30.12.07: Berlin. Der Tunesier Mohamed Mechergui (28) erhängt sich im Abschiebegefängnis. 11.12.07: Amberg. Der Iraner Kamal X. (28) übergießt sich mit Benzin, zündet sich an und erliegt den Verletzungen. 29.8.07: Rostock. Soran Ali Khorshid aus dem Irak stirbt an einer Überdosis Tabletten. 13.8.07: Mostar in Bosnien. Amru� Aljiti (63) stirbt an fehlendem Insulin. Der Schwerkranke war vier Wochen zuvor abgeschoben worden. 27.6.07: Frankfurt am Main. Der Kurde Mustafa Alcali (30) erhängt sich in Abschiebehaft. 7.6.07: Luanda in Angola. Sherry Alex (24) stirbt nach der Abschiebung an Malaria. 11.4 07: Lotte in Nordrhein-Westfalen. Ein 34 Jahre alter Flüchtling aus Nepal ersticht sich in der Flüchtlingsunterkunft. 4.2.07: Tschechisch-deutsches Grenzgebiet in Sachsen. Zwei äthiopische Flüchtlinge werden von einem Nahverkehrszug erfaßt und tödlich verletzt. 12.12.06: Niedersachsen. Der kurdische Flüchtling G. Y. erhängt sich in einer psychiatrischen Klinik. 4.12.06: Hamburger Hafen. Die Kolumbianer Wilson O. (35) und Justiano A. (33) werden tot im Frachtraum des Bananenfrachters "Regal Star" gefunden. Sie sind erstickt. 26.10.06: JVA Stadelheim. Asseged Admaso (32) aus Äthiopien erhängt sich in Abschiebehaft. 5.10.06: Sachsen. Ein 28 Jahre alter Flüchtling aus Tschetschenien erhängt sich im Flüchtlingheim. 1.8.06: Dannenreich in Brandenburg. Vier vietnamesische Flüchtlinge sterben bei einem Autounfall nach Verfolgungsjagd durch die Polizei.
Diese Toten sind eine Folge der vor 15 Jahren � am 1. Juli 1993 - mit der Grundgesetz-Änderung festgelegten faktischen Abschaffung des Asylrechts und der damit grundgesetzlich festgeschriebenen Absage an Flüchtlinge, in der BRD Schutz zu bekommen. Die weiteren gesetzlichen Restriktionen, die im November 1993 in Form des Asylbewerberleistungsgesetzes, dessen Verschärfungen im Juni 1997 und September 1998, dem Zuwanderungsgesetz am 1. Januar 2005 und wiederum dessen Verschärfungen Ende August 2007 (EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz), zeigen den klaren Willen der Bundesrepublik, die Mauern im Lande für Flüchtlinge immer höher zu errichten und ihnen ein Existenzrecht eindeutig abzusprechen.
Die Umsetzung dieser Gesetze und Verordnungen durch die Behörden geschieht reibungslos. Die gesetzlichen Vorgaben werden konsequent umgesetzt. Der Apparat funktioniert unerbittlich. Gesetzesbrüche und Rechtswidrigkeiten kommen vor � werden als "Kollateralschäden" billigend in Kauf genommen. Aber auch menschlich-moralische Grenzen und Menschenrechte spielen für die Behörden selten eine Rolle. Der Abschiebewille ist unumstößlich � auch nach 15 bis 20 Jahren Deutschland-Aufenthalt der Betroffenen.
Menschen, die im Asylverfahren rechtlich als Flüchtlinge anerkannt wurden, müssen seit einigen Jahren damit rechnen, daß ihr Status widerrufen wird und sie ihre einmal erkämpfte Sicherheit und Existenz wieder verlieren. Allein von 2004 bis 2007 wurden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 51.887 Widerrufsverfahren eingeleitet und 41.639 Flüchtlingen der Aufenthaltstitel aberkannt. Zunehmend gefährlich werden für anerkannte politische Flüchtlinge Auslieferungsersuchen der Verfolgerstaaten (v.a. Türkei).
Die Zahl der Flüchtlinge, die in der BRD Asyl beantragten, war 2007 mit 19.164 die niedrigste seit 31 Jahren. Zugleich wurden bei 28.572 Entscheidungen des Bundesamtes nur 304 (!) Personen als Asylberechtigte anerkannt (1,1 %). 6.893 (24,1 %) Menschen erhielten einen Abschiebeschutz nach § 60 Abs.1 des Aufenthaltsgesetzes.
Die vorliegende Dokumentation zeigt in über 5000 Einzelgeschehnissen die Auswirkungen des staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus auf die Betroffenen. Auf Flüchtlinge, die gehofft hatten, in diesem Land Schutz und Sicherheit zu finden, und letztlich an diesem System zugrunde gingen oder zu Schaden kamen. Die jährlichen Zahlen der Dokumentation sinken im Gegensatz zu den Zahlen der AsylbewerberInnen n i c h t. Sie bleiben konstant. Auszugehen ist von einer wesentlich höheren Dunkelziffer.
Die Dokumentation umfaßt den Zeitraum vom 1.1.1993 bis 31.12.2007.
174 Flüchtlinge starben auf dem Wege in die Bundesrepublik Deutschland oder an den Grenzen,
davon allein 130 an den deutschen Ost-Grenzen,
475 Flüchtlinge erlitten beim Grenzübertritt Verletzungen, davon 295 an den deutschen Ost-Grenzen,
149 Flüchtlinge töteten sich angesichts ihrer drohenden Abschiebung oder starben bei dem Versuch,
vor der Abschiebung zu fliehen, davon 56 Menschen in Abschiebehaft,
746 Flüchtlinge verletzten sich aus Angst vor der Abschiebung oder aus Protest gegen die drohende
Abschiebung (Risiko-Hungerstreiks) oder versuchten, sich umzubringen,
davon befanden sich 449 Menschen in Abschiebehaft,
5 Flüchtlinge starben während der Abschiebung und
356 Flüchtlinge wurden durch Zwangsmaßnahmen oder Mißhandlungen während der Abschiebung verletzt,
29 Flüchtlinge kamen nach der Abschiebung in ihrem Herkunftsland zu Tode, und
441 Flüchtlinge wurden im Herkunftsland von Polizei oder Militär mißhandelt und gefoltert
oder kamen aufgrund ihrer schweren Erkrankungen in Lebensgefahr,
70 Flüchtlinge verschwanden nach der Abschiebung spurlos,
13 Flüchtlinge starben bei abschiebe-unabhängigen Polizeimaßnahmen,
405 wurden durch Polizei oder Bewachungspersonal verletzt, davon 129 Flüchtlinge in Haft.
67 Flüchtlinge starben bei Bränden oder Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte,
744 Flüchtlinge wurden z.T. erheblich verletzt,
14 Flüchtlinge starben durch rassistische Angriffe auf der Straße und
719 Menschen wurden verletzt.
Durch staatliche Maßnahmen der BRD kamen seit 1993 mindestens 370 Flüchtlinge ums Leben durch rassistische Übergriffe und Brände in Flüchtlingsunterkünften starben 81 Menschen.