Presseerklärung 6. Mai 2008 Europäischer Gerichtshof erklärt EU-Drittstaatenregelung für nichtig PRO ASYL: Ein Instrument zur Auslagerung des Flüchtlingsschutzes in die Transit- und Herkunftsregionen gekippt Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) hat heute die EU-Drittstaatenregelung und die EU-Regelung über sichere Herkunftsländer für nichtig erklärt (Rs. C-133/06). PRO ASYL begrüßt, dass damit ein Instrument zur Auslagerung des Flüchtlingsschutzes in die Transit- und Herkunftsregionen gekippt worden ist. Die EU-Listen waren schon bei Verabschiedung der Asylverfahrensrichtlinie höchst umstritten. PRO ASYL, der Europäische Flüchtlingsrat ECRE und UNHCR hatten wegen dieser problematischen Regelungen Ende 2005 eine Ablehnung der Richtlinie gefordert. Nachdem der Rat sie dennoch verabschiedet hatte, klagte das Europäische Parlament gegen die Richtlinie vor dem EuGH und stützte die Klage unter anderem auf Missachtung seiner Mitentscheidungsrechte. Jetzt hat das Parlament vor dem EuGH Recht bekommen. Insbesondere die Drittstaatenregelung stellt einen Frontalangriff auf den internationalen Flüchtlingsschutz dar. Flüchtlinge, die über einen solchen „sicheren Drittstaat“ einreisen, hätten bereits an der Grenze abgewiesen werden können, ohne dass der Asylantrag überhaupt geprüft worden wäre. Die Liste mit „sicheren Herkunftsländern“ hätte ebenfalls zu einem Ausschluss vom Asylverfahren ohne Prüfung der Asylgründe geführt. Beide Regelungen sind den deutschen Ausschlüssen vom Asylrecht nach dem Grundgesetz nachempfunden. Die Idee der „supersicheren Drittstaaten“ wurde vom damaligen Bundesinnenminister Otto Schily in die Richtlinie hineinverhandelt. Mit inhaltlichen Fragen des Flüchtlingsschutzes hat sich der EuGH in der heutigen Entscheidung, die sich auf formale Gründe stützt, nicht auseinandergesetzt. PRO ASYL fordert das Europäische Parlament auf, das nun erstrittene Recht auf Mitentscheidung so zu nutzen, dass auf die Erstellung von EU-Listen sicherer Dritt- und Herkunftsstaaten verzichtet wird. Europa wird seiner Verantwortung für den internationalen Flüchtlingsschutz nicht gerecht, wenn es künftig Schutzsuchende bereits an seinen Grenzen in Staaten wie die Ukraine, Weißrussland oder Libyen zurückschiebt. Die EU verfolgt seit Jahren die Strategie der Externalisierung des Flüchtlingsschutzes und entzieht sich immer mehr der eigenen Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingen. Die heutige EuGH-Entscheidung bremst den europäischen Wettlauf der Schäbigkeiten. gez. Marei Pelzer Referentin
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