aus einer Predigt von Pfarrer Bernd Passarge, Dezember 200314.12.2003 (Dritter Sonntag im Advent)....Ich finde es nebenbei äußerst unappetitlich, dass bei der Frage der Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren immer wieder die generelle Frage behandelt werden muss, ob Homosexualität eine Lebenshaltung ist, die mit dem christlichen Glauben vereinbar ist. Ich kenne diese Bücher zur Genüge, in denen die Homosexualität als Sünde bezeichnet wird. Ich weißt nicht, ob die Autoren jemals mit Homosexuellen gesprochen haben. Mir haben alle meine schwulen Gesprächspartner gesagt, dass sie sich ihr Empfinden nicht ausgesucht haben. Im Gegenteil, die meisten haben versucht, es zu vertuschen und zu überdecken. Sie wollten nicht schwul sein. Sie wollten wie alle anderen ganz normal sein. Viele haben geheiratet, haben Kinder. Viel haben sich dann in ein Doppelleben verstrickt. Bis es aufflog und dann das Drama erst richtig anfing. Es ist nun wirklich langsam an der Zeit, dieses Chaos und diese Verlogenheit zu beenden. Fakt ist: Homosexualität hat es immer gegeben. Es wird sie immer geben. Gott macht den einen Menschen offenbar so, den anderen so. Leider sehen sich viele Schwule gezwungen sich zu outen. Für diejenigen, die diesen Schritt wagen, ist es wie eine Befreiung. Doch was da passiert, finde ich im Grunde ganz schlimm und einer christlichen Gemeinde nicht würdig. Denn durch das Outing werden in unserer Gesellschaft Menschen gezwungen, sich über ihre Sexualität öffentlich zu definieren. Ich würde es für mich persönlich unerträglich finden, wenn ich mich über meine Sexualität - also letztlich über mein Tabu öffentlich definieren müsste. Ich hoffe, es wird langsam klar, was wir hier den Schwulen zumuten. Das ist unzumutbar. Warum es so schwer ist, in dieser Frage grundsätzlich einen Konsens zu finden, liegt wahrscheinlich daran, dass die Befürworter und die Gegner von zwei unterschiedlichen Dingen sprechen. Die einen sprechen quasi von Äpfeln, die anderen von Birnen. So haben die Gegner einer Segnung in erster Linie die Sexualität im Blick, die Befürworter reden aber von der Liebe. Beides gehört zusammen, ist aber nicht dasselbe. Aus meiner Sicht wird die Sexualität in der Bibel nie ausdrücklich thematisiert. Die Liebe dagegen ist das zentrale Thema. Frage: Warum reden wir dann nicht endlich über das, was wirklich in der Bibel steht? Die Kirchenleitung will nun eine große Entscheidung erzwingen. Deshalb bleibt die Frage: Wie soll man sich denn nun entscheiden? Welcher Weg ist der richtige? Um wichtige, strittige Fragen in der Kirche oder in der Gemeinde anzugehen, kann man sich an eine gute Regel halten, indem man sich fragt:. Was würde Jesus in dieser Situation tun? Würde er den Segen jenen Menschen verweigern, die sich versprechen in ernsthafter Liebe miteinander zu leben. Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Was würde Jesus zu dem sagen, der Angst hat, das Leitbild der Ehe würde durch die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zerbrechen? Ich glaube, Jesus würde in ähnlicher Weise wie das Bundesverfassungsgericht argumentieren, dass der rechtliche Schutz der Ehe nicht mit einer Schlechterstellung anderer Lebensformen begründet werden kann. Außerdem würde Jesus sicherlich zurückfragen, was ein Leitbild "Ehe" für einen Sinn macht, wenn es für Schwule gar kein Leitbild sein kann. Er würde wohl sagen: Wenn ihr wirklich in Sorge um die Ehe seid, dann kümmert euch nicht um die Schwulen, sondern kümmert euch um die Ehen und die Familien, die wie die Strohhalme zerbrechen! Und was würde Paulus sagen zu unserem kleinen "Kirchenkampf"? Paulus kannte solche Situationen zu Genüge. Paulus hat einmal an die Korinther geschrieben, als es um die Frage ging, ob denn einige in der Gemeinde das Götzenopferfleisch weiter essen dürften oder nicht: "Die Speise wird uns nicht vor Gottes Gericht bringen. Essen wir nicht, so werden wir darum nicht weniger gelten; essen wir, so werden wir darum nicht besser sein. Seht aber zu, dass diese Eure Freiheit für die Schwachen nicht zum Anstoß wird..." (1. Kor. 8,.7ff.) mehr
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