1. Uwe-Karsten Heye: Bildungsmängel fördern Fremdenfeindlichkeit Der frühere Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye macht Mängel im Bildungssys-tem für die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in Deutschland mitverantwortlich. "Un-ser Schulsystem produziert jedes Jahr neue Verlierer", sagte der Vorsitzende des Vereins "Gesicht zeigen!" über die Ursachen des Rechtsextremismus. Bis zu 90.000 Jugendliche blieben in der Bundesrepublik jährlich ohne Schulabschluss. Dies sei "ein permanenter Skandal". Die Lehrer werden nach Auffassung Heyes in ihrer Ausbildung nicht auf die "ethni-sche Vielfalt" und die rechte Gewalt an den Schulen vorbereitet. In den neuen Län-dern stünden die Pädagogen der "Ausländerfeindlichkeit ohne Ausländer" hilflos ge-genüber. Heye verwies darauf, dass im vergangenen Jahr mit 16.000 rechtsradikal motivierten Straftaten ein bundesweiter "Rekord" verzeichnet worden sei. Zur Eindämmung von Fremdenfeindlichkeit fordert "Gesicht zeigen!" ein entschiede-neres Vorgehen gegen Gewalt und Rassismus in Fußballstadien. Es sei gut, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dieses Problem energischer als bisher angehen wolle, sagte der Heye bei der Präsentation des Programms der siebten "Aktionswo-che gegen Rassismus". Der frühere Regierungssprecher kündigte an, am Wochen-ende werde es bei allen Bundesligaspielen Stadiondurchsagen gegen Rassismus geben. Mit den Toleranz-Appellen in den Stadien beginnt eine bundesweite Aktions-woche gegen Rassismus. aus: tagesschau.de vom 16.03.2007 Link: www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6514444_REF1,00.html 2. Interview: Jugendliche Intensivtäter - unerreichbar und unberechenbar? Es vergeht mittlerweile fast kein Tag mehr, an dem wir nicht über Jugend und Gewalt berichten müssten. Die Zahl der so genannten Intensivtäter nimmt zu.
Intensivtäter - darunter versteht man: Jugendliche oder junge Erwachsene, die zehn oder mehr Gewaltdelikte begangen haben. Und in der Polizeiakte eines "straffällig Gewordenen" liest sich das dann häufig so: Männlich, nicht-deutscher Herkunft, vernachlässigt. Lieblingsbeschäftigung: abhängen und Schule schwänzen. Brutal.
Berlins Innensenator Erhardt Körting wird heute im Innenausschuss des Abgeord-netenhauses die Kriminalitätsstatistik der Berliner Polizei für das Jahr 2006 vorstel-len, darin geht es auch um Intensivstraftäter.
Der Kriminologe Claudius Ohder hat die Akten von 264 Intensivtätern in Berlin begut-achtet und ausgewertet.
Das Interview im Wortlaut:
Sabine Porn: Gibt es den typischen Intensivtäter, wie ich ihn beschrieben habe?
Prof. Claudius Ohder: Sie haben gerade das klassische Merkmal beschrieben. Das ist jung, männlich, gewalttätig, bei der Polizei, bei der Staatsanwaltschaft bekannt. Aber wenn Sie in die Biografie nach vorne gehen, stellen Sie fest, dass die Wege doch recht unterschiedlich sind. Zum Teil, etwa zu 25 Prozent, sind es junge Leute, die aus deutschen Verhältnissen, deutschen Familien stammen, bei 75 Prozent wäre das gemeinsame Merkmal nicht deutsch, Migrationshintergrund. Aber das ist auch sehr vielfältig. Wir können feststellen, dass bei allen relativ früh eine hohe Problem-dichte eingesetzt hat, die oft begonnen hat mit dem Zuzug der Familie nach Berlin. Das heißt sie war hier, oft geflohen aus Bürgerkriegsregionen, und hat zunächst ein-mal damit zu kämpfen gehabt, hier anzukommen. Viele Familien lebten zunächst in Flüchtlings-Wohnheimen, waren ausgeschlossen vom Arbeitsmarkt, führten über Jahre, Jahrzehnte teilweise hinweg eine sehr randständige Existenz. Die Folge ist, dass die Familien auch nicht so in der Lage waren, ihre Kinder an die Gesellschaft heranzuführen, wie wir es wünschen, wie es notwendig ist.
Porn: Sie haben intensiv Straftäter und die Biografien untersucht, sie haben auch Interviews mit diesen jungen Leuten gemacht. Sie haben gerade die Hintergründe, den Background erklärt. Erklärt das aber auch die Straffälligkeit?
Ohder: Das erklärt zunächst einmal die schlechte Integration in Schule, in Erwerbstä-tigkeit, in Ausbildung. Erst wenn diese Integration gescheitert ist, wenden sich die jungen Leute fast durchgängig ihren Cliquen und Gruppen auf der Straße im Kiez zu. Dort herrschen andere Normen, andere Ziele, andere Möglichkeiten und Mittel, um Ansehen zu erwerben. Vor diesem Hintergrund kommt es dann regelmäßig zu einer Ausuferung von Gewalt. Und aus der Rangelei, aus dem jugendtypischen Konflikt wird dann der Raub, der durchaus gewinnorientiert sein kann.
Porn: Der Status spielt eine wichtige Rolle. Was treibt die Jugendlichen sonst? Ist es Langeweile? Anerkennung ist sicherlich ein Punkt, den Sie schon erwähnt haben. Auf der anderen Seite muss man sich auch vorstellen, die Brutalität, die mittlerweile an den Tag gelegt wird, ist ja kaum noch zu überbieten. Es gibt keine Grenzen mehr.
Ohder: Sie dürfen jetzt nicht von den Extremfällen die es gibt auf die Gesamtheit von allen Jugendlichen schließen. Wir haben die Akten ausgewertet. Zum Glück war es so, dass scharfe Waffen nach wie vor keine Rolle spielen, dass die Zahl von Opfern, die stationär behandelt werden mussten, überschaubar geblieben ist. Man soll nichts wegnehmen von den Problemen, aber zunächst einmal ist es ein jugend-, ein jun-gentypisches Konfliktverhalten, das grenzenlos bleibt, und aus dem Grund immer neue Formen annimmt. Aber das Grundproblem ist an sich bekannt. Porn: Was kann Jugendliche stoppen, welche Hilfe könnten Sie sich vorstellen, greift auch? Sind es - z.B. wenn Jugendliche bereits straffällig geworden sind - höhere Strafen, andere Bestrafung, oder wie kann man überhaupt verhindern, dass sie in dieses Milieu abwandern?
Ohder: Diese Intensivtäter werden im Augenblick sehr eng kontrolliert und einer sehr direkten, unmittelbaren Strafverfolgung ausgesetzt. Über die Hälfte ist in Untersu-chungshaft, in Strafhaft. Das heißt, die Strafen greifen. Und aus den Gesprächen ha-be ich in Erfahrung bringen können, dass es bei den Jugendlichen ankommt, im Sin-ne von: Ich kann jetzt nicht weitermachen, ich bin jetzt in einer Situation, in der ich nachdenken muss. Aber freilich sind U-Haft und Strafhaft nicht das Ende dessen was wir denken müssen, sondern wir müssen natürlich sehr viel früher anfangen. Aus un-serer Sicht müssten die präventiven Maßnahmen in der Grundschule beginnen. Nämlich Probleme werden manifest in der dritten, vierten Klasse, wenn es zu Diszi-plin- oder auch Leistungsproblemen kommt, und vor diesem Hintergrund diese Kin-der dann allmählich wegdriften aus Schule, aus Kontrolle durch Elternhaus und Leh-rer, Pädagogen, und sich der Straße zuwenden. Dort muss man mit Fördermaßnah-men ansetzen, die es den Kindern gestatten und die Kinder in die Lage versetzen, sich noch mal in einen neuen Anlauf sozialer Prozesse einzubinden, einzuklinken.
Porn: Wie weit sind diese Vorstellungen gediehen, die Sie gerade gefordert haben, gibt es schon erste Versuche?
Ohder: Ich meine, es geht allmählich in die Praxis der Schulen über, dass auch in Grundschulen Sozialarbeit angesiedelt wird. Ich denke, das muss verstärkt werden. Wir lernen aus solchen Erfahrungen. Man kann nicht im Jahr 1960 ein Rezept schreiben, das 30, 40, 50 Jahre Gültigkeit hat. Ich denke, eine Großstadt wie Berlin, die sich auch dauernd verändert, muss sich diesen Herausforderungen immer neu stellen. aus: Inforadio vom rbb vom 19.03.2007 Link: www.inforadio.de/static/dyn2sta_article/140/175140_article.shtml 3. Neuköllns großer Bruder - Fadi Saad über junge kriminelle Migranten ? Herr Saad, in den vergangenen Wochen wurde viel über die angeblich wachsende Gewaltbereitschaft Jugendlicher und die Möglichkeit schärferer Strafen diskutiert. Sie sind Quartiersmanager mit dem Schwerpunkt Jugend- und Familienarbeit in Neukölln - beobachten Sie auch einen hemmungsloseren Umgang mit Gewalt? ! Bei uns im Körnerpark und im Rollbergviertel sind die Zahlen rückläufig - es gibt weniger schwere Kriminalität, meist geht es um Vandalismusdelikte. Früher galten die Viertel als Brennpunkte für Jugendkriminalität, aber durch das Quartiersmanage-ment hat sich die Situation verbessert. Jugendliche lernen durch uns früh die Konse-quenzen ihres Verhaltens kennen. Und sie haben jemanden, der ihnen zuhört. Das ist alles, was sie brauchen. ? Wie treten Sie mit den Jugendlichen im Kiez in Kontakt? ! Mein großes Glück ist, dass ich arabisch spreche. Das schafft eine Brücke zu den nichtdeutschen Jugendlichen, denn die Herkunft verbindet. Außerdem bin ich inzwi-schen recht bekannt in Neukölln. Ich habe Kontakt zu den Schulen, die mich zu El-terngesprächen dazubitten, um zu übersetzen. Viele Jugendliche kommen bei Pro-blemen auch direkt zu mir, etwa wenn sie eine Vorladung von der Polizei bekommen haben. Dann begleite ich sie und vermittle. ? Auf welcher Basis arbeiten Sie mit den Jugendlichen zusammen? ! Für sie bin ich der große Bruder. Sie haben Respekt vor mir und wissen gleichzeitig, dass ich sie verstehe. Daher lassen sie es zu, dass ich ihnen helfe und mit ihnen zu-sammen an der Lösung ihrer Probleme arbeite. Ich kann mit Stolz sagen: Viele kom-men von sich aus zu mir und sagen auch zu ihren Kumpels, dass sie bei Problemen mit Fadi reden können. Bringen Gespräche überhaupt etwas? ! Die Jugendlichen wissen: Wenn sie Mist gebaut haben, können sie zu mir kommen, und ich werde ihnen helfen. Aber wenn sie in der Zwischenzeit noch einmal etwas anstellen, haben sie meine Unterstützung verloren. Das ist eine klare Regel, die bei vielen so wirkt, dass sie von krummen Dingern Abstand nehmen. ? Politiker haben in diesem Jahr mehrfach gefordert, die Höchststrafe für Jugendliche heraufzusetzen. Was halten Sie von der Idee? ! Die meisten Jugendlichen sind am Anfang ihrer kriminellen Karriere selbst nur Op-fer. Sie sind auf der Suche nach Anerkennung und Respekt und geraten auf diese Weise in Banden und Cliquen. Der einzige Weg dies zu verhindern ist, frühzeitig zu helfen und zu zeigen, dass es Perspektiven jenseits der Kriminalität gibt. ? Aber wie kann man jugendliche Täter ohne hohe Strafen in die Schranken weisen? ! Wenn ein Jugendlicher heute eine Straftat begeht, wird diese erst nach frühestens vier Monaten geahndet. Oft warten Jugendliche anderthalb Jahre auf ihre Verhand-lung. In dieser Zeit vollzieht sich aber meist eine kriminelle Entwicklung, sodass die Betroffenen schon viel zu tief drinstecken, wenn ihnen endlich der Prozess gemacht wird. Daher wäre es sinnvoll, den Verwaltungsweg abzukürzen, damit Jugendliche schneller die Konsequenzen ihres Handelns zu spüren bekommen und etwas daraus lernen können. ? Wie sollte die Justiz mit ganz jungen Tätern umgehen? ! Grundsätzlich können schon Zwölfjährige die Konsequenzen ihres Handelns absehen und sollten sie auch zu spüren bekommen. Ich rede nicht davon, diese Kinder lange einzusperren, aber ein Arrest über ein Wochenende wäre denkbar. Schließlich ist es besser für die jungen Straftäter, wenn ihnen die Grenzen frühzeitig aufgezeigt werden. So kann verhindert werden, dass sie eine kriminelle Laufbahn einschlagen, aus der sie später nur schwer wieder herausfinden. aus: Berliner Zeitung vom 19.03.2007 (Interview von Vivian Yurdakul) Link: www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2007/0319/lokales/0027/index.html? 4. Berlin: Integrationskurse - nach der Evaluation ein Bericht aus der Praxis (BIM) Nachdem zum Jahresende die gesetzlich vorgeschriebene Evaluation der im Aufenthaltsgesetz vorgesehenen Integrationskurse abgeschlossen wurde, gibt es mittlerweile auch die ersten Absolventen. Die Arbeitsgemeinschaft Migration im SPD-Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf nimmt das zum Anlass, sich im Rahmen einer Mitgliederversammlung über die Struk-tur, Inhalte und Erfolgsaussichten der Integrationskurse informieren zu lassen. Als Fachmann konnte dafür Reinhard Bösing, zuständiger Referent bei der örtlichen Volkshochschule gewonnen werden. Die Versammlung, bei der auch interessierte Gäste willkommen sind, findet statt am kommenden Mittwoch, 21.03.2007, 19.30 Uhr im Raum 300 des Rathauses Charlot-tenburg an der Otto-Suhr-Allee 100. 5. UNESCO-Konvention zur kulturellen Vielfalt in Kraft getreten Am 18. März 2007 ist das UNESCO-Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (Konvention Kulturelle Vielfalt) in Kraft getre-ten. Seit der Verabschiedung dieses Übereinkommens am 20. Oktober 2005 in Paris haben es 52 Staaten ratifiziert. Damit das Übereinkommen in Kraft tritt, war die Ratifi-zierung durch 30 Staaten erforderlich. Deutschland hat das Übereinkommen am 12. März 2007 ratifiziert. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, ist sehr er-freut über die schnelle Ratifizierung. Bereits die Erarbeitung der Konvention Kulturel-le Vielfalt erfolgte äußerst schnell. Zwischen dem Beschluss der UNESCO, das Über-einkommen zu erarbeiten, im Oktober 2003 und der Verabschiedung im Oktober 2005 lagen gerade einmal zwei Jahre. Dass jetzt so viele Staaten so zügig die Kon-vention Kulturelle Vielfalt ratifiziert haben, zeigt, dass sie auf breite Zustimmung in den Mitgliedsstaaten der UNESCO trifft und dass zahlreiche Länder der starken Öko-nomisierung des Kulturbereiches etwas entgegen setzen wollen. Das Übereinkommen zielt darauf ab, dass die Staaten finanzielle und rechtliche Maß-nahmen zum Schutz der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in ihrem Land ergreifen können. Die öffentliche Kulturförderung erhält damit eine grundlegende Bedeutung. Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Die Kon-vention Kulturelle Vielfalt trifft offensichtlich den Nerv der Zeit. Der Kulturbereich wird als Rückzugsfläche vor der weltweiten Ökonomisierung gesehen. Die Vielfalt kulturel-ler Ausdrucksformen wird von vielen Staaten für wichtiger erachtet als die Liberalisie-rung des Handels mit Kulturgütern und -dienstleistungen. Kultur ist eben mehr als ei-ne Handelsware. Kultur transportiert Ideen und Werte. Nach dem internationalen Pro-zess der Ratifizierung steht nun die nationale Umsetzung auf der Tagesordnung. Der Deutsche Kulturrat wird eine Arbeitsgruppe einsetzen, die sich mit den Auswirkungen der Konvention Kulturelle Vielfalt auf die nationale Kulturpolitik befassen wird.“ aus: Mitteilungen des Deutschen Kulrurrats vom 16.03.2007 6. Mittelmeerraum: Weiterhin illegale Einreiseversuche Auch in den ersten Monaten dieses Jahres haben die Einreiseversuche über das Mit-telmeer angehalten). Derzeit sind Italien und Griechenland am häufigsten betroffen. Die EU setzt weiter auf die Stärkung der Grenzschutzagentur Frontex, um diese Überfahrten zu verhindern. Bei zahlreichen Einreiseversuchen kamen im Laufe des Monats Februar mindestens 31 Personen ums Leben, rund 33 werden derzeit noch vermisst. Italien: Bei der Überfahrt von Nordafrika nach Italien kamen vor der italienischen In-sel Lampedusa mindestens 19 Personen ums Leben. Unklar ist, in welchem nordafri-kanischen Staat das Boot abgelegt hatte. Die Überlebenden gaben an, dass sie nach fünf Tagen auf dem Wasser die Orientierung verloren hätten und ihnen der Treibstoff ausgegangen sei. Leichen sollen während der Überfahrt über Bord geworfen worden sein. Rund 30 Personen konnte die Küstenwache retten. Ende Februar strandete in Süditalien ein Fischerboot mit 130 kurdischen Passagie-ren, überwiegend Männern, die umgehend in Gewahrsam genommen wurden. Sie gaben an, etwa eine Woche für die Überfahrt aus der Türkei nach Italien benötigt zu haben. Am ersten Märzwochenende landeten auf der Insel Lampedusa rund 50 Boatpeople. 113 weitere wurden am darauf folgenden Dienstag im Mittelmeer vor der Insel gesichtet und in das Auffanglager Lampedusas gebracht. Griechenland/Türkei: An Griechenlands Küsten kamen in den letzten Wochen min-destens 12 Menschen beim Versuch der illegalen Einreise ums Leben, 33 Personen gelten als vermisst. Schleuser versuchen immer wieder, Personen über die so ge-nannte Ägäis-Route in die EU zu bringen. Bereits am ersten Februar-Wochenende starben mindestens sieben Personen, als ihr Boot vor der Ägäis-Insel Samos im Sturm kenterte. Ein Überlebender konnte gefunden werden, 12 weitere Personen bleiben vermisst. Mitte Februar kenterte ein Boot mit 26 Somalis an Bord, die an der türkischen Küste gestartet waren. Fünf wurden tot geborgen, alle anderen gelten als vermisst. Spanien: Ein Frachter mit knapp 400 aus Indien, Birma, Sri Lanka, der Elfenbeinküs-te, Sierra Leone und Liberia stammenden Personen hatte Mitte Februar versucht, die Kanarischen Inseln zu erreichen. Als das Boot vor Mauretanien in Seenot geriet, ver-weigerte die spanische Regierung die Einreise. Der Rote Halbmond und das Rote Kreuz konnten die Boatpeople schließlich in Mauretanien mit dem Notwendigsten versorgen, nachdem die spanische Regierung den mauretanischen Behörden die Übernahme des Rücktransports der betroffenen Personen in ihre Heimatländer ga-rantierte. Mit dieser sofortigen Repatriierungspolitik sollen weitere illegale Einreise-versuche unterbunden werden. EU: Derweil berieten die EU-Innenminister auf ihrem Ratstreffen Mitte Februar in Brüssel über die zusätzliche Verstärkung der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Im Mittelpunkt der Gespräche stand dabei erneut die Schaffung einer schnellen Ein-greiftruppe. Die geplanten Sofort-Einsatzteams sollen durch Frontex kurzfristig jedem Mitgliedstaat zur Verfügung gestellt werden, der an seinen Grenzen mit besonderen Belastungen durch illegale Migration konfrontiert ist. Weiter wurde die Zusammenar-beit der EU und ihrer Mitgliedstaaten mit den Herkunfts- und Transitländern disku-tiert. So soll beispielsweise geprüft werden, inwiefern Fachkräfte aus afrikanischen und anderen Entwicklungsländern in der EU befristet eingesetzt werden können. Die EU-Kommission, Frankreich und Spanien einigten sich Anfang Februar mit der Regierung des westafrikanischen Staates Mali auf ein Pilot-Projekt für legale Arbeits-möglichkeiten in der EU. Mali gilt als wichtiges Ursprungsland illegaler Migration. Im Rahmen des Pilotprojektes sollen Arbeitskräften aus Mali in regionalen Job-Zentren Saison-Jobs in der Landwirtschaft und bestimmten Dienstleistungsbereichen in Frankreich und Spanien angeboten werden. Die Bewerber sollen ein befristetes Visum, einen Arbeitsvertrag und die Möglichkeit zu Sprachkursen erhalten. Darüber hinaus soll ihnen auch eine Ausbildung ermöglicht werden. Die Rückkehr soll durch die Vergabe von Mikrokrediten erleichtert werden. aus: Migration und Bevölkerung 2/2007 von März 2007 7. Portugal - Auswanderungs- oder Einwanderungsland? Am 15. März hat die spanische Polizei 71 Portugiesen befreit, die in der nordspani-schen Provinz Navarra wie Sklaven gehalten wurden. Joana Amaral Dias schreibt dazu in der Diário de Notícias: "Der Staat hilft den fünf Millionen portugiesischen Auswanderern wenig. Wenn er sich nun überrascht gibt von dem, was in Navarra passiert ist, ist das zynisch. Man weiß seit langem, dass tausende von portugiesi-schen Arbeitskräften im Ausland drangsaliert werden... Man muss sich aber auch der Tatsache bewusst sein, dass diese Dinge auch hier passieren - mit ausländischen Mitbürgern. Portugal empört sich, wenn es sich um Landsleute handelt und protes-tiert nicht, wenn es um die Ausbeutung afrikanischer Einwanderer oder Migranten aus dem Osten geht. Das Land ist zunehmend überzeugt, dass es nicht mehr Aus-wanderungs-, sondern Einwanderungsland ist. Portugal steckt den Kopf in den Sand: Es bestreitet, dass es Einwanderer ausbeutet und dass es im Ausland portugiesische Auswanderer gibt. Mit dem Ergebnis, dass so etwas wie in Navarra passiert.“ Link zum Artikel (portugiesisch): http://dn.sapo.pt/2007/03/19/opiniao/mal_cartao.html aus: euro|topics-newsletter vom 19.03.2007 8. Studie zur UN-Wanderarbeitnehmerkonvention vorgestellt
(ots) Migranten und Migrantinnen sind während des gesamten Migrationsprozesses, beginnend im Herkunftsland, weiter im Transitstaat und endend im Zielstaat, häufig mit Situationen konfrontiert, in denen ihre Menschenrechte verletzt werden. Migran-ten und Migrantinnen bedürfen deshalb des besonderen Schutzes der internationa-len Staatengemeinschaft. Zugleich stellen transnationale Migrationsprozesse auch eine besondere Herausforderung für das herkömmlich an den Nationalstaaten als Garanten der Menschenrechte orientierte Menschenrechtsschutzsystem dar.
Migration hat als weltweites Phänomen in Zeiten der Globalisierung weiter an Bedeu-tung zugenommen. Heute leben weltweit ungefähr 200 Millionen Menschen außer-halb des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen. Allein in Deutschland le-ben zirka 6,7 Millionen Menschen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besit-zen. Nach Schätzungen der UN ist Deutschland nach den USA und Russland das Land, das weltweit die meisten Migranten und Migrantinnen aufgenommen hat. Die Bedeutung von Migration wird auch anhand des hohen Stellenwerts deutlich, den das Ringen um Migrationspolitik auf den internationalen, europäischen und nationa-len politischen Agenden einnimmt. Dabei ist allerdings ein menschenrechtlicher Zu-gang zum Thema eher die Ausnahme als die Regel.
Das Internationale Übereinkommen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitneh-mer und ihrer Familienangehörigen von 1990 (kurz: UN-Wanderarbeitnehmerkonven-tion) konkretisiert und verstärkt bestehende menschenrechtliche Gewährleistungen aus den allgemeinen Menschenrechtsverträgen für die Gruppe der Migrantinnen und Migranten für den gesamten Migrationsprozess, das heißt für die Zeit vor der Ausrei-se, während des Aufenthalts im Beschäftigungsstaat und nach der Rückkehr in den Herkunftsstaat. Bislang hat dieses Dokument in Deutschland und anderen Ziellän-dern von Migration zu wenig Aufmerksamkeit erfahren; Deutschland lehnt eine Ratifi-kation ab.
Die Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte kommt zu dem Ergebnis, dass der Wert der Konvention in der Präzisierung der allgemeinen Menschenrechte für die Situation von Migrantinnen und Migranten unabhängig von deren Aufenthalts-status, in der Betonung von Informations- und Kooperationspflichten der Herkunfts-, Transit- und Zielstaaten, sowie in der Etablierung eines spezifischen Überwachungs-verfahren für die Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten liegt.
Die Untersuchung macht deutlich, dass die Situation von Migrantinnen und Migranten in den deutschen Staatenberichten nur unzureichend berücksichtigt wird. Zum ande-ren bestehen in der Praxis Lücken in der Gewährleistung der bereits jetzt durch die allgemeinen Menschenrechtsverträge garantierten Menschenrechte für Migrantinnen und Migranten, etwa bei der Durchsetzung der Rechte in der Arbeit für Irreguläre und für Saisonarbeitnehmer/innen, beim gleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung, sowie beim Schulzugang der Kinder irregulärer Migranten. Die Studie schließt daher Empfehlungen für den Umgang mit der Konvention sowie für die Schließung beste-hender Lücken im Menschenrechtsschutz von Migranten/innen in Deutschland.
Katharina Spieß: Die Wanderarbeiterkonvention der Vereinten Nationen. Ein Instru-ment zur Stärkung der Rechte von Migrantinnen und Migranten in Deutschland. Ber-lin: Deutsches Institut für Menschenrechte, 2007, ISBN 978-3-937714-31-8
Die Studie umfasst 86 Seiten. Sie kann abgerufen werden über: http://files.institut-fuer-menschenrechte.de/437/Studie_Wanderarbeiterkonvention_2007.pdf
Link zur Meldung: www.presseportal.de/story.htx?nr=950496&firmaid=51271 9. Großbritannien: Moslems wünschen mehr islamische Konfessionsschulen Die Studie Muslim schools in Britain: challenging mobilisations or logical develop-ment? von Nasar Meer, Forschungsassistent am Department of Sociology und am Centre for the Study of Ethnicity and Citizenship and der Bristol University diagnosti-ziert einen höheren Bedarf nach getrennter Erziehung. Obwohl 64% der Briten die öffentliche Finanzierung von Konfessionsschulen ableh-nen, finanziert ihre Regierung zunehmend konfessionelle Schulen: Insgesamt gibt es dort mittlerweile 4.700 anglikanische, 2.100 katholische, 37 jüdische, 28 methodisti-sche, sieben moslemische und zwei Sikh- Schulen, die öffentlich gefördert werden. Die Anstalten müssen sich an die landesweit gültigen Lehrpläne halten und werden durch Inspektionen der Organisation for Standards in Educations (OfSTED) kontrol-liert. Bedenkt man, dass derzeit rund 500.000 Schüler in Großbritannien Moslems sind, dann sind die moslemischen Konfessionsschulen allerdings stark unterreprä-sentiert. Als Gründe für den Wunsch nach mehr moslemischen Konfessionsschulen ermittelte Nasar Meer, dass moslemische Eltern den Wunsch nach einer stärkeren Veranke-rung islamischer Kultur im Unterricht hegen und ihre Kinder in einer stärker vom mos-lemischen Glauben geprägten Umgebung erzogen sehen wollen. Zudem glauben viele moslemische Eltern, dass vor allem Jungen in religiösen Schulen bessere Leis-tungen bringen würden als in öffentlichen Schulen. Tatsächlich schneiden die Schü-ler der sechs existierenden moslemischen Schulen besser ab als der Durchschnitt. Bei einigen moslemischen Eltern spielt auch der Wunsch nach einer nach Ge-schlechtern getrennten Unterrichtung von Jugendlichen eine wichtige Rolle. Für Kin-der im Grundschulalter ist dieser Wunsch nach Geschlechtertrennung weniger stark ausgeprägt. Im deutschsprachigen Raum existieren islamische Konfessionsschulen in Berlin, Bonn, München und Wien. Vor allem durch die 2003 gegen die König-Fahd-Akade-mie in Bonn erhobenen Vorwürfe haben sie unter der nichtmoslemischen Bevölke-rung keinen besonders guten Ruf – ganz im Gegensatz zu den christlichen und jü-dischen Konfessionsschulen. Deren Angebote werden auch von nicht gläubigen El-tern immer stärker angenommen. Ein Grund dafür ist, dass sie öffentliche Schulen teilweise als von einer Leitkultur aus Gangsterrap und Islamismus bestimmt ansehen und ihre Kinder vor dieser Umgebung schützen wollen. Ob das in der britischen Studie propagierte Modell der stärkeren Trennung tatsäch-lich ein Baustein auf dem Weg zur Lösung dieses Problems sein kann, ist jedoch um-stritten. Der Erfolg oder Misserfolg getrennter Erziehung hängt sehr stark von den Details ab: Der südafrikanische Bantu Education Act etwa führte zu einer eindeutigen Benachteiligung einer Bevölkerungsgruppe, während die Black Colleges in den USA und die evangelischen Schulen für Flüchtlinge in Bayern teilweise durchaus Ausbil-dungserfolge aufweisen konnten. In England ist mit den seit 2000 erlaubten "City Academies" ein weiterer Konfliktpunkt religiös bestimmter Erziehung zutage getreten: Dort lässt der exzentrische Automo-bilhändler Sir Peter Vardy über die Emmanuel Schools Foundation mittlerweile den Kreationismus gleichberechtigt neben der Evolutionstheorie unterrichten - eine Praxis die derzeit viel Aufsehen erregt. Allerdings ist fraglich, ob sich Schüler mit den Medi-enzugriffsmöglichkeiten des 21. Jahrhunderts tatsächlich so sehr von der Schule prägen lassen, dass diese Praxis wirklich eine Gefahr für sie darstellen. Die Unter-richtung bizarrer Theorien könnte sogar einen gesunden Skeptizismus gegenüber anderen Unterrichtsinhalten fördern, der in Fächern wie Wirtschafts- und Rechtslehre oder Sozialkunde nicht weniger wichtig ist als in Biologie oder Religion aus: telepolis vom 16.03.2007 (von Peter Mühlbauer) Link: www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24861/1.html 10. Buch-Tipp: "Königinnen Afrikas" von Sylvia Serbin Die Historikerin Sylvia Serbin berichtet in 22 Porträts von Heldinnen Schwarz-Afrikas. Von der Zeit der Pharaonen bis zum Ende des 20. Jahrhunderts stellt sie Frauen vor, die klug, entschlossen und mutig das Geschehen auf dem Kontinent bestimmten. Anfang des 19. Jahrhunderts hält Hegel seine berühmt gewordene Vorlesung über die "Philosophie der Weltgeschichte"/Universalgeschichte. Afrika bleibt wegen seiner Geschichtslosigkeit und seines Mangels an Schriftsprachen dabei außer Betracht. Hegel wörtlich: "Afrika ist kein geschichtlicher Weltteil, er hat keine Bewegung und Entwicklung aufzuweisen." Heute können wir sagen: Hegel hatte keine Ahnung!
Die Autorin Sylvia Serbin unterstreicht: "Man kann es nicht oft genug sagen; der schwarze Kontinent war sich lange Zeit selbst genug, denn seine Bevölkerung kann-te keinen Hunger." Und so fügen wir hinzu: Schon lange vor Sklavenhandel und Ko-lonisierung trugen Afrikas Ressourcen zum Wohlergehen ganzer Zivilisationen bei.
Historisches Bewusstsein in Afrika bestand zwar, aber es umfasste im Regelfall nur vier bis fünf Generationen - also circa 120 Jahre! Und schriftliche Berichte gab es zwar schon seit dem siebenten Jahrhundert, aber immer nur aus der Perspektive nicht-afrikanischer Reisender. Es fehlt weitgehend an Quellen (im Verständnis der abendländischen Geschichtsschreibung). Hinzu kam, dass die abendländischen und süd- beziehungsweise fernöstlichen asiatischen Kulturen fast zwei Jahrtausende lang Afrikas Bevölkerungen an der Grenze zum "Untermenschentum" ansiedelten.
Besonderheit der Autorin Serbin: Erstens nimmt sie die Zeugnisse der Zivilisation ernst. Zweitens gibt sie sich nicht mit Quellen zufrieden, die Männer über Männer und nur als Fußnote auch mal von Frauen sprechen lassen. Und drittens steht ihre Arbeit im Dienste einer weithin vernachlässigten feministischen Identitätssuche vor allem jüngerer Frauen in und aus Afrika! Zitat: Achtjährige Tochter fragt ihre Mutter nach der indianischen Pocahontas, der amerikanischen Calamity Jane, der franzö-sischen Jeanne d'Arc und der englischen Queen Victoria. "Und wir, Mam, haben wir früher nicht existiert?" Ein Plus für die Sprache des Buches: Ohne Vorkenntnisse aufgrund besonders detailgetreuer Lebensnähe und erzählerischer Buntheit ist es nicht zuletzt auch für Jugendliche gut zu verstehen! Entscheidend für die "Geschichte in Geschichten": Ernstnehmen der mündlichen Überlieferung und ideologisches Ab-klopfen der frühen Texte unter dem Gesichtspunkt von Interesse schafft Erkenntnis. Zunächst dabei verwunderlich: Wenn und wo von Frauen die Rede ist, dann kaum von ihrer sozialen und / oder politischen Bedeutung!
Drastisches Beispiel: Malan Alkuma, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Kö-nigin eines kleinen Akan-Königreiches ghanaischer Einwanderer des frühen 18. Jahr-hunderts an die benachbarte Elfenbeinküste. Malan Alkuma, die mit militärischem wie wirtschaftlichem Geschick ein sehr prosperierendes Reich an der Küste schuf, regierte zwar zusammen mit ihrem Onkel, aber als so genannte "Königinmutter" war sie das Alter Ego des Hofes und bündelte alle wichtigen Funktionen in ihrer Person: Außenministerin, Garantin von Ruhe und Ordnung, Hüterin des Kultes, Schlichterin bei Rechtsstreitigkeiten und Gnadenbehörde bei Todesurteilen. Seit 1865 stand sie im öffentlichen Rampenlicht, aber nicht wegen ihrer Ämterhäufung, sondern fast ausschließlich wegen ihrer "sexuellen Gier nach Männern". 1892 schreibt ein franzö-sischer Diplomat: "In ihrem Gesicht mit schmalen Lippen und kerzengerader Nase war der vor Übermut sprühende Blick eine einzige Einladung." Leider war solche Einladung gepaart mit Malans offensichtlicher Sterilität und mit krankhafter Eifer-sucht, so dass jeder Liebhaber auch in ständiger Gefahr leben musste, wegen emoti-onaler Lappalien seinen Kopf zu verlieren. Je älter die Kinderlose wurde, desto furchtbarer entwickelte sich ihre despotische Grausamkeit. Alle zeitgenössischen Kommunikationsmittel waren voll davon. Über die politischen, landwirtschaftlichen und Handelserfolge der Königin kein Wort. Als sie 1898 starb - für afrikanische Ver-hältnisse hochbetagt! -, versammelten sich zu ihrer Bestattung nicht nur alle ihre Ehegatten und Liebhaber, sondern auch ihre politischen Gegner … und eine offizielle französische Delegation!
Andere Beispiele: Der kollektive Selbstmord der Frauen des Wolof-Dorfes Nder an der Mündung des Senegal-Flusses. 1819, maurische Raubzüge auf Sklaven und Sklavinnen. Bei Abwesenheit des Königs, seiner Würdenträger und der mitziehenden Kavallerie werden Frauen zu "Amazonen für einen Tag". Männerkleidung, "Männer"-Waffen. Erste Attacke für die Räuber verloren; aber die Sklaven-"Ware" musste hübsch und unverletzt sein. Also Belagerung. Versammlung mit der ranghöchsten Hofdame der Königin. "Lieber sterben als freie Frauen!" Selbstverbrennung im Ver-sammlungssaal des Dorfes, nachdem man die Kinder in Verstecke in den Feldern gebracht hatte. Nur eine Hochschwangere floh im letzten Augenblick und konnte später die Geschichte erzählen.
Weiteres Beispiel: Geschickt vermengt mit den biografischen Aspekten der 22 Frau-en wird eine Kultur- und Zivilisationsgeschichte, eine "kleinteilige" Gesellschafts- und Kriegsgeschichte, eine Religions- und Bildungsgeschichte der afrikanischen Reiche und Staaten des Westens des Kontinents erzählt - die Autorin Sylvia Serbin ist fran-cophon und hat auf Gouadeloupe, im Senegal, an der Elfenbeinküste und in der schwarzen Gemeinschaft von Paris gelebt. Nun warten wir auf eine anglophone his-torische Biographin aus dem östlichen und südlichen Afrika und/oder vielleicht aus London.
Rezensiert von Jochen R. Klicker in Deutschlandradio Kultur
Das Buch „Königinnen Afrikas“ von Sylvia Serbin, aus dem Französischen von Gud-run Honke (ISBN-10: 3779500663 und ISBN-13: 978-3779500667), 405 Seiten, ist im Wuppertaler Peter Hammer Verlag erschienen und kostet 25,00 Euro. Es kann portofrei bezogen werden über die "vorwärts:buchhandlung + antiquariat" im Willy-Brandt-Haus, Stresemannstraße 28, 10963 Berlin, Telefon: 030/25299-871, Fax: 030/25299-872, E-Mail:info@vorwaerts-buchhandlung.de 11. Kino-Tipp: “YES I AM” (BIM) Im Rahmen der der siebten "Aktionswoche gegen Rassismus" zeigt das Cen-tral-Kino an der Rosenthaler Straße 39 in Berlin-Mitte am kommenden Donnerstag, 22.03.2007, um 20.00 Uhr den Dokumentarfilm "YES I AM". Der Film erzählt von drei Musikern und ihren Schwierigkeiten, eine afrodeutsche Identität zu entwickeln. Im Anschluss gibt es eine Diskussion mit dem Protagonisten Ade Bantu und der Mo-deratorin Mo Asumang 12. Radio-Tipp >>> Mi, 21.03.2007, Deutschlandradio Kultur; 18:07 Uhr: Weltzeit Kurden in Syrien und Gedämpfte Feiern, Beitrag von Manuela Römer Etwa 300.000 syrische Kurden gelten als Staatenlose im eigenen Land, behördlich gekennzeichnet als Ausländer oder erst gar nicht offiziell registriert. Sie haben nicht das Recht, Eigentum zu erwerben, nicht das Recht, an staatlichen Universitäten zu studieren, nicht das Recht zu heiraten oder zu verreisen. Sie wurden Opfer einer umstrittenen Volkszählung vor 45 Jahren, obwohl sie und ihre Vorfahren in Syrien geboren wurden. Die Benachteiligung der Kurden, der größten Minderheit in Syrien, ist offensichtlich. Wer sich für ihre Rechte einsetzt, lebt gefährlich.
Weiteres Thema in dieser Sendung: Zoff und Tanz - das Neujahrsfest in der Türkei, im Iran und in Afghanistan, Beitrag von Ulrich Pick 13. TV-Tipps >>> Mo, 19.03.2007, rbb, 21.30 Uhr: Starke Herzen, Folge 1: Wo die Liebe hinfällt Fünfteilige Doku-Soap In Deutschland gibt es ungefähr 100.000 deutsch-türkische Ehen. Sie führen die Liste der „Top Ten” binationaler Ehen an. Im Mittelpunkt der fünfteiligen RBB-Doku-Serie „Starke Herzen” stehen drei deutsch-türkische Paare aus Berlin: Sabrina und Daniel, Ipek und Felix sowie Özlem und Sascha. Ein Jahr lang begleitet die Kamera die drei Paare auf ihrem Weg zur Traumhochzeit. Eine ereignisreiche Zeit voller Höhepunkte und Niederlagen. Sind alle Herzen stark genug? Arrangiert sich die deutsche Mutter mit dem türkischen Schwiegersohn? Ist die türkische Tochter mutig genug, dem Vater ihre Liebe zu einem Deutschen zu beichten? Gibt es ein Happy-End für alle drei Paare oder zerbricht ein Traum in letzter Minute? Der erste Teil stellt die Paare Daniel und Sabrina und Sascha und Özlem vor, die Freunde und Familien in ihre Hochzeitspläne einweihen. Daniel möchte seine Freunde auf der Party zu seinem 25. Geburtstag mit einer Neuigkeit überraschen: Er will seine Freundin Sabrina heiraten. Allerdings gibt es da ein kleines Problem. Daniel ist Türke und Sabrina Deutsche – was wird ihre Mutter dazu sagen? Die blonde Sabrina war 16, als sie Daniel in der Disko kennen lernte. Das war vor fünf Jahren. Aus dem heißen Flirt ist die große Liebe geworden und hat allen Schwie-rigkeiten Stand gehalten. Er profitiert von ihrem Ehrgeiz, ihrer Korrektheit, ihrem Ord-nungssinn – deutsche Tugenden, wie er sagt. Sie wiederum findet seine Lockerheit gut, seine Gelassenheit und sein türkisches Improvisationstalent. Allerdings musste Sabrina erst einmal akzeptieren lernen, dass sie ihren Liebsten mit Familie und Freunden teilen muss. Und dass ein türkisches Haus ein offenes Haus ist, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Außerdem ist Pascha Daniel Mamas Liebling. „Auf dem Bau hab ich immer mit Türken zu tun, und die sind in Ordnung”, sagt Sa-schas Mutter, als ihr Sohn seine türkische Freundin Özlem vorstellt. Özlem dagegen hat sich schwer getan, ihrem Vater überhaupt zu erzählen, dass sie einen deutschen Freund hat. Zwei Jahre hat sie es verheimlicht.
Doch jetzt ist es soweit, heute kommt die deutsche Familie zu Besuch, um die Hoch-zeitsformalitäten zu besprechen. Da gibt es für die Deutschen gleich mal eine Über-raschung: Selbst wenn sie in Deutschland auf dem Papier verheiratet ist, heißt das für eine türkische Braut noch lange nicht, dass sie mit ihrem deutschen Mann das Bett teilen kann. >>> Mo, 19.03.2007, arte, 23.15 Uhr: Welcome Europa Dokumentarfilm Frankreich 2006 Mehrere Monate lang hat Filmemacher Bruno Ulmer Wirtschaftsflüchtlinge begleitet, für die sich das gelobte Land Europa als Hölle entpuppt hat. Er zeigt, wie der Traum von Freiheit und Wohlstand zerrinnt. Die Männer bekommen keine Ausweispapiere und somit keine Arbeit und sind nur bedingt frei. Lange bevor die jugendlichen Flüchtlinge körperlich zu Grunde gehen, werden sie seelisch zerstört. Stehlen, dea-len, betteln oder auf den Strich gehen: Vor diese Wahl werden sie täglich gestellt und so sich selbst entfremdet. Der Dokumentarfilm geht der Frage des Verlusts von Identität am Beispiel von zehn Personen nach. So kämpft Allal, ein marokkanischer Jugendlicher, in Andalusien ums tägliche Überleben und wird ständig in unlösbare Widersprüche verwickelt. Der junge Rumäne Igor ist bereits durch ganz Europa gereist. Sein Freund Kelly, ein Transvestit, gibt Igor seine Identität als Mann zurück, indem er für ihn zugleich das Bild der Frau, der Mutter und des Vaters verkörpert. Und die Flucht des jungen Kur-den Mehmet nach England endet in Calais, wo der tägliche Überlebenskampf ihm nach und nach jede Hoffnung genommen hat. Das Gefühl tiefer Einsamkeit vermö-gen den Flüchtlingen auch die zufälligen Wegbekanntschaften nicht zu nehmen. Die Dokumentation zeichnet ein hartes und gnadenloses Bild des vom Schengener Abkommen geprägten Europas zwischen Sevilla, Marseille, Paris, Turin und Amster-dam, ein Bild seiner Reichtümer, seines Unvermögens und seiner Widersprüche. >>> Mi, 21.03.2007, WDR, 07.20 Uhr: Osmanen, Türken, Europäer Schulfernsehen, Folgen 1 und 2 1. Auf den Spuren der Osmanen - Die Vorfahren der türkischen Osmanen, die Oghu-sen, waren eines der größten Turkvölker. Ihre Geschichte geht bis ins 6. Jahrhundert zurück. Der Film folgt den Spuren der nomadischen Viehzüchter zwischen dem Kas-pischen Meer und dem Aralsee in Zentralasien. In der Steppe und der Wüste südlich des Aralsees leben auch heute noch nomadische Viehzüchter, deren Leben mit dem der Oghusen vergleichbar ist. Die Kasachen sind mit ihren Herden von Schafen, Rin-dern und Kamelen hierher gezogen. Ein wichtiger Warenumschlagpunkt war einst der Viehmarkt vor den Toren von Ash-gabat, der Hauptstadt des heutigen Turkmenistans. Aus alten Marktplätzen sind Städte entstanden, wie zum Beispiel Xiva - mit riesigen Stadtmauern, dem Markt-platz, Moscheen und den religiösen Universitäten, den Medresen. Heute ist die Ge-gend um das Kaspische Meer in das Fadenkreuz vielfältiger Interessen geraten – be-sonders durch den Reichtum an Erdöl und Erdgas. Der Film beschreibt ausführlich die Förderung zu Wasser und zu Lande. 2. Die Geburt des Osmanischen Reichs Szenen aus einem türkischen Spielfilm und Aufnahmen von historischen Schauplätzen zeigen die Eroberung des byzantinischen Konstantinopel durch den osmanischen Sultan Mehmet 1453. Das byzantinische Reich existierte über 1000 Jahre. Prachtvolle Mosaiken von Kaiserin und Kaiser er-innern in der Krönungskirche Hagai Sophia an diese Zeit. Staatsreligion war das Christentum. Die erste Hauptstadt der Osmanen war Bursa, im Westen der heutigen Türkei. In zahlreichen Grabhäusern sind die ersten Sultane, Prinzen und Emire begraben. Da-runter ist auch das Grab des Staatsbegründers Osman. Viele Menschen kommen täglich hierher - Bursa ist zu einem Wallfahrtsort geworden. Alles erinnert an die Osmanen und ihren Lebenswandel. Sie waren Vieh züchtende Nomaden, auf Tür-kisch Yörüken. Aleviten und Sunniten waren die beiden großen Glaubensrichtungen im Osmanischen Reich. Der Film zeigt einen alevitischen Gottesdienst. 1999 wurde in der Türkei der 700. Jahrestag der Gründung des Osmanischen Reichs gefeiert. Aufgestiegen vom kleinen Fürstentum zur Weltmacht bestimmten die tür-kischstämmigen Osmanen über mehrere Jahrhunderte die Geschicke der islami-schen Welt. Von Istanbul aus herrschten die osmanischen Sultane über ein Reich, das sich von Nordafrika über den Nahen Osten und Kleinasien bis auf den Balkan erstreckte. Im Laufe des 18. und vor allem 19. Jahrhunderts wurde es in der Ausein-andersetzung mit den europäischen Mächten auf Kleinasien zurückgedrängt und fand in der Türkei seinen Nachfolgestaat. Obwohl heute über zwei Millionen Men-schen aus der Türkei in Deutschland leben, ist die Geschichte des Osmanischen Reichs hierzulande weitgehend unbekannt. Weitere Folgen: 3. Krieg und Frieden auf dem Balkan, 4. Das Ende einer Großmacht, 5. Die Entstehung der modernen Türkei >>> Mi, 21.03.2007, SWR, 14.30 Uhr: Mein Polen - Die neuen Schlesier Schlesien ist eine Region im Schnittpunkt deutscher und polnischer Geschichte. Auf einer winterlichen Reise begegnet ARD-Korrespondent Robin Lautenbach "neuen Schlesiern": Polen, die sich mit der Region und ihrer Geschichte identifizieren. Eine junge polnische Familie zieht hoch oben im Iser-Gebirge in ein verlassenes Dorf, ein polnischer Unternehmer restauriert ein verfallenes Schloss, Deutsche aus Niedersachsen werden Landwirte in Oberschlesien, ein Erzbischof sucht Investoren. Für sie alle ist Schlesien heute eine offene, europäische Region zwischen Deutschland, Tschechien und Polen. >>> Mi, 21.03.2007, Phoenix, 21.00 Uhr: Frankreich, schwarzes Vaterland Sie zweifeln an den französischen Werten, sehen Ungleichheit, wo das Gesetz Gleichheit verspricht, vermissen die Brüderlichkeit und letztlich auch die Freiheit: Einwanderer aus Afrika und Bürger aus den Überseeprovinzen in Frankreich. Sie sind Franzosen mit schwarzer Hautfarbe, aber sie fühlen sich nicht akzeptiert in ihrem Land. In seiner Dokumentation lässt Filmemacher Peter Gerhardt Franzosen schwarzer Hautfarbe zu Wort kommen: Modeschöpfer und Restaurantbesitzer, So-zialarbeiter, Parlamentsabgeordnete und Schriftsteller. Sie alle haben gelernt, mit dem Widerspruch zwischen dem gefeierten Ideal und einer ganz anderen Wirklichkeit zu leben, wollen sich aber nicht mit verstecktem Rassismus arrangierenanderen Wirklichkeit zu leben, wollen sich aber nicht mit verstecktem Rassismus arrangieren.
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