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Flüchtlingspolitische Positionen der Parteien
Hessischer Flüchtlingsrat
Hessischer Flüchtlingsrat Leipziger Str. 17 60487 Frankfurt a.M.
Mail: hfr@fr-hessen.de Tel.: 069 / 976 987 10 Fax: 069 / 976 987 11 www.fr-hessen.de
Frankfurt, den 07.01.2008

Flüchtlingspolitische Positionen der Parteien

zur Landtagswahl 2008

Der Hessische Flüchtlingsrat hat Ende November mit Blick auf die bevorstehenden
Landtagswahlen den Parteien Fragen zu flüchtlingspolitischen Themen gestellt. Angefragt
wurden die vier im Landtag vertretenen Parteien CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und FDP sowie DIE LINKE und die FREIEN WÄHLER.
Zum heutigen Tage (07.01.2008) haben wir Antworten der Fraktionsvorsitzenden der SPD,
von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP erhalten, die wir hiermit der interessierten
Öffentlichkeit zur Verfügung stellen möchten. Sollten wir noch weitere Antworten erhalten,
reichen wir diese zeitnah nach.
Als unabhängige NGO geben wir natürlich keine konkrete Wahlempfehlung ab und
überlassen die Bewertung der einzelnen Positionen der Parteien den geneigten Leserinnen
und Lesern. Wir rufen jedoch selbstverständlich dazu auf, keinen Parteien die Stimme zu
geben, die mit ausländerfeindlichen, rechtspopulistischen und/oder rassistischen Parolen
Wahlkampf betreiben oder entsprechende Positionen vertreten.
Nachfolgend die Antworten mit den jeweils dazugehörigen Fragen, die Positionen der
Parteien sind der besseren Übersichtlichkeit halber in rot (SPD) grün (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) und blau (FDP) gehalten.
Gez. Timmo Scherenberg


Aufenthalt/Härtefallkommission

Das Problem der Kettenduldungen wurde durch die Bleiberechtsregelung der IMK und den
neuen §104a zwar entschärft, wird jedoch weiterhin bestehen bleiben. In Hessen werden
nach unseren Schätzungen etwa 40% der Geduldeten vorläufig eine Aufenthaltserlaubnis
erhalten. Um auch für diejenigen, die nicht unter die Regelung fallen, eine
aufenthaltsrechtliche Perspektive zu entwickeln, bieten sich zwei Möglichkeiten:
Der § 25 Abs.5 AufenthG und die Härtefallkommission. Beide sind in Hessen im Vergleich zu
anderen Bundesländern relativ eng ausgelegt.

Frage 1:
Spricht sich Ihre Partei dafür aus, dass in den Erlass zu §25 Abs.5 (Aufenthaltserlaubnis bei
Unmöglichkeit der Ausreise) auch subjektive Kriterien (z.B. Integration/Verwurzelung) mit
aufgenommen werden, wie dies z.B. in Rheinland-Pfalz der Fall ist?


SPD:
Da es sich bei dem Aufenthaltsgesetz um ein Bundesgesetz handelt, besteht zurzeit
nicht die Möglichkeit für uns, dort unmittelbar einzugreifen. Sofern wir nach dem
27.01.2008 die Möglichkeit haben, werden wir eine Bundesratsinitiative prüfen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Die bisherige Anwendungspraxis des Aufenthaltsgesetzes zeigt, dass bundesweit nur
in ganz wenigen Fällen eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt
wurde. Die einzige Ausnahme besteht in Rheinland-Pfalz. Die Absicht des
Gesetzgebers darf nicht in der Intention bestehen, Kettenduldungen durch freiwillige
Ausreise zu beenden. Rheinland-Pfalz hat die Bedingungen zur Umsetzung der
Absicht des Gesetzgebers, Kettenduldungen zu beenden, in o.g. Erlass deutlicher
umrissen. Die positiven Erfahrungen, die in Rheinland-Pfalz gemacht wurden,
müssen auch in Hessen ermöglicht werden. Denn besonders geduldete Menschen
sind aufgrund ihres sehr langen Aufenthaltes in Deutschland in den meisten Fällen
gut in die Kommunen integriert. Ein Großteil der Kinder ist in Deutschland geboren
und kennt das Herkunftsland der Familie nicht, diese faktische Integration wird bisher
in Hessen nicht berücksichtigt. Vielmehr bezieht sich der hessische Erlass auf die
Möglichkeiten der freiwilligen Ausreise für bestimmte Bevölkerungsgruppen und erfüllt
dadurch nicht die gesetzgeberische Absicht.

FDP:
Die FDP hält den derzeitigen Erlass zu § 25 Abs. 5 grundsätzlich für angemessen,
die Aufnahme von subjektiven Kriterien wird von uns daher nicht unterstützt. Diese
Kriterien werden im Rahmen der Beratungen der Härtefallkommission berücksichtigt.

Frage 2:
Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass die Härtefallkommission wie in anderen
Bundesländern auch mit unabhängigen Fachleuten besetzt wird und Anträge nicht nur von
den Kommissionsmitgliedern selbst gestellt werden können? Sind Sie für eine Änderung der
Ausschlussgründe, insbesondere in Bezug auf die Lebensunterhaltssicherung?


SPD:
Die SPD-Landtagsfraktion hat sich stets, sowohl bei Einrichtung der
Härtefallkommission als auch in späterer Zeit dafür eingesetzt, dass die
Härtefallkommission, welche gerade keine politischen sondern humanitäre Lösungen
finden soll, mit unabhängigen Fachleuten besetzt wird.
Nach der Landtagswahl werden wir die Härtefallkommission entsprechend unserer
Forderungen umstrukturieren. Darüber hinaus haben wir stets die striktere Regelung
der Hessischen Ausschließungsgründe im Vergleich zum Bundesgesetz kritisiert. Die
aktuelle Regelung wird dem humanitären Aspekt der Härtefallkommission nicht
gerecht, so dass wir den absoluten Ausschlussgrund der Nicht-Sicherung des
Lebensunterhaltes abschaffen werden. Darüber hinaus wollen wir einen
landesfinanzierten Härtefonds schaffen, durch den Menschen, welche ihren
Lebensunterhalt nicht selbständig sichern können, finanziert werden können.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Nach den Vorschlägen von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN sollte sich die
Härtefallkommission als „behördenunabhängiges Gremium“ aus zwölf Vertretern
zusammensetzen: Jeweils zwei Vertreterinnen oder Vertreter der Kirchen, zwei
Vertreterinnen oder Vertreter der Liga der freien Wohlfahrtsverbände, eine Vertreterin
oder ein Vertreter des hessischen Flüchtlingsrates, eine Vertreterin oder ein Vertreter
von Amnesty International, eine Vertreterin oder ein Vertreter der
Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte (AGAH), eine Vertreterin der
Beratungseinrichtungen für Frauen auf Vorschlag der Landesarbeitsgemeinschaft der
hessischen Frauenbüros, eine Vertreterin oder ein Vertreter der
Beratungseinrichtungen für Opfer von Menschenhandel, eine Vertreterin oder ein
Vertreter des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport, sowie ein Mitglied
mit medizinischem Sachverstand und eine Vertreterin oder ein Vertreter einer
kommunalen Körperschaft.
Fachliche Einschätzungen müssen nach Ansicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
außerhalb der Tagespolitik ermöglicht werden. Die Erfahrungen in anderen
Bundesländern haben gezeigt, dass dies eine wichtige Vorraussetzungen für eine
erfolgreiche Arbeit und Akzeptanz der Kommission ist.
Die Sicherung des Lebensunterhalts kann z.B. von Auszubildenden, sehr alten
Menschen, Erwerbsunfähigen oder Menschen mit vielen Kindern nicht eigenständig
gewährleistet werden. Aber genau für diese Menschen wäre es oft eine besondere
Härte, wieder in ihr Herkunftsland zurückkehren zu müssen. Wenn dann die
Kommune die Lebenshaltungskosten nicht übernehmen will und auch kein
Nahestehender eine Verpflichtungserklärung abgeben kann, entsteht eine mit den
vorhandenen Instrumenten nicht lösbare inhumane Situation, die die Einrichtung
eines Härtefallfonds, der z.B. auch in Rheinland Pfalz eingerichtet wurde,
unabdingbar macht. Die letzten Jahre sind unsere Haushaltsanträge zur Einrichtung
eines Härtefallfonds im Rahmen der Haushaltsberatungen von der CDU-Mehrheit
abgelehnt worden.

FDP:
Die FDP hat sich dafür eingesetzt, dass die Mitglieder des Petitionsausschusses des
Hessischen Landtages auch Mitglieder der Härtefallkommission sein sollen. Eine
neue bzw. erweiterte Kommission mit Vertretern von Wohlfahrtsverbänden und
Flüchtlingsorganisationen hätte aus unserer Sicht erhebliche neue Bürokratie-,
erneute Abstimmungsprobleme und die Einrichtung einer eigenen Geschäftsstelle
nach sich gezogen. Ferner fehlt einer Härtefallkommission aus Vertreten von Non-
Government-Organisationen die demokratische Legitimation. Des Weiteren ist auch
nicht zu erkennen, wo diese mehr Expertenwissen aufweisen, als Abgeordnete des
Hessischen Landtages, die sich schon sei jeher im Rahmen des Petitionsverfahrens
mit humanitären Fragen beschäftigen. Die FDP hielt und hält es auch nach den jetzt
gesammelten praktischen Erfahrungen für sinnvoller, wenn die Härtefallkommission
in der jetzigen Zusammensetzung weiterarbeiten kann.

Abschiebungen

Das Thema Abschiebungen und der Umgang damit wird kontrovers diskutiert, auch durch
unterschiedliche Vorfälle in der Vergangenheit, bei denen Abzuschiebende verletzt wurden
oder gar zu Tode kamen. Es gab daher auf verschiedenen Ebenen Bestrebungen,
Maßnahmen zu ergreifen, um bestimmte Prozesse bei der Abschiebung zu verändern.
Frage 3:
Als Konsequenz aus z.T. tödlich verlaufenen Abschiebungen wurden von der Bundespolizei
Bestimmungen über die Rückführung ausländischer Staatsangehöriger auf dem Luftweg als
Leitlinien für den Umgang mit Abzuschiebenden erlassen. Auch einige Bundesländer wie
z.B. Nordrhein-Westfalen haben diese als verbindlich akzeptiert, Hessen hat dies nicht
getan. Sollte Ihrer Meinung nach auch Hessen diese Bestimmungen für verbindlich erklären?
SPD:
Den Schutz des Menschen und dessen körperlicher Integrität gilt es zu stärken. Eine
entsprechend verbindlich unterzeichnete Bestimmung kann ein Weg zur Stärkung
dieses Schutzes sein.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Das Fehlen eines hessischen Erlasses zur Umsetzung der Bestimmungen über die
Rückführung ausländischer Staatsangehöriger auf dem Luftweg (Best-Rück-Luft) ist
ein wichtiger Hinweis auf die Tatsache, dass an deutschen Flughäfen während
Abschiebungen unterschiedliche Standards herrschen. Der Grund liegt darin, dass
nicht nur Bundespolizisten Abschiebungen durchführen, sondern z.B. auch
Landespolizisten
im Auftrag selbständig aktiv werden können und eigenverantwortlich handeln. Die
Bundespolizei stellt in solchen Fällen lediglich die Infrastruktur zur Verfügung; die
Durchführung bleibt dabei in der Verantwortung der Mitarbeiter der beauftragenden
Behörde.
Die sog. „Best-Rück-Luft“ enthält wichtige Bestimmungen über die Anwendung des
unmittelbaren körperlichen Zwangs, der Respektierung der menschlichen Würde,
wichtige Erkenntnisse über notwendige Verhaltensweisen und den Umgang mit
Abzuschiebenden. Aufgrund der Tatsache, dass die Bundespolizei vor Ort keine
Weisungsbefugnis gegenüber den Ausländerbehörden und der Landespolizei besitzt,
halten wir einen hessischen Erlass über die Anwendung der Bestimmungen über die
Rückführung ausländischer Staatsangehöriger auf dem Luftweg für unabdingbar.

FDP:
Die FDP-Fraktion hält es für eine Selbstverständlichkeit, dass nach den tödlich
verlaufenden Abschiebungen die Regelungen zur Durchführung solcher Maßnahmen
den dadurch gewonnenen Erkenntnissen angepasst werden. Dabei hat die
Gewährleistung der körperlichen Integrität und des Lebens der abzuschiebenden
Person, aber auch die berechtigten Eigensicherungsinteressen der die Maßnahme
durchführenden Polizeibeamten ein erhebliches Gewicht. Im Zweifelsfall muss auch
die Durchführung der Abschiebung auch einmal verzichtet werden können. Wir
werden uns für die Übernahme der Bestimmungen in Hessen einsetzen.

Frage 4:
Als weitere Konsequenz wurde am Frankfurter Flughafen, über den etwa die Hälfte aller
Abschiebungen aus Deutschland durchgeführt werden, im Jahr 2006 eine Stelle zur
Abschiebungsbeobachtung eingerichtet, die einem Gremium, dem Forum
Abschiebungsbeobachtung, Bericht erstattet. Zwar war das Hessische Innenministerium an
der Ausarbeitung des Konzeptes und dem Prozess der Installierung der Stelle beteiligt,
nimmt aber bislang nicht an dem Forum Abschiebungsbeobachtung teil. Wie steht Ihre Partei
zu der Frage der Teilnahme des HMdI an der Abschiebungsbeobachtung?


SPD:
Unter sozialdemokratischer Verantwortung im Innenressort wird die aktuelle Praxis
von Abschiebungen generell überprüft und evaluiert werden. Wir halten eine
Beteiligung an dem Forum Beobachtungsstelle für erforderlich und haben dies bei
einem Besuch dort auch schon Kund getan.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Ohne die Beteiligung des hessischen Innenministeriums ist es aus Sicht von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht realisierbar Erkenntnisse der
Abschiebungsbeobachtung zu bestehenden problematischen Situationen realitätsnah
zu verändern. Wertvolle praxisnahe Erfahrungen werden durch eine fehlende
Teilnahme des hessischen Innenministeriums missachtet und in deren verbesserten
Umsetzung behindert. Sachverhalte, welche die Arbeit der Regierungspräsidien und
der Zentralen Ausländerbehörden betreffen, können aufgrund der fehlenden
Zuständigkeit nicht mit der Bundespolizei besprochen und diskutiert werden.

FDP:
Aus unserer Sicht wäre eine Teilnahme des hessischen Innenministeriums an der
Abschiebungsbeobachtung durchaus wünschenswert.

Frage 5:
Ein Konfliktpunkt bei Abschiebungen ist, dass es oft vorkommt, dass Personen völlig
mittellos abgeschoben werden. In einigen anderen Bundesländern existieren so genannte
Handgelderlasse, in denen geregelt wird, dass mittellosen Abzuschiebenden aus einem
Fonds etwas Bargeld mitgegeben wird, um zumindest vom Flughafen in die Heimatregion
reisen zu können o.ä. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass auch in Hessen ein solcher
Fonds eingerichtet wird?


SPD:
Die SPD-Landtagsfraktion hat im Sommer diesen Jahres eine kleine Anfrage zu dem
Thema Handgelderlass gestellt, um festzustellen, ob die aktuelle Landesregierung an
einer entsprechenden Regelung interessiert ist. Diese beschrieb, dass sie sich
gerade in den Vorbereitungen für eine solche Regelung befinde. Eine Umsetzung ist
aber bisher nicht erfolgt. Die lange Bearbeitungsdauer verdeutlicht, dass dieses
Thema kein Schwerpunkt der derzeitigen hessischen Landesregierung ist. Wir
werden nach der Landtagswahl eine zeitnahe entsprechende Regelung erlassen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Düsseldorfer und Frankfurter
Abschiebungsbeobachtung wird deutlich, dass fehlendes Handgeld häufig ein
Problem ist. Offensichtlich ist, dass viele Menschen nach ihrer Abschiebung noch
weiterreisen müssen. Finanzielle Mittel, um die Ankunft würdevoll und ohne
existentielle Not zu erleben, sehen BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN als unabdingbar an.

FDP:
Wir werden die Notwendigkeit eines solchen Fonds prüfen.

Integration

Auch Menschen mit einem ungesicherten Aufenthaltsstatus haben das Recht auf Integration
in die Gesellschaft. Diese könnte durch einige Maßnahmen erleichtert werden.
Frage 6:
§ 61 des Aufenthaltsgesetzes sieht vor, dass die Residenzpflicht für Geduldete auf das
Bundesland beschränkt ist, die Länder können weitere Einschränkungen vornehmen. In
Artikel sechs der Hessischen Landesverfassung wird das Recht auf Bewegungsfreiheit als
Jedermannsrecht postuliert. Dennoch wird die Residenzpflicht in Hessen für Geduldete i.d.R.
auf den Regierungsbezirk beschränkt. Werden Sie im Falle eines Wahlsiegs die
Residenzpflicht für Geduldete in Einklang mit der Landesverfassung auf ganz Hessen
ausdehnen?

SPD:
Es gibt keine Gründe, warum eine bundesgesetzliche Regelung im Bereich der
Ausländerpolitik enger ausgelegt werden sollte.
Sofern der Meldepflicht nachgekommen werden kann, sehen wir zurzeit keine
Gründe, weshalb der Aufenthalt auf den Regierungsbezirk beschränkt werden
müsste. Insofern werden wir auch dies nach der gewonnenen Landtagswahl einer
Überprüfung unterziehen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Durch die Residenzpflicht wird oft in sinnloser Weise der Besuch von Verwandten
erschwert oder sogar unmöglich gemacht und damit soziale und familiäre Aspekte in
menschunwürdiger Weise außer Acht gelassen. Auch dem Zugang zum Arbeitsmarkt
und Behördengängen werden hier Steine in den Weg gelegt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden daher die Residenzpflicht entsprechend der
Regelung im Aufenthaltsgesetz und im Sinne der Hessischen Verfassung auf ganz
Hessen ausdehnen. Wir setzen uns für die Abschaffung der Residenzpflicht ein.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verurteilen außerdem die strafrechtlichen Sanktionen bei
Verstößen gegen die Residenzpflicht. Dies ist eine unnötige Kriminalisierung
ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Außerdem wird durch den Niederschlag
dieser opferlosen Straftaten in den Kriminalitätsstatistiken Wasser auf die Mühlen der
Rechten gegossen, die auf die Kriminalitätsraten bei Ausländern verweisen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßen die Stellungnahme des UNHCR zur
Wohnsitzfreiheit, die die Praxis der Einschränkungen der Wohnsitzfreiheit sowohl bei
Flüchtlingen als auch bei subsidiär geschützten Personen mit dem Völker- und
Europarecht als nicht vereinbar ansieht. Das Recht auf Freizügigkeit muss
durchgesetzt werden.

FDP:
Wir gehen davon aus, dass die derzeit praktizierte Regelung nicht nur mit der
hessischen Verfassung, sondern auch mit höherrangigem Recht, hier § 61 des
Aufenthaltsgesetzes als Bundesrecht, vereinbar ist. Aus Rechtsgründen bedarf es
hier aus unserer Sicht also keiner Änderung, wir werden jedoch prüfen, ob die derzeit
praktizierte Einschränkung der Residenzpflicht aus sachlichen Gründen heraus auch
künftig notwendig ist.

Frage 7:
Für junge Menschen mit Duldung ist es oftmals schwierig, eine Ausbildung absolvieren zu
können. Werden Sie versuchen, über besondere Förderungsprogramme auch diesem
Personenkreis Zugang zu Ausbildungen zu ermöglichen?

SPD:
Junge Menschen sollen stets die Möglichkeit zur Ausbildung haben. Deshalb haben
wir uns im Falle eines Wahlsieges am 27.01.2008 zum Ziel gesetzt, besondere
Förderprogramme für junge Menschen mit Migrationshintergrund zu schaffen. Gerade
die Frage des Lebensunterhalts ist für ein humanitäres Aufenthaltsrecht wichtig.
Deshalb sollen so viel Menschen wie möglich Arbeit und Ausbildung finden und
aufnehmen. Sofern es jedoch sowohl aufgrund humanitärer als auch rechtlicher
Gründe keine Möglichkeit des weiteren Aufenthaltes gibt, kann dies nicht als Grund
für ein Bleiberecht herangezogen werden.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Das europäische Arbeitsmarktprogramm EQUAL hat erstmals anerkannt, dass
Geduldete im Zugang zu Bildung und Arbeit benachteiligt sind und einen
Arbeitsauftrag zur Bekämpfung dieser Diskriminierung formuliert. Die Ergebnisse und
Empfehlungen, die aus diesem Programm hervorgegangen sind, gilt es jetzt sowohl
auf Bundes- als auch auf Landesebene umzusetzen. Bei zahlreichen
bundesgesetzlichen Regelungen besteht hier Handlungsbedarf, aber auch auf
Landesebene bestehen Handlungsfelder z.B. besondere Förderprogramme für
diesen speziellen Personenkreis. Es sollte beispielsweise Geduldeten die
Durchführung von Praktika grundsätzlich erlaubt werden, flankierende
Unterstützungsangebote wie Alphabetisierungs- und Sprachkurse, sowie an den
Bedürfnissen der Zielgruppe orientierte Qualifizierungsmaßnahmen sollten realisiert
werden und Informations- und Fortbildungsangebote für Arbeitsmarktakteure sollten
etabliert werden.

FDP:
Unserer Ansicht nach muss jeder, der sich legal in Deutschland aufhält, für die Dauer
seines Aufenthaltes auch arbeiten und selbst zu seinem Lebensunterhalt beitragen
dürfen. Dazu gehört auch die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung. Daher werden
wir uns dafür einsetzen, dass möglichst viele junge Menschen mit einer Duldung auch
eine entsprechende Beschäftigung bekommen können. Ob hierzu besondere
Förderungsprogramme notwendig sind oder ob es genügt, die Rahmenbedingungen
für die Unternehmen entsprechend zu verbessern, kann hier zunächst offen bleiben.
Jedenfalls wird das Ziel, einen verbesserten Zugang dieser Menschen zu einer
Beschäftigung zu erreichen, von uns unterstützt.

Frage 8:
In Hessen sind die Schulleiter per Erlass des Kultusministerium angewiesen, Kinder ohne
Aufenthaltsstatus an die zuständigen Behörden zu melden. Dies verhindert i.d.R., dass diese
Kinder beschult werden. Sprechen Sie sich für eine Änderung dieses Erlasses aus, um auch
den Kindern von Menschen in der Illegalität Zugang zum Grundrecht auf Bildung zu
ermöglichen?


SPD:
Der illegale Aufenthalt der Eltern darf nicht zu Lasten des Kindes gehen. Hessen hat
hier die restriktivste Regelung, die faktisch dazu führt, dass kein Schulbesuch möglich
ist. Nach der UN-Kinderrechtskonvention hat jedes Kind ein Recht auf Bildung, dies
muss durchgesetzt werden.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich der Auffassung des von der Max-Träger-
Stiftung erstellten Gutachtens angeschlossen, das keine Meldepflicht der
Schulleiterinnen und Schulleiter an die Ausländerbehörden sieht. Wir haben deshalb
eine Änderung des Erlasses gefordert. Die Meldepflicht ist laut
Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz
nur dann gegeben, wenn die Kenntnisnahme in Erfüllung der Aufgaben und nicht
wenn sie nur bei Gelegenheit der Aufgabenerfüllung erfolgt. Der Erlass des
Kultusministeriums setzt in einer für uns unverantwortlichen Weise die
Schulleiterinnen und Schulleiter unter Druck, die sich für die Bildung von Kindern
einsetzen, die sowieso schon unter sehr schwierigen Bedingungen hier leben.
Lehrerinnen und Lehrern werden hier ordnungsrechtliche Aufgaben übertragen, die
im Gegensatz zu ihren berufsspezifischen Aufgaben stehen. Diese Kinder sind
unverschuldet in eine prekäre Situation geraten und es kann nicht sein, dass in
Hessen Kinder heranwachsen, ohne Lesen und Schreiben zu können. Dies ist eine
Missachtung des Kindeswohls und nicht vereinbar mit dem Selbstverständnis eines
sozialen Rechtsstaates. Der Kontrollanspruch des Staates muss hinter den
fundamentalen Bedürfnissen von Kindern zurückstehen. Deshalb muss jedes Kind in
Hessen ein Recht auf Bildung haben unabhängig von seinem Aufenthaltsstatus.
Um dem Thema mehr Öffentlichkeit zu geben, hat die Landtagsfraktion von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN u.a. im April 2007 eine Fachanhörung zu dem Thema
durchgeführt.

FDP:
Wir halten die Erlassregelung des Kultusministeriums im Prinzip für richtig, denn es
kann nicht im Interesse des Landes sein, Personen, die sich illegal in unserem Land
aufhalten, zu beschulen, wenn möglicherweise ein weiterer Aufenthalt in unserem
Lande nicht gewährleistet ist. Im Übrigen kommt diese Personengruppe sonst auch
nicht in Kontakt mit den zahlreichen notwendigen Integrationsmaßnahmen. Das kann
so nicht hingenommen werden.

Institutionelle Förderung


Frage 9:
In Hessen gibt es eine zentrale Erstaufnahmeeinrichtung für neu ankommende Flüchtlinge.
Diese haben meist keinerlei Erfahrungen mit dem deutschen Asylverfahren. Von der ersten
Befragung durch das Bundesamt hängt oft das weitere Schicksal der jeweiligen Flüchtlinge
ab. Aus diesem Grund hat die evangelische Kirche in der Hessischen
Erstaufnahmeeinrichtung eine Verfahrensberatung eingerichtet, um zumindest eine
Grundversorgung an Beratungsangebot bereit zu stellen, diese stößt jedoch oft an die
Grenzen ihrer Kapazität. Sehen Sie eine Notwendigkeit, diese Beratungstätigkeit auch aus
Landesmitteln zu unterstützen?

SPD:
Entsprechend der Landesmittel, welche für einen Härtefonds zur Verfügung gestellt
werden müssen, ist auch diese Aufgabe in Zusammenarbeit mit den
Wohlfahrtsverbänden zu erfüllen. Wir haben die Verpflichtung und soziale
Verantwortung für ein rechtsstaatliches Verfahren zu sorgen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat dieses Jahr erneut einen
Haushaltsantrag gestellt, um Flüchtlingsberatung in Hessen finanziell zu unterstützen.
Gerade aufgrund der sich kontinuierlich ändernden Rechtslage wollen wir Projekte
unterstützen die Flüchtlinge beraten. Dazu gehört auch das Engagement in der
Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen es auch als
Aufgabe des Staates an Flüchtlingen optimale Bedingungen zu gewährleisten, damit
sie ihre Rechte wahrnehmen können. Schließlich geht es hier um existenzielle
Probleme von Menschen, die die rechtliche Situation in dem für sie fremden Land
nicht kennen und oft auch unter dem Eindruck der Flucht und fluchtauslösender
Ereignisse einer speziellen Beratung bedürfen, sei es in rechtlicher, psychologischer
oder sozialer Hinsicht. Viele haben ihr letztes Geld für die Flucht ausgegeben und
sind deshalb auf finanzielle Unterstützung angewiesen.

FDP:
Eine zwingende Notwendigkeit zur Unterstützung dieser von der evangelischen
Kirche angebotenen Beratung aus Landesmitteln sehen wir auch angesichts unserer
angespannten Haushaltslage sowie der erheblichen Verschuldung des Landes nicht.
Im Rahmen der vom Bundesamt durchzuführenden Erstbefragung wird der Flüchtling
über die für ihn relevanten Fragestellungen aufgeklärt. Zwar ist jede ergänzende
Information sicherlich sinnvoll und willkommen, eine Unterstützung aus Landesmitteln
jedoch nicht angezeigt.

Frage 10:
Flüchtlingsarbeit ist immer auch Integrationsarbeit. Diese wird häufig von ehrenamtlichen
Initiativen vor Ort geleistet. In einigen anderen Bundesländern werden Dachverbände der
ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit wie z.B. Flüchtlingsräte institutionell gefördert. Werden Sie
sich für eine auch finanzielle Förderung der Flüchtlingsarbeit in Hessen einsetzen?


SPD:
Die „Operation düstere Zukunft“ hat den Großteil sozialer Arbeit in Hessen
zerschlagen. Wir werden gemeinsam mit den Sozialverbänden und den Kommunen
das soziale Netz wieder neu knüpfen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Siehe Antwort Frage 9

FDP:
Eine solche Notwendigkeit sehen wir auch aufgrund der angespannten
Haushaltssituation und der erheblichen Verschuldung des Landes Hessen nicht.

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