyran Ates erhält „Niedersächsische Löwin“ - AsF ehrt Frauenrechtlerin Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (AsF) Niedersachsen hat in diesem Jahr zum zweiten Mal den Preis der „Niedersächsischen Löwin“ vergeben. Erhalten hat den Preis die Berliner Rechtsanwältin, Frauenrechtlerin und Friedens-aktivistin Seyran Ates. „Damit ehren wir eine Frau“, so die ASF-Landesvorsitzende Ulla Groskurt, die per-sönlich glaubwürdig in einem Spannungsfeld verschiedener Kulturen und Werte für unteilbare Menschlichkeit und Gerechtigkeit eintritt.“ Im vergangenen Jahr 2006 wurde Seyran Ates nach einer Gerichtsverhandlung vom Ehemann einer Mandantin verprügelt und hat anschließend vorerst ihre rechtsan-waltliche Tätig-keit aufgegeben. Im Jahr zuvor war sie von der Schweizer Friedens-initiative „Peace Women Across the Globe“ für den Friedensnobelpreis vorgeschla-gen worden, für den in einem weltweiten Aktionsnetz 1000 Frauen nominiert wurden. 4. Weiter Streit um Bleiberecht - Forderungen aus der Union Trotz der grundsätzlichen Einigung von Union und SPD zum Bleiberecht gärt es in der Koalition weiter. Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) forderte am Dienstag, dass der Kompromiss in "zentralen Punkten" nachgebessert werden müsse. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) warnte, die Neure-gelung dürfe nicht zu höheren Kosten für Länder und Kommunen führen. "Wir wollen weitere Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme ausschließen", sagte er. Am Montagabend hatten sich die Koalitionsspitzen grundsätzlich darauf geeinigt, den von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Vize-Kanzler Franz Münte-fering (SPD) ausgehandelten Kompromiss nicht noch einmal aufzuschnüren. Er sieht unter anderem vor, dass die etwa 180 000 Ausländer, die seit Jahren in Deutschland geduldet werden, weil Abschiebungshindernisse in ihren Heimatländern bestehen, dauerhaftes Bleiberecht erhalten. Sie müssen aber dafür innerhalb einer bestimmten Frist einen Arbeitsplatz finden. Dieser Zeitraum war zwischen den Koalitionspartnern lange umstritten: Die SPD forderte eine großzügigere Regelung, die Union einen engeren Korridor. Nun sollen die Betroffenen bis 31. Dezember 2009 Zeit für die Stellensuche haben. Dagegen macht nun Niedersachsen mobil. CSU-Chef Stoiber meldete nun noch Klärungsbedarf in Finanzfragen an. Mit dem dauerhaften Bleiberecht hätten die bislang geduldeten Ausländer Anrecht auf höhere Sozialleistungen, was zu Kosten in dreistelliger Millionenhöhe führe. Innerhalb der Koalition wird deshalb erwogen, den Betroffenen in der Zeit ihrer Arbeitssuche einen Übergangsstatus zu gewähren, der zwar die Suche erleichtern soll, ihnen aber kei-nen Anspruch auf höhere Leistungen einräumen würde. Ähnlich könnte einem weite-ren bayerischen Einwand begegnet werden: Das Bundesland bringt geduldete Aus-länder in Sammelunterkünften unter. Mit dem Bleiberecht hätten sie eigentlich An-spruch auf Einzelunterkünfte. Die finanziellen Folgen der Bleiberechtsregelung wollen Stoiber, Müntefering und Schäuble am Montag erörtern. Am 28. März soll der Gesetzentwurf vom Kabinett beschlossen werden. Es wird erwartet, dass im Bundesrat einzelne Ministerpräsiden-ten dem Entwurf nicht zustimmen, die Mehrheit aber nicht in Gefahr ist. aus: Frankfurter Rundschau vom 07.03.2007 Link: www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=1089190& 5. Presseschau zu den Äußerungen deutscher Bischöfe in Israel Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt: "Darf man das: Nazareth und Ramallah, die eingezäunten Palästinenserstädte, ein Ghetto nennen? Der Eichstätter Bischof Gre-gor Maria Hanke hat es auf der Reise der deutschen Bischöfe durchs Heilige Land getan, in Nazareth im Angesicht der Betonwand, die Israelis und Palästinenser trennt. Nein: Man darf die autonomen Gebiete nicht Ghetto nennen. Denn Ghetto ist ein zentraler Begriff der jüdischen Leidensgeschichte. Darf man nun also als Deut-scher Israel nicht mehr kritisieren? Natürlich darf man das tun. Die Mauer zerschnei-det die autonomen Gebiete in lebensunfähige Flecken. Die Mauer hat Israel zu ei-nem Land gemacht, das weitgehend frei von Selbstmord-Attentaten ist. Aber die Mauer tötet, und nie wird sie dauerhaften Frieden bringen können. Ein Bischof muss das sagen können, auch wenn der Zentralrat der Juden darüber unglücklich ist", notiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Für die TAGESZEITUNG haben die Bischöfe sich "... eindeutig in ihrer Wortwahl ver-griffen. Die routinierte Empörung des israelischen Botschafters soll allerdings auch nur davon ablenken, dass er von den deutschen Bischöfen am liebsten gar keine Kritik an seinem Land gehört hätte. Aber was hätte die Reisegruppe denn sonst sa-gen sollen angesichts der monströsen Mauer, die etwa die Stadt Bethlehem abrie-gelt? Wer nur die sonnigen Seiten des jüdischen Staats kennt, dem fällt es nicht schwer, von ihm zu schwärmen. Wer aber auch einen Blick in die Hinterhöfe werfen darf, dessen Urteil fällt etwas anders aus. Denn für die bedrückende Lage der Bevöl-kerung in den palästinensischen Gebieten trägt Israel als Nochimmer-Besatzungs-macht nun mal maßgebliche Verantwortung. Daran sollte man auch als Bischof aber besser rein sachliche und nüchterne Kritik üben", heißt es in der TAZ aus Berlin. "Die eifrigen Bemühungen, das Gesagte zu relativieren, lassen keinen Zweifel daran, dass die Kirchenführer nur unüberlegt und spontan dahergeplappert haben", merken die KIELER NACHRICHTEN an. "Das macht die Sache aber nicht viel besser. Denn es waren eben keine naiven Schüler, die von den Umständen vor Ort überwältigt wurden, sondern die wichtigsten Vertreter der deutschen Katholiken, deren stärkstes Argument der wohlüberlegte Gebrauch des Wortes sein sollte", unterstreichen die KIELER NACHRICHTEN. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG spricht von "abwegig klingenden Ver-gleichen" und fährt fort: "Doch dürfen diese Äußerungen nicht überbewertet werden. Wer, wenn nicht Bischöfe aus Deutschland, sollte mit dem deutschen Papst sagen dürfen: 'Die Israelis haben das Recht, in Frieden in ihrem Land zu leben; die Palästi-nenser haben das Recht auf ein freies und souveränes Vaterland'?", fragt die F.A.Z. Der WIESBADENER KURIER beschäftigt sich mit den Vorwürfen des Zentralrats der Juden: "Es ist nicht das erste Mal, dass Vertreter der deutschen Juden das Wort An-tisemitismus recht leichtfertig in den Mund nehmen. Sie erweisen damit weder sich noch der gesamten deutschen Gesellschaft einen guten Dienst. Denn der inflationäre Gebrauch des Begriffs verharmlost und relativiert den leider in Deutschland durchaus aktiven echten Antisemitismus. Auch wäre es Ausdruck falsch verstandener Lobby-Arbeit, Kritik am Staat Israel, und sei sie noch so hart, als judenfeindlich anzupran-gern. Solche Kritik, etwa an der Behandlung der Araber, kommt auch aus Israel selbst", erinnert der WIESBADENER KURIER. aus: Deutschlandradio Presseschau vom 08.03.2007 6. Orhan Pamuk kommt doch nach Deutschland „Wir freuen uns wirklich sehr, dass Orhan Pamuk sich so schnell bereit erklärt hat, die im Februar kurzfristig und ohne Begründung abgesagte Lesereise nachzuholen", sagte Christina Knecht vom Carl-Hanser-Verlag. Die Lesereise startet am 2. Mai in Hamburg. Nach der Lesung in Berlin (3. Mai) nimmt der Schriftsteller am 4. Mai die Ehrendoktorwürde der Freien Universität entgegen. Außerdem sind Lesungen in Köln (6. Mai), Stuttgart (7. Mai) und München (8. Mai) geplant. Als Pamuk seine Lesereise im Februar absagte, flog er überraschend in die USA, wo er nach türkischen Medien-Spekulationen längere Zeit bleiben wollte. Der Carl-Han-ser-Verlag geht davon aus, dass Pamuk sich noch dort aufhält. In Deutschland war die unerwartete Absage des 54-jährigen Autors mit Bestürzung und deutlicher Kritik an der Türkei aufgenommen worden. Als Hintergrund werden Drohungen nationalistischer Türken gegen Pamuk vermutet, der sich in Vergangenheit unter anderem für eine Aufarbeitung der türkischen Mas-senmorde an den Armeniern im Jahr 1915 ausgesprochen hatte. Dafür musste sich der 54-jährige Autor vor türkischen Gerichten wegen Verunglimpfung des Türken-tums verantworten. Der Mord an seinem Freund, dem türkisch-armenischen Journa-listen Hrant Dink, hat Pamuk - wie er selbst sagte - "das Leben vergällt". Einer der mutmaßlichen Anstifter hatte bei einem Gerichtstermin auch Pamuk bedroht. aus: tagesspiegel.de vom 08.03.2007, Link: www.tagesspiegel.de/kultur/nachrichten/ orhan-pamuk-deutschlandreise/95002.asp# 7. UNICEF: Roma-Kinder werden in Deutschland diskriminiert Kinder aus Roma-Familien werden nach Darstellung des Kinderhilfswerks UNICEF auch in Deutschland nach wie vor benachteiligt. "Roma-Kinder müssen die Chance bekommen, den Teufelskreis aus Armut, Ausgrenzung und Vorurteilen zu durchbre-chen", forderte UNICEF-Vorstandsmitglied Reinhard Schlagintweit am Montag in Berlin. Ablehnung, Frustration und Aggression könnten sich ansonsten "aufschau-keln". Die sozialen und politischen Folgekosten wären "enorm". In Deutschland leben den Angaben zufolge 70.000 Sinti und Roma mit deutscher Staatsbürgerschaft. Zudem gibt es rund 50.000 Roma-Flüchtlinge, von denen zwei Drittel lediglich geduldet sind. Im Saarland beispielsweise haben geduldete Flüchtlingskinder laut einer Studie von UNICEF und dem Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin kein Anrecht, die Schule zu besuchen. In Baden-Württemberg und Hessen un-terliegen sie nicht der Schulpflicht. Laut UNICEF-Lagebericht ist die Diskriminierung in Südosteuropa noch größer. Dem-nach besuchen in Albanien, Bulgarien und Rumänien gegenwärtig 20 bis 40 Prozent und in Bosnien-Herzegowina 80 Prozent der Roma-Kinder keine Schule. In diesen Ländern sowie in Albanien, Mazedonien, Montenegro, Rumänien, Serbien und dem Kosovo würden Roma-Kinder unter fadenscheinigen" Begründungen an Sonderschu-len verwiesen oder an "Roma-Schulen" mit schlecht qualifizierten Lehrern geschickt. aus: ngo-online.de vom 05.03.2007 Link: www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=15468 8. Schweiz (I): Deutsche raus? - Emotionen im Nachbarland Wie viele Deutsche verträgt unser Land? Greifen sich die Deutschen unsere Jobs? Warum sind diese Deutschen so kalt? Die Schweizer führen mit ungewohnter In-brunst eine Debatte über „Wirtschaftsflüchtlinge“ aus der Bundesrepublik: Die Angst vor der Überfremdung geht um. Deutsche rein? Oder Deutsche raus? Im vergangenen Jahr erreichte die Migration aus dem „großen Kanton“ einen Rekord: Fast 25 000 Deutsche kamen. Damit sind die Menschen aus Berlin, Sachsen oder Nordrhein-Westfalen die größte Gruppe von Neueinwanderern. Insgesamt leben 170 000 Deutsche in dem kleinen Staat. Und je öfter die Schweizer das harte Hochdeut-sche in ihren Städten hören, desto stärker stacheln die Medien die antideutschen Reflexe an. Das Magazin „Facts“ berichtete genüsslich: „Schweizer mobben Deut-sche“. Der „Sonntags-Blick“ stellte mit Genugtuung fest, dass zwei von drei Schwei-zern finden, dass es zu viele Deutsche in Helvetien gibt. Für den schrillen Höhepunkt sorgte die größte Zeitung des Landes: Der „Blick“ druckt eine Serie über das „Reiz-thema Deutsche“. Zwar versichert das Zürcher Boulevardblatt den „lieben Deutschen“: „Unsere Serie wird keine Kampagne gegen euch sein.“ Gleichzeitig aber weiden sich Blick und seine Leser an den Ergebnissen einer Umfrage: Danach verurteilt fast jeder zweite Schweizer die Deutschen als arrogant – die Franzosen, Italiener und Österreicher schneiden bei den Eidgenossen wesentlich besser ab. Klar ist dann auch, dass die Deutschen im Sympathieranking ganz unten liegen. Die Nachbarn aus Italien, Österreich und Frankreich gelten einfach als netter als die Teu-tonen. Gepfeffert haben die „Blick“-Macher ihre Serie mit Zitaten ganz normaler Schweizer über die „großspurigen“ Deutschen: „Ich habe bisher vorwiegend schlech-te Erfahrungen gemacht mit Deutschen“, schimpft Severine Saladin. „Sie kamen mir meistens unfreundlich vor und zeigten sich auch nicht gerade hilfsbereit.“ Bruno Schurtenberger berichtet über die Deutschen: „Wie ich es erlebe, werden sie zum Teil unangenehm, sobald sie in der Gruppe auftauchen.“ Und Regula Sutter arg-wöhnt: „Die Deutschen kommen also als Billigkräfte in die Schweiz und ruinieren unseren Arbeitsmarkt.“ Doch gerade die Arbeitgeber nehmen die Deutschen in Schutz, egal ob sich die Einwanderer in Hotels, Banken, Universitäten oder auch auf dem Bau verdingen. Deutsche arbeiten ergebnisorientiert, reden weniger und legen ein anderes Tempo vor. Wenn ein Unternehmen umstrukturiert werden muss, sind Deutsche diejenigen, die anpacken und verändern. Das macht Angst. Besonders Helvetiens Gesundheits-wesen hängt von der Zufuhr gut ausgebildeter Fachkräfte aus der Bundesrepublik ab. „Ich bin ihnen so dankbar, dass sie unsere Patientinnen und Patienten betreuen“, sagt Robert Fürder, Verwaltungspräsident eines großen Spitals. „Ohne sie müssten wir das Unternehmen schließen.“ Vor allem beeindrucken die Deutschen mit ihrer Zuverlässigkeit, ihrem Fleiß und ihrem Drang zur Perfektion. Und die Deutschen, das müssen auch die misstrau-ischsten Schweizer eingestehen, schielen nicht auf die soziale Hängematte. „Die Deutschen wissen, warum sie hierher kommen“, betont der Gipser Reto Hugentobler, „um zu arbeiten und um Geld zu verdienen, nicht um unsere Sozialsysteme auszu-beuten“. Tatsächlich: Die Migranten schätzen die vielen lukrativen Stellen. „Wer hier arbeiten will, kann arbeiten“, findet der Berliner Gipser Ricard Kern, der jetzt im Kanton Bern sein Geld verdient. „Und am Monatsende bleibt - anders als in Deutschland - auch noch was vom Gehalt übrig.“ Zwar haben sich viele der Zugezogenen recht schnell integriert. Jetzt aber mehren sich ihre Klagen. Mal zeigen die Schweizer den Deutschen die kalte Schulter, mal pöbeln die Einheimischen die Neuankömmlinge offen an. „Die Leute lassen mich warten oder wenden sich offen von mir ab“, berichtet ein deutscher Informatiker, der seit fünf Jahren in Zürich arbeitet. „Außerdem höre ich oft Ausdrücke wie Nazikopf.“ Ist die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes der Hauptgrund für die scharfen Re-aktionen der Schweizer? Oder sitzen die Ressentiments der Eidgenossen gegen-über den Nachbarn tiefer? Intellektuelle wie der Zürcher Germanist Peter von Matt versuchen, Antworten zu finden: „Die Sozialpsychologie kennt das Phänomen, dass das kleine Land, die kleine Stadt eine bestimmte Animosität gegen den größeren Nachbarn entwickelt“, sagt er. „Der Größere gilt stets als kalt, arrogant und materia-listisch, der Kleinere spricht sich selbst Wärme und Gefühl zu.“ aus: Der Tagesspiegel vom 07.03.2007 (von Jan Dirk Herbermann, Genf) Link: www.tagesspiegel.de/weltspiegel/archiv/07.03.2007/3124842.asp# 9. Schweiz (II): Deutsche ein Segen - Kommentar der Weltwoche Mehr als 24000 Deutsche kamen letztes Jahr in die Schweiz. Die Zuwanderung ist ein Segen. Die antideutschen Mediendebatten gehen in die Irre. Über Wochen lief die Kampagne im Blick. Das Schweizer Fernsehen griff das Thema auf. In Diskussionsrunden wurde die Frage bis tief in die Nacht erörtert: Wie viele Deutsche verträgt die Schweiz? Was ist den Eidgenossen an Zuwanderung aus dem Norden noch zuzumuten? Man rieb sich verwundert die Augen. Die gleichen Zeitun-gen und Sender, die sich um die eigentlichen Probleme im Ausländerbereich drücken (Kriminalität, Missstände im Asylwesen, Ehrenmorde und Zwangsheiraten) begutach-teten skeptisch bis herablassend die leistungsfähigste, anpassungswilligste und ins-gesamt erfreulichste Ausländergruppe, die sich in diesem Land wohl jemals nieder-gelassen hat. Ausgerechnet die Deutschen wurden zur Problemgruppe erklärt, ob-schon Leute aus dem Balkan, der Türkei und Afrika nach wie vor die Kriminalitäts-statistiken bevölkern. Mittlerweile wurden die antideutschen Töne auch in Deutsch-land mit Besorgnis registriert. Halten wir zur Beruhigung und entschieden fest: Die Deutschen sind keine Last, sie sind ein Segen für die Schweiz. Jährlich wandern hervorragend qualifizierte Mana-ger, Akademiker, Ärzte und Anwälte ein. Der deutsche Zustrom stimuliert den Wett-bewerb und befördert die Wertschöpfung. Deutsche Firmenlenker zählen mittlerweile zu den erfolgreichsten des Landes. Christoph Franz brachte die Swiss nach vorne, Jürgen Dormann steuerte hervorragend die ABB aus der Krise. Carsten Schloter be-herrscht die Swisscom, und Martin Kall hat die Tamedia zu einem hochrentablen, strategisch gut aufgestellten Medienbetrieb verschlankt. Unter den jüngeren Kader-leuten des Landes ragen immer mehr Deutsche durch ausgezeichnete Leistungen hervor. Die vom Blick und anderen Referenzmedien verbreitete Karikatur des gross-mäuligen, grössenwahnsinnigen «Schwaben» entspricht nicht der Realität. Viele Deutsche verkörpern geradezu beispielhaft jene Sekundärtugenden, deren sich gern die Schweizer rühmen: Fleiss, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und einen bis zur Selbst-aufgabe gehenden Erfolgswillen. Die Zuwanderung ist auch ein Beweis für intakte Schweizer Standortqualitäten - und deutsche Schwächen. Deutschland krankt an Reformstau, tiefen Löhnen, hohen Steuern und einem betonierten Arbeitsmarkt. Talentierten Führungskräften fehlt es in der von Betriebsräten, Gewerkschaften und Richtern beherrschten Wirtschaft an Ge-staltungsraum. Deutsche Firmen sind hierarchischer, zugleich aber auch kollektivisti-scher organisiert als Schweizer Unternehmen. Die Eigenverantwortung bricht sich an einem Zwang zur sozialpartnerschaftlichen Harmonie, die meisten Medien sind glo-balisierungsfeindlich, und was der Kaderangestellte an Gehalt nach Hause trägt, wird durch Abzug der Steuern aufs Fürchterlichste eingedampft. Zu der insgesamt doch erstaunlich hohen Abwanderungsquote der letzten Jahre dürfte das deprimierende Endspiel der rot-grünen Regierung entscheidend beigetragen haben. Doch auch der neuen Koalition ist es trotz erfreulichen Wirtschaftszahlen nicht gelungen, das Grund-vertrauen zu gewinnen. Es war auffällig, wie herausragende Repräsentanten der Ma-nager- und Medien-Elite zuletzt ganz offen darüber plauderten, dass sie im Grunde ihr Land am liebsten verlassen würden. Interessanterweise scheint die deutsche Politik nicht immer die richtigen Schlüsse aus dem Exodus zu ziehen. Altkanzler Schröder geisselte Unternehmer, die unter der anschwellenden Steuerlast und Regulierungswut die Flucht ergriffen, als vaterlands-lose Gesellen. Sein Finanzminister Eichel wollte den Kapitalabfluss in die Schweiz durch eine Aufweichung unseres Bankkundengeheimnisses und andere Drangsalie-rungen eindämmen. Nicht viel fantasievoller handelt die Nachfolgekoalition unter Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück. Stellt man ab auf Gespräche und Signale in der Hauptstadt Berlin, droht der Schweiz anhaltender Druck auf die Vor-teile, die ihren Reiz für die Emigrantenelite ausmachen. Vor allem das tiefe Steuerni-veau ist der deutschen Politik zuwider. Man will der renitenten Alpenrepublik die ei-genen Regeln aufzwingen. Die Selbstherrlichkeit, mit der sich der Fiskus an hart er-arbeitetem Eigentum vergreift, ist erstaunlich bis demütigend. Der Tennisstar Boris Becker kann laut Augenzeugenberichten kaum einen Fuss auf deutschen Boden set-zen, ohne dass ihn die Steuerfahndung attackiert. Für die Schweiz bleibt die Sachlage eindeutig. Statt sich in dumpfen Verträglichkeits-debatten zu verlieren, müssen die eigenen Stärken bewahrt und ausgebaut werden: Tiefe Steuern, ein liberaler Arbeitsmarkt und offene Türen für die Besten und Klügs-ten aus Deutschland, auf welcher Stufe sie auch immer arbeiten mögen. Je mehr kommen wollen, desto besser. Ironischerweise beweist für einmal die Schweiz gera-dezu preussische Qualitäten: Im 18. Jahrhundert war die Hohenzollern-Monarchie der Fluchtpunkt für unterdrückte Leistungseliten aus ganz Europa, weil sie toleranter war als die anderen Königtümer. Der Grenzverkehr läuft heute umgekehrt, aber die Erfolgsrezepte sind sich gleich geblieben. aus: DIE WELTWOCHE 10/2007 (Kommentar von Roger Köppel) Link: www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=16019 10. Schweden: Debatte um Ahndung von Ehrenmorden Die schwedische Gleichstellungsministerin Nyamko Sabuni hat gestern ihren Akti-onsplan für die Ahndung von Ehrenmorden, Zwangsehen und Genitialverstümmelun-gen präsentiert. Sabuni, Schwedin afrikanischer Herkunft, sieht sich seit ihrem Amts-antritt im Oktober 2006 selbst Morddrohungen ausgesetzt. Die Zeitung SYDSVENS-KA DAGBLADET kommentiert die Pläne der Ministerin: "Das Thema 'Ehrenmord' ist sensibel. Der Anspruch, alle Menschen gleich zu behandeln und der Respekt für den Multikulturalismus haben häufig dazu geführt, einen Ehrenmord wie alle anderen Morde zu behandeln. Sabuni, die sich schon lange mit diesem Thema beschäftigt, wird oft als Gegnerin des Islam dargestellt. Doch Kulturrelativismus führt häufig zu zweifelhafter Verteidi-gung von Fundamentalismus und unterdrückerischen Traditionen. Der Kampf gegen Ehrenmorde hat weder mit Integration zu tun, noch ist es ein Frauenthema. Es geht ganz einfach darum, ein Verbrechen zu bekämpfen, die Rechtssicherheit aufrechtzu-erhalten und die Freiheit des Menschen, sein eigenes Leben so zu gestalten wie er möchte, zu verteidigen." Link (schwedisch): http://sydsvenskan.se/opinion/huvudledare/article223026.ece aus: euro|topics-newsletter vom 08.03.2007 11. Bulgarien: Vom Imam zum Geschäftsmann Dass Shaban Hadzhioliev einmal ein Imam war, würde man nicht annehmen. Er ist gerade mal 32 Jahre alt, fährt einen schnellen Geländewagen und trägt, natürlich, Schwarz - in Bulgarien gewissermaßen das Erkennungszeichen für einen Geschäfts-mann. Hadzhioliev ist Geschäftsführer und Miteigentümer von „Merkez“ - Bulgariens erster Betrieb für Wurstwaren ohne Schweinefleisch. Alle Frankfurter, Salamis und Knack-würste entsprechen dem muslimischen „Halal“-Prinzip: Das Fleisch stammt aus zerti-fizierten Schlachthöfen, in denen Tiere durch Ausbluten und ohne vorherige Betäu-bung getötet werden. Was 1998 in Hadzhiolievs Heimatdorf Breznica begonnen hat, ist heute ein erfolgrei-ches mittelgroßes Unternehmen. Im September 2006 hat „Merkez“ eine 2000 Qua-dratmeter große Halle in der südwestbulgarischen Kleinstadt Goce Delchev bezogen und beschäftigt derzeit insgesamt 40 Personen in Produktion und Vertrieb. Noch vor 20 Jahren wäre ein solcher Betrieb in Bulgarien undenkbar gewesen - nicht nur der sozialistischen Planwirtschaft wegen. Die Volksrepublik betrieb insbesondere seit Mitte der 80er Jahre eine aggressive Assimilierungspolitik gegenüber der musli-mischen Bevölkerung: türkische Namen wurden bulgarisiert, der Besuch von Mo-scheen und muslimische Begräbnisrituale waren verboten. Rund 13 Prozent der Bul-garen sind Muslime - etwa eine Million Menschen. Seit der Wende erlebt ein moderater Islam eine Renaissance. „Merkez“ ist ein Teil davon. „Es brauchte ein, zwei Jahre um die Leute zu überzeugen, dass in unseren Produkten wirklich kein Schweinefleisch enthalten ist. Heute sind wir ein Markenna-me“, erzählt der zweite Geschäftsführer Mehmed Kapanak. „Anfangs glaubten die Leute nicht, dass es Wurstwaren ohne Schweinefleisch geben könnte“, so Hadzhi-oliev, „Wir haben bewiesen, dass unsere Gemeinschaft eine eigene Nahrungsmit-telindustrie haben kann.“ Hadzhioliev gehört zu jener Generation junger Geschäftsleute, deren Erfolg auf un-konventionellen Ideen beruht. Unmittelbar nach der Wende schrieb er sich in eine religiöse Schule in der nordbulgarischen Stadt Shumen ein. Ein paar Jahre später machten Kapanak und er eine Reise in die Türkei. Sie waren beeindruckt von den dortigen Halal-Waren und beschlossen, es damit in Bulgarien zu versuchen. Mit „Merkez“ habe man den hiesigen Muslimen ihre Tradition wiedergegeben, ist Had-zhioliev überzeugt. „Sogar die weniger Religiösen wissen nun: Dies sind die richtigen Produkte für sie.“ Im Umkreis von Goce Delchev sind die Halal-Waren gut vertreten. In den Dörfern leben Pomaken – bulgarisch-stämmige Muslime, „Merkez“ ist ihnen ein Begriff. Lan-desweit seien die Produkte in über 1000 Läden erhältlich, so Kapanak. Exportieren in die EU - das steht auf der Wunschliste der Geschäftsführer ganz weit oben, schließlich leben in Europa viele Muslime. Zwar entspricht der neue Betrieb EU-Standards, der Firma stehen allerdings noch veterinärmedizinische Überprüfun-gen bevor. In Bulgarien dürfen derzeit nur 26 Fleisch verarbeitende Betriebe ihre Wa-ren in EU-Länder ausführen. Eventuell müssen die Würstchen von „Merkez“ auch ei-nem geschmacklichen „Redesign“ unterzogen werden. „Jede Gemeinschaft hat einen anderen Geschmack. Man muss die Produkte anpassen“, erklärt Kapanak. Auch für die Gesundheitsbewussten haben die beiden Geschäftsmänner eine neue Businessidee: diätetische Würstchen mit niedrigem Cholesteringehalt. In Europa, sagt Hadzhioliev überzeugt, gelte Rindfleisch schließlich als Delikatesse. Das klingt bereits wie ein perfekter Werbespruch aus: cafebabel.com vom 07.03.2007 >>> Hinweis: Seit dem 1. Januar 2007 sind Bulgarien und Rumänien Mitglieder der Europäischen Union. Aus diesem Anlass gibt es auf cafebabel.com in loser Folge Ar-tikel, die die beiden neuen Mitglieder vorstellen. 12. Berlin, 10.03.: Chorkonzert gegen Völkermord und Vertreibung (BIM) Am kommenden Sonnabend, 10.03.2007, veranstaltet die Arbeitsgruppe Aner-kennung - gegen Genozid, für Völkerverständigung (AGA) e.V. gemeinsam mit der Bremer Chorwerkstatt e.V. unter der Leitung von Christian Höffling sowie der Ge-meinde der Armenischen Kirche zu Berlin e.V. in der Charlottenburger Luisenkirche am Gierkeplatz ein Chorkonzert. Beginn ist 20.00 Uhr. Auf dem Programm stehen das „Armenische Oratorium“ von Chatschatur Awetisjan sowie ein internationales Liedprogramm mit jiddischen, armenischen, pontosgriechischen, kurdischen sowie türkischen Liedern. Ne-ben der Mezzosopranistin Astrid Kunert, dem Tenor Can Tufan und der iranisch-kurdischen Gruppe "Saba" werden im Ensemble die arme-nischen Musiker Rustam Gha-zarian (Duduk) und Krikor Osmanian (Bajan) mitwir-ken. Als ganz besonderer Gast wird der Georgisch-Russische Chor Groningen unter Leitung von Yuri Makarov einen Reigen armenischer Volkslieder in der Bearbeitung des Komponisten Soromon Komitas vortragen. Unterstützt wird die Veranstaltung von der Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. und der Armenischen Gemeinde zu Berlin e.V. In einem Grußwort dankt Berlins Regie-render Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern, die sich mit ihrem Einsatz gegen Vertreibung und Völkermord wenden, und betont, dass dieses Anliegen ungeteilte Unterstützung verdient. Eintrittskarten für 10 Euro (ermäßigt 5 Euro) sind an der Abendkasse erhältlich und können telefonisch unter 030-34508607 (Frau Ziemann) oder 030-8516409 (Frau Hofmann) reserviert werden. 13. Berlin, 12.03.: Buchvorstellung „Allein auf der Flucht“ Als Zwölfjähriger kommt Umeswaran Arunagirinathan als unbegleiteter Kinderflücht-ling mit Schleppern aus dem Kriegsgebiet Sri Lanka nach Deutschland. Er darf zu-nächst als minderjähriger Flüchtling bei seinem Onkel in Hamburg bleiben, erhält aber kein Asyl, sondern nur eine befristete Aufenthaltsbewilligung. In dem Buch „Allein auf der Flucht“ schildert er nicht nur die gefährlichen Umstände seiner Flucht, sondern auch die Hintergründe des Bürgerkriegs in Sri Lanka und reflektiert über die schwierige Situation von Kinderflüchtlingen und jungen Ausländern in Deutschland. Am Montag, 12.03.2007, um 19.30 Uhr veranstalten amnesty international und die Galiläa-Samariter-Kirchengemeinde eine Lesung mit Umeswaran Arunagirinathan in der Samariterstraße 27 in 10247 Berlin-Friedrichshain 14. Essen, 09.03.: „Leid-Kültür“ - Putzfrauen-Kabarett mit neuer Inszenierung (BIM) Das Kölner Arkadas-Theater wird ab diesem Monat ein zweites, festes Stand-bein für seine Programme im Essener Katakomben-Theater erhalten. Beide Theater planen im dortigen Girardet Haus Essen eine Zusammenarbeit, welche Schwerpunk-te setzen soll für Themen wie Dialog der Kulturen und Religionen, für Migration und Fremdheit. Zum Auftakt der Zusammenarbeit wird das Putzfrauen-Kabaretts seine neue Insze-nierung „Leid-Kültür“ aufführen. Die Theateraufführung findet statt am 09.03.2007, 20:00 Uhr im Katakomben-Theater im Girardet-Haus, Girardet Straße 2 - 38, 45131 Essen. 15. Mannheim, 11.03.: Zentrale Eröffnungsfeier der Woche der Brüderlichkeit (BIM) Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille an Esther Schapira und Dr. Georg M. Hafner wird in Mannheim die diesjährige „Woche der Brüderlichkeit“ von Bundespräsident Horst Köhler eröffnet. Sie steht unter dem Motto „Redet Wahrheit“. Das Rahmenprogramm im Netz: www.deutscher-koordinierungsrat.de/02_01.php Das Programm für Berlin gibt es unter: /www.gcjz-berlin.de/05einl17.htm 16. München, 14.03.: Interkultureller Museumstag im Museum für Völkerkunde (BIM) Im Rahmen eines Interkulturellen Museumstags wird die Akademie der Natio-nen am kommenden Mittwoch, 14.03.2007, um 15.00 Uhr im Staatlichen Museum für Völkerkunde in der Maximilianstraße 42 in München die Initiative „Museumspädago-gik für Migrantinnen und Migranten“ vorstellen. Gleichzeitig findet dort, umrahmt von musikalischer Unterhaltung und abgerundet mit einem kleinen Imbiss, die Preisver-leihung „Deutschland Land der Ideen“ statt. Weitere Informationen unter: www.akademie-der-nationen.de. Anmeldungen bitte bis zum 09.03.2007 an adn@caritasmuenschen.de 17. Dokumentation zum Weiterbildungsbedarf von Migrantenorganiationen Die Arbeitsgruppe „Migration/Integration“ des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) hat die Dokumentation ihres Workshop „Qualifizierungs- und Weiterbildungsbedarfe von Migrantenselbstorganisationen“ vorgelegt. Ziel der Ver-anstaltung war es, den Unterstützungs- und Förderungsbedarf aus Sicht der betrof-fenen Akteure in den Blick zu nehmen. Die Dokumentation macht spezifische Be-darfe der Weiterbildung bei Migrantenorganisationen deutlich und weist auf weiteren Diskussionsbedarf bei den Themen Vernetzung und Förderpolitik/Zuwendungsrecht hin. Die 24-seitige Dokumentation des Workshops gibt es als pdf-Datei unter: www.b-b-e.de/fileadmin/inhalte/PDF/aktuelles/nl_beitraege/2007/nl0705_ws_oberhausen.pdf 18. Dokumentation über KSFH-Fachtagung zu Abschiebungshaft erschienen In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Aktionsbündnis gegen Abschiebungshaft hat die Katholische Stiftungsfachhochschule München (KSFH) im Mai vergangenen Jahres einen Studientag zur Abschiebungshaft veranstaltet. Neben Fragen der Men-schenrechte standen die Betreuung der Abschiebehäftlinge in den Strafanstalten so-wie rechtliche und ethische Fragen im Mittelpunkt. Hauptreferentin des Studientages war Barbara Lochbihler, Generalsekretärin von amnesty international Deutschland. Zu dieser Fachtagung ist nun eine Dokumentation der Beiträge erschienen. Sie ist entweder auf der Homepage der KSFH über folgende Internet-Adresse runterzula-den: http://tinyurl.com/2zb68b oder in Papierform erhältlich bei: Bayerisches Aktions-bündnis gegen Abschiebungshaft, c/o Bayerischer Flüchtlingsrat, Goethestraße 53, 80336 München 19. Buch-Tipp: Aussiedler mit Suchterkrankungen - Ursachen und Wirkung In der sozialen Arbeit fällt seit einigen Jahren der überdurchschnittliche prozentuale Anteil massiv drogenabhängiger junger Spätaussiedler aus den Staaten der ehemali-gen Sowjetunion in Relation mit der in der BRD geborenen Vergleichsgruppe auf. Diese Arbeit behandelt die Ursachen des erhöhten Risikos junger Spätaussiedler, an Sucht zu erkranken. Dabei werden die besonderen Lebensumstände, Migrationser-fahrungen, Familienstrukturen und die Sozialisation in den Herkunftsländern betrach-tet und bestimmte biographische Kombinationen, die in vielen Fällen zu Risikosoziali-sationen führen. Dabei ist zu beachten, dass die Gefährdung drogenabhängig zu werden, sich ausschließlich auf männliche jugendliche Spätaussiedler bezieht. Bei-spiele aus der Praxis von sozialen Einrichtungen, die die besondere Problematik er-kannt haben, sind ebenso wie Gegenstimmen der These Bestandteil dieses Buches. Das Buch „Aussiedler mit Suchterkrankungen - Ursachen und Wirkung“ von Alice Schürmann (ISBN-10: 3836405377 und ISBN-13: 978-3836405379) ist im vergange-nen Mona
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