Klimawandel fördert Trend zum "Greenwashing" 15. Dez., dpa -- Auf einer saftgrünen Wiese weiden Schafe, in der Ferne ist unter schweren Wolken das Kernkraftwerk Brunsbüttel zu sehen. "Jahreserzeugung: 6 Mrd. kWh, CO2-Ausstoß: Null", ist an der Seite der Anzeige zu lesen. Links über der idyllischen Szenerie steht: "Deutschlands ungeliebte Klimaschützer". Ein anderer Slogan der Serie lautet: "Dieser Klimaschützer kämpft 24 Stunden am Tag für die Einhaltung des Kyoto-Abkommens." Auch wenn das AKW Brunsbüttel nach Zwischenfällen derzeit nicht mehr am Netz ist, die 2007 gestartete Kampagne des Deutschen Atomforums ist eines der bekanntesten Beispiele für das "Greenwashing". Aber auch Politiker neigen zur Grünfärberei - etwa bei dem Beschönigen von Klimabeschlüssen, monieren Klimaschützer. Wenn in Kopenhagen beim UN-Klimagipfel um Reduktionsziele beim Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids gefeilscht wird, dann wissen auch die Unternehmen, dass künftig Selbstverpflichtungen nicht mehr ausreichen. Mit Schlagwörtern wie Energieeffizienz und Nachhaltigkeit versucht man sich ein positives Image zu geben - die Anpreisung der 17 deutschen Atomkraftwerke als Klimaschützer hat vor allem ein Ziel: Längere Laufzeiten und damit Milliardeneinnahmen, um Einschränkungen in anderen Bereichen zu kompensieren, etwa Ausgaben für den Kauf von Zertifikaten für den CO2-Ausstoß, sagen Kritiker. Besonders RWE, Vattenfall und Eon werden zudem nicht müde, für ihre angeblich sauberen Kohlekraftwerke der neuesten Generation zu werben, wobei Kohle die CO2-Bilanz besonders verschlechtert und es immer noch nicht klar ist, wie eine massenhafte unterirdische CO2- Abscheidung klappen soll. Beim Thema Elektroauto suggerieren Unternehmen, es gebe damit keinen CO2-Ausstoß mehr - dabei wird der Strom nicht ausschließlich aus alternativen Quellen kommen können. "Unternehmen versuchen mit Greenwash-Kampagnen und irreführenden Angaben, etwa zum CO2-Ausstoß, ihr Kerngeschäft sauberzuwaschen", sagt Ulrich Müller, Vorstandsmitglied der Organisation LobbyControl. Diese hatte 2007 eine umfangreiche Studie zum "Greenwashing" vorgelegt. "Viele Unternehmen versuchen, sich einen grünen Anstrich zu verpassen, um sich aus der Schusslinie zu bringen und weitergehende Auflagen zu vermeiden", heißt es dort. Aber auch sonst ist "grün" in, wie allein die Fernsehwerbung zeigt: Autohersteller pflanzen Bäume, mit dem Kauf einer Kiste Bier kann man den Regenwald schützen und selbst McDonalds wechselt sein Logo von rot in grün. Besonders deutlich hat der britische Ölmulti BP auf den grünen Wandel gesetzt. Statt "British Petroleum" steht BP nun vor allem für "Beyond Petroleum" ("Jenseits des Erdöls"). Man gibt sich als grünes Unternehmen, das auf alternative Energien setzt. Bis in die 90er Jahre galt BP wie Shell oder Exxon oft als Synonym für Umweltsünden, BP beteiligte sich auch mit anderen Ölmultis zunächst an der 1989 gegründeten Global Climate Coalition (GCC), die gegen Vereinbarungen zum Klimaschutz wie das Kyoto-Protokoll zu Felde zog. Zum Repertoire gehörten auch "inszenierte Partnerschaften oder Dialoge mit Umweltorganisationen", hat LobbyControl festgestellt. Der Chemiekonzern Bayer unterstützt seit 2004 zusammen mit der Umweltorganisation der Vereinten Nationen (UNEP) ein Programm, bei dem Umweltbotschafter ausgebildet werden. Bayer-Chef Werner Wenning verweist darauf, dass es seit 2007 ein konzernweites Klimaprogramm gibt und man sich seit langem dem Umweltschutz verpflichtet fühlt. So fördert Bayer auch in Kooperation mit der National Geographic Society Deutschland ein Forschungsprogramm zum Gewässerschutz zugleich sei Bayer aber einer der größten Wasserverschmutzer weltweit, moniert die Organisation "Coordination gegen Bayer- Gefahren" (CBG). Und allein der Wasserverbrauch des Leverkusener Werks sei doppelt so hoch wie der Trinkwasserbedarf der benachbarten Millionenstadt Köln, sagt CBG-Vorstand Philipp Mimkes. Das Spektrum im Klimaschutz-Wettstreit gegen Auflagen und mögliche Wettbewerbsnachteile reicht auch hin bis zu unlauteren Mitteln wie bestellten Leserbriefen, Gastbeiträge und Umfragen. Der Klimaexperte Christoph Bals von Germanwatch fürchtet, dass auch die Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen dem Trend zur Schönfärberei erliegen werden. "Das Ergebnis wird als gut verkündet werden - egal wie die Substanz ist. Wir brauchen aber kein Greenwash-Abkommen, sondern rechtlich verbindliche, ambitionierte Klimaschutzvereinbarungen." Von Georg Ismar
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