1. Schäuble, Häuptling gespaltene Zunge - Innenminister demütigt Migranten 1. Schäuble, Häuptling gespaltene Zunge - Innenminister demütigt Migranten 2. Bleiberecht durch Ausbildung - Berliner Flüchtlinge lernen im Hospital 3. Deutschkurse zu teuer - Kritik am Zuwanderungsgesetz auch in der Türkei 4. Jugend und Gewalt - ein Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich 5. Nationale Identität als Wahlkampfthema in Frankreich - ein Pressedossier 6. Kopftuch erwünscht - Milli Görüs vergibt Studienstipendien 7. Fundamentalismus global: Sweet Jesus verbittert New Yorks Katholiken 8. Augsburg, 04./05.05.2007: „Wir und die Anderen?“ - Interkulturelle Tagung 9. Hamburg, 03.04.2007: Kundgebung gegen Abschiebung von Flüchtlingen 10. Oldenburg, 12./14.04.2007: Konferenz “Migration, Islam and Masculinities“ 11. Potsdam, 13.04.2007: „Verhältnis der Religionen zu den Grundrechten“ 12. BMI-Wettbewerb 2007: „Muslime in Deutschland - deutsche Muslime“ 13. Arbeitspapier des ICEP: „Migration und Integration als Herausforderungen“ 14. Buch-Tipp: Migranten in Deutschland - Statistiken, Fakten, Diskurse 15. Kino-Tipp: Berliner „African Cinema“ präsentiert „Touki Bouki” 16. Europäisches Auslandsfernsehen auf Arabisch 17. TV-Tipps
1. Schäuble, Häuptling gespaltene Zunge - Innenminister demütigt Migranten Es war einmal ein Innenminister, der die Dinge beim Namen nannte. Er regierte im vergangenen Jahrhundert und sprach, wie es in jenen politisch unkorrekten Zeiten üblich war, vom "Ausländerrecht", das er verschärfen wollte. Den damaligen klaren Auftrag seiner Partei, die "Asylantenflut" zu stoppen, erfüllte er getreulich. Zum Dank durfte der Minister zwar nicht Kanzler werden, wie er hoffte, aber er bekam sein altes Amt zurück. Leider. Denn wie sich bei der Reform des Zuwanderungsrechts zeigt, macht Wolfgang Schäuble genau da weiter, wo er einst aufgehört hat - bei der Ab-schottung Deutschlands gegen Ausländer. Das Einzige, was den jungen Schäuble vom ergrauten Schäuble unterscheidet, ist seine neue Wortwahl. Weil der Christdemokrat ein schlauer Mann ist, gibt er sich up to date. Das erste große Maßnahmenbündel seiner zweiten Amtszeit, das er jetzt im Kabinett durchwinken ließ, nennt Schäuble ein "Gesetz zur Förderung der Integration". Die politisch überkorrekte Sprache, die grüne Politiker in Berlin eingeführt haben, beherrscht auch der konservative Badener inzwischen fast perfekt. Es bereitet ihm kein Problem, statt von Ausländern von Menschen mit Migrationshintergrund zu reden. Was Schäuble aber, trotz gegenteiliger Beteuerungen, nach wie vor nicht hinkriegt: die vielen Millio-nen Migranten, die in Deutschland leben, als Bereicherung zu betrachten und entsprechend zu handeln. Schäubles freundliche Reden und der sogenannte Integrationsgipfel der Kanzlerin sollen das liberale Publikums bezirzen. Dass es sich dabei um billige Täuschungsmanöver handelt, zeigt die beschlossene Gesetzesvorlage. Von einem neuen Geist ist da nichts zu spüren. Im Gegenteil. Es werden neue Hürden bei der Einbürgerung und beim Familiennachzug aufgebaut, die sich ganz gezielt gegen Türken richten. So kann die Integration der größten Migrantengruppe nicht funktionieren. Die türkischen Verbände fühlen sich zu Recht verarscht. Dass Schäuble ihre Proteste wie die Wortmeldung einer x-beliebigen Lobbygruppe abtut, ist zynisch. Er nutzt eiskalt aus, dass viele Migranten, wenn es darauf ankommt, eben keine Lobby haben. Und kein Wahlrecht. aus: taz vom 29.03.2007 (von Lukas Wallraff) Link: www.taz.de/pt/2007/03/29/a0143.1/text
2. Bleiberecht durch Ausbildung - Berliner Flüchtlinge lernen im Hospital Acht ehemals geduldete jugendliche Flüchtlinge beginnen heute im Krankenhaus-Unternehmen Vivantes eine Pflegerausbildung. Gleichzeitig haben vier von ihnen eine befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten. Diese Flüchtlinge profitieren von der neuen, bundesweit gültigen Bleiberechtsregelung. "Endlich haben die Jugendlichen eine berufliche Perspektive", sagte Integrationssenatorin Heidi Knake-Werner am Wochenende. Vier weitere Auszubildende hatten auf Grund anderer Bestimmungen zuvor schon eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Die sechs jungen Männer und zwei Frauen erhielten den Ausbildungsplatz im Rahmen der Entwicklungspartnerschaft "bridge". Das Projekt wird seit Sommer 2005 vom Europäischen Sozialfonds gefördert und soll jungen Flüchtlingen den Einstieg in Ausbildung und Arbeitsmarkt ermöglichen. Das Projekt richtet sich vorwiegend an diejenigen, die ohne gesicherten Aufenthaltsstatus in Berlin leben. Bereits vor einem halben Jahr hatten vier junge Frauen bei Vivantes ihre Ausbildung beginnen können. Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner bezeichnete das Verfahren als "vorbildlich für die Stadt". Es zeige sich, dass Integrationspolitik kluge Köpfe und persönliches En-gagement brauche. Vivantes kooperiert in dem Projekt mit dem Behandlungszentrum für Folteropfer, in dem die Jugendlichen sechs Monate lang kostenlos auf die Ausbil-dung vorbereitet worden waren. aus: Berliner Zeitung vom 02.04.2007 Link: www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/642285.html 3. Deutschkurse zu teuer - Kritik am Zuwanderungsgesetz auch in der Türkei In einem renovierten Altbau mitten in der Innenstadt Istanbuls pflegt man die Kunst der Konversation in deutscher Sprache. „Was habt ihr am Wochenende gemacht?“, fragt Lehrerin Dilek Basak die Teilnehmer eines Fortgeschrittenenkurses am Goethe-Institut. „Ich war im Kino“, kommt eine Antwort. Wenn es nach dem im Bundeskabinett verabschiedeten Zuwanderungsgesetz geht, sollen in der Türkei bald alle nachziehenden Ehegatten zumindest ein wenig Deutsch lernen, bevor sie ihre Heimat verlassen. Besonders für die sogenannten Importbräute aus der Türkei wird das neue Zuwanderungsgesetz wichtig werden – aber wie und wo diese Frauen die neue Sprache lernen sollen, weiß niemand. Von einer angebli-chen Bereitschaft der türkischen Regierung, die Deutschkurse zu bezahlen, ist in der Türkei auch nichts bekannt. Viele Türken vermuten deshalb, dass das Zuwande-rungsgesetz in Wirklichkeit ein Instrument sein soll, um sie aus Deutschland fernzu-halten. Umgerechnet etwa 200 Euro kostet ein zweimonatiger Lehrgang beim Goethe-Insti-tut, das ist viel Geld in der Türkei. Für die Teilnehmer der Konversationsstunde im Goethe-Institut ist die Gebühr zwar kein großes Problem, aber bei ihnen handelt es sich auch nicht um Importbräute. Es seien die „Eliten von morgen“, die sich hier aus-bilden ließen, bestätigt der stellvertretende Institutsleiter Christian Merten. Zu Mertens Kursteilnehmern zählen zum Beispiel Studenten, die vielversprechende Karrieren in der Wirtschaft vor sich haben. Frauen, die sich auf ein neues Leben bei ihrem zukünftigen Ehemann in Deutschland vorbereiten, sind dagegen nicht darun-ter: „Das ist eine Zielgruppe, die sich die Kurse hier gar nicht leisten kann“, sagt Mer-ten. Zudem sitzt diese „Zielgruppe“ nicht in Istanbuler Universitäten und Büros, son-dern in anatolischen Kleinstädten und Dörfern, weit weg von Sprachschulen. Das Goethe-Institut könne zwar grundsätzlich auch in der anatolischen Provinz aktiv wer-den und Kurse anbieten, sagt Merten. Allerdings könne das Institut das nicht alleine leisten: „Die finanzielle Unterstützung der Regierungen“ sei erforderlich. Das könnte teuer werden. Schätzungsweise 15 000 türkische Staatsbürger durften im vergangenen Jahr im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland ziehen. Die meisten sind Männer oder Frauen aus der Türkei, die einen in Deutsch-land lebenden Partner heiraten. In manch einem Fall besteht bei den deutschen Be-hörden der Verdacht, dass es bei den „Importbräuten“ nicht um die große Liebe geht, sondern um den von den Familien arrangierten Nachzug von Verwandten oder Be-kannten. Umgekehrt glauben viele Türken, dass das neue deutsche Zuwanderungsgesetz kei-ne bessere Integration, sondern vielmehr neue Schranken für sie bringen wird. „Wie sollen wir denn Deutsch lernen?“ entrüstet sich der Istanbuler Straßenhändler Izzedin Demir, der aus dem südostanatolischen Siirt stammt. Demir selbst kommt zwar nicht für den Familiennachzug nach Deutschland in Frage, aber ausgesprochen falsch fin-det er die deutschen Pläne trotzdem: „Das ist eine große Gemeinheit.“ Sogar die For-derung nach verbindlichen Türkischkursen für Urlauber aus Deutschland ist auf den Straßen Istanbuls jetzt zu hören. Schon bevor es überhaupt in Kraft treten kann, erhält das neue Zuwanderungsgesetz in der Türkei so den Ruf, ein Gesetz zur Verhinderung von Zuwanderung zu sein. So wie der Möbelschreiner Mahmut Coru denken viele. „Gerade die Deutschen schreien doch immer nach Demokratie, aber das verstößt ja wohl klar gegen die Menschen-rechte“, schimpft der 53-Jährige. „Wenn das Integration sein soll, dann verzichten wir auf Integration.“ aus: Der Tagesspiegel vom 30.03.2007 (von Susanne Güsten, Istanbul) Link: www.tagesspiegel.de/politik/archiv/30.03.2007/3173439.asp# 4. Jugend und Gewalt - ein Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich "Wir haben gewonnen", sagte einer der Jugendlichen damals. Wie das, fragte ihn der Mann vom Fernsehen, inmitten verkohlter Autoskelette, soeben hatten die Jugendli-chen die letzten Reste an Infrastruktur angezündet, die es hier im Norden von Saint-Denis gab. "Weil die Welt auf uns geschaut hat, weil die Polizei kam, und weil der Bürgermeister erstmals aus seinem Rathaus kam." Wann, so fragten seinerzeit die deutschen Medien geradezu mit Angstlust, wann wird es bei uns in Berlin oder Hamburg ähnliche Aufstände geben? 10.000 Autos sind während der Unruhen im November 2005 in Frankreich verbrannt, die Schäden belie-fen sich auf 250 Millionen Euro, 5000 Jugendliche wurden verhaftet, 600 verurteilt. Eineinhalb Jahre später fragt einer der Soziologen, die sich im Centre Marc Bloch in Berlin treffen, um über die Unruhen und die Lage junger Migranten in Deutschland und Frankreich zu reden, den 23-jährigen Abdel Khader, ob sich seitdem etwas ge-ändert habe. "Nein", sagt der Sohn malischer Einwanderer, der in der Cité des 4000 in Saint-Denis lebt, es sei alles beim Alten, Arbeitslosigkeit, Polizeischikanen, Be-schaffungskriminalität... Der schüchterne Schwarze sitzt als eine Art Zeitzeuge auf dem Podium, er war dabei damals, und spricht die ganze Zeit von der Revolution. "Die Revolution war die einzi-ge Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen. Wir hatten Dinge zu sagen, aber wir wussten nicht, wem." Khader war inzwischen mit Hilfe des CVJM ein Jahr in Deutschland, als Hilfspfleger, das war das glücklichste Jahr in seinem Leben, früh aufstehen, arbeiten, abends müde einschlafen. "Jetzt bin ich wieder zu Hause, schlafe tagsüber und hänge nachts draußen rum." Ob er eine Lösung sehe für sich? Die Schule, sagt er, nur die Schule. "Eine gute Ausbildung ist die einzige Chance, rauszukommen." Leider dekonstruierten dann gleich mehrere der anwesenden Soziologen in ihren Vorträgen genau diese Hoffnung. Olaf Groh-Samberg und Ingrid Tucci vom Deut-schen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin wiesen in ihrem Vergleich der sozio-ökonomischen Integration von Jugendlichen in Frankreich und Deutschland darauf hin, dass die Schule selbst zwar noch immer der Ort in der französischen Gesell-schaft sei, in der das große republikanische Versprechen von der égalité aller Bürger gehalten werde. Die Schulabschlüsse der Immigrantenkinder unterscheiden sich kaum von denen der französischstämmigen Jugendlichen. Aber nach der Schule erfahren die Migranten dann, dass ihnen ihr Zeugnis nichts nützt - sie finden keine Jobs, egal ob sie nun gu-te Abschlüsse haben oder schlechte. Den deutschen Türken dagegen macht man hierzulande gar nicht erst die Illusion, dass sie dieselben Chancen haben wie die Deutschen. Keiner verspricht ihnen Gleichheit. Im Gegenteil, sie erfahren bereits an den Hauptschulen, wo ihr Platz ist. Draußen, unten und unter sich. Im direkten Vergleich schneidet Deutschland trotz des außerordentlich geringen An-teils hoher Bildungsabschlüsse unter Deutsch-Türken fast besser ab als Frankreich: Die Jugendarbeitslosigkeit war hierzulande in den vergangenen Jahrzehnten niedri-ger als in Frankreich. Die Armut unter französischen Jugendlichen ist fast doppelt so groß wie unter gleichaltrigen Deutschen. Zudem ist die Segregation am städtischen Rand in Frankreich größer als in Deutschland. Die Banlieues sind viel größer als deutsche Großraumsiedlungen und de facto abgeschottet vom Rest der Stadt. Umso schockierender war, wie häufig die negativen Folgen des dreigliedrigen deut-schen Schulsystems hervorgehoben wurden. Für den Berliner Armutsforscher Martin Kronauer wirkt die Hauptschule wie eine Zentrifuge, die zur sozialen "Entmischung" führe, zur selektiven Abwanderung einkommensstarker Haushalte, was wiederum die Armut bei den Zurückgebliebenen verstärke. Kein Wunder, dass die Hauptschüler in ihrem Verhalten oft ihre Chancenlosigkeit antizipieren und damit wiederum verstär-ken. Etwas ganz Ähnliches ließ sich bei Abdel Khader beobachten. Was er denn davon halte, vom Präsidentschaftskandidaten Nicolas Sarkozy als racaille, also als Gesindel bezeichnet zu werden, wurde er gefragt. Als solches hatte der damalige Innenminis-ter schon im August 2005 die Jugendlichen in den Banlieues beschimpft. "Nein", sagte Abdel, und musste selber lächeln, als er die "feinen Unterschiede" in-nerhalb der Banlieue erklärte, "das Gesindel, das waren die in Argenteuil, mich muss man mit dem Kärcher wegspritzen." Bei einem Besuch der Cité des 4000, dieses Monstrums, das wie ein Architektur gewordener Albtraum der französischen Gesell-schaft in Saint-Denis steht, hatte Sarkozy gesagt, man müsse das ganze Ding von Grund auf "mit dem Kärcher reinigen". So zeigt Khader, dass sich die Jugendlichen die Beleidigungen angeeignet haben wie Brands, wie Marken, die sie voneinander unterscheiden. Von ferne mag das an die Strategie der Schwarzen erinnern, die in den Sechzigern den despektierlichen Ausdruck Nigger plötzlich affirmativ gebrauchten. Allerdings hatten die bürgerbewegten Schwarzen damals genaue Forderungen, und sie waren politisch organisiert. Das Unheimliche an den französischen Unruhen war hingegen, dass es keine Forderungen gab. Keine Sprecher. Nichts. Der Pariser Soziologe Olivier Masclet beschrieb in seinem bestürzenden Vortrag die Banlieue als politisches Waste Land, aus dem sich alle Parteien und sozialen Ver-bände zurückgezogen haben. Als während der Unruhen Bürgerforen einberufen wor-den seien, um die Gründe für den Aufruhr zu erläutern, habe sich kein einziger Ju-gendlicher geäußert, um Forderungen vorzutragen. So sah Masclet die Unruhen auch nur als destruktives Echo auf die Leere und Anomie, die die Banlieues prägen. Martin Kronauer deutete die Unruhen dagegen geradezu optimistisch als Kampf um Anerkennung, darum, wahrgenommen zu werden und die gleichen Rechte zu be-kommen wie alle anderen. In Hinblick auf die ausgebliebene Revolte der deutsch-tür-kischen Jugendlichen sagte er, bedrohlich für eine demokratische Gesellschaft sei nicht die Tatsache, dass Menschen ihre Bürgerrechte einfordern. Im Gegenteil, das könne "der Demokratie einen notwenigen Schub verleihen. Be-drohlich ist vielmehr, wenn die Ausgeschlossenen auf die Verweigerung von Rechten und sozialer Teilhabe nur noch mit eigenem Rückzug und eigener Verweigerung ant-worten können." Gleichzeitig widerlegte er das Gerede von der Parallelgesellschaft. Alle empirischen Untersuchungen widersprächen dem Verdacht, dass die Migranten im großen Stil die Integration verweigerten. Werde ihnen aber längerfristig die Zugehörigkeit verwehrt, "droht in der Tat subkulturelle Abkapselung". Die aktuellen Ereignisse zeigen leider, dass protestierende Jugendliche der Demo-kratie in Frankreich keinen produktiven ,Schub‘ verleihen können: Nachdem es am Dienstagabend in den U-Bahnkatakomben der Pariser Gare du Nord zu massiven Ausschreitungen zwischen Polizei und Jugendlichen kam, sagte der Präsident-schaftskandidat Sarkozy, das beweise abermals, dass man noch härter durchgreifen müsse, während seine Kontrahentin Ségolène Royal entgegnete, Sarkozy sei schuld an allem. Die Zeitung L’Alsace kommentierte die wechselseitigen Vorwürfe mit dem grimmen Satz: "Unsere Politiker werfen sich lieber gegenseitig die Zeitbombe zu, als dass sie versuchen, sie zu entschärfen." aus: Süddeutsche Zeitung vom 30.03.2007 Link: www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/994/107887/ 5. Nationale Identität als Wahlkampfthema in Frankreich - ein Pressedossier Der französische Präsidentschaftskandidat der Rechten, Nicolas Sarkozy, hat mit seinem Vorschlag für ein "Ministerium für Immigration und nationale Identität" eine lebhafte Debatte in Frankreich ausgelöst. Was ist nationale Identität und wie definiert sie sich in Bezug auf Europa? Jean Portante betont in der luxemburgischen Zeitung Le Jeudi, "dass nationale Iden-tität ein unscharfes, nicht klar definiertes Konzept ist, das gute und schlechte Seiten hat. Gewiss hat Ségolène Royal, wenn sie von Nation spricht, Werte wie Laizität, Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit, Gleichheit der Geschlechter, Demokratie und so weiter im Sinn. Aber in welcher Hinsicht sind diese Werte exklusiv französisch? Woher weiß man, dass der andere auf derselben Frequenz funkt wie man selbst? Wie kann ein Minister, so wie jetzt Sarkozy, glauben definieren zu können, was natio-nale Identität bedeutet? Es ist unglaublich schwer und gefährlich zu behaupten, man könne die Identität einer Nation umreißen. Was bedeutet es, französisch, luxembur-gisch, italienisch, deutsch zu sein? Das ist eine philosophische Frage, auf die kein Denker, der diesen Namen verdient, eine definitive Antwort geben kann. Wie können es sich also die Präsidentschaftskandidaten erlauben, das zu tun, ohne demagogisch und unaufrichtig zu sein?" Pierre Veya bedauert in der schweizer Zeitung Le Temps, dass die französischen Präsidentschaftskandidaten sich für den "Rückzug" entschieden haben. "Statt eine Debatte über mögliche Veränderungen zu führen, ziehen sie sich auf eine protekti-onistische Logik zurück, die etwas sehr Mütterliches hat. Sie werfen sich auf die na-tionale Identität, als ob sie sich selbst davon überzeugen wollten, dass das gallische Dorf den Eroberern der modernen Welt Widerstand leistet. Frankreich glaubt immer noch, dass am Ende die ganze Welt so denken wird wie Frankreich. Es vergisst da-bei, dass jedes Land die Vielfalt der Nationen akzeptieren und sich der Welt öffnen muss, um sich weiterzuentwickeln... Tragischerweise verstärkt das französische Be-harren auf der eigenen Identität, das wir gerade beobachten, die Idee, dass es berg-ab geht, weil die Globalisierung uns dazu zwingt. Dabei trägt Frankreich, wie alle an-deren Länder auch, selbst zu seinem Glück oder Unglück bei." Artikel (franz.): www.letemps.ch/template/economie.asp?page=9&article=203767 Françoise Fressoz ist in der französischen Zeitung Les Echos der Ansicht, dass die französische Debatte über nationale Identität "geradezu zwingend ist in einem Mo-ment, in dem sich die Krise nicht nur auf eine, sondern zwei Identitäten erstreckt: die französische und die europäische. Frankreich scheint in der allgemeinen Weltunord-nung nur eine ganz kleine Rolle zuzukommen. Die französischen Präsidentschafts-kandidaten versuchen der französischen Seele zu schmeicheln, indem sie Themen wie Einwanderung ansprechen oder patriotische Lieder anstimmen“, beides kommt in den Umfragen eher schlecht an. Sie werden nicht umhin kommen, deutlich zu ma-chen, wohin sie das Land führen wollen. Und das ist ja auch Ziel einer solchen Wahl: über Frankreich zu reden, wie es sich innerhalb Europas und im Bezug zum Rest der Welt positioniert, seine Schwächen zu benennen, seine Vorzüge herauszuarbeiten, seine Verbündeten und seine Feinde zu identifizieren. Ist der Rahmen abgesteckt, wird es viel einfacher sein, mitzureißende Reden zu halten, in denen auch der fran-zösische Stolz angemessen gewürdigt wird." Artikel (französisch): www.lesechos.fr/info/analyses/4557820.htm aus: euro|topics-newsletter vom 30.03.2007 6. Kopftuch erwünscht - Milli Görüs vergibt Studienstipendien Frauen, die darauf bestehen, an der Uni ihr Kopftuch zu tragen, haben gute Chan-cen, ein Stipendium von Milli Görüs zu erhalten. Die umstrittene Organisation hatte 1.500 islamische Studenten für vergangenen Samstag nach Hagen eingeladen. Der Studententag der "Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs" (IGMG) steht unter dem Motto "Zukunft in der Tradition". Zur Veranstaltung in der Stadthalle Hagen wer-den rund 1.500 Studenten und Abiturienten aus ganz Europa erwartet. Darunter sind viele strengreligiöse Türkinnen, die wegen des Kopftuchverbots in ihrer Heimat in Deutschland studieren wollen. Mit 250 Studienstipendien von monatlich 400 Euro will Milli Görüs ihr Studium an deutschen Hochschulen unterstützen. Bei dem Treffen in Hagen werde es unter anderem "um die Eigenschaften gehen, die in Europa lebende muslimische Studenten besitzen sollten" - heißt es auf der Homepage der IGMG, die ihren Sitz in Kerpen hat. Der WDR-Journalist Ahmet Senyurt verfolgt die Aktivitäten von islamischen Organi-sationen und Islamisten seit Jahren. Im Gespräch mit WDR.de gibt er Auskunft über die Bedeutung der IGMG-Konferenz. WDR.de: Was steht am IGMG-Studententag in Hagen auf dem Programm? Ahmet Senyurt: Das Treffen besteht aus verschiedenen Teilen. Zum einen gibt es ein kulturelles Rahmenprogramm mit Musik und einer Kunstausstellung. Zum anderen werden Reden gehalten. Dazu sind zwei Gäste eingeladen. Einer von ihnen ist der türkische Professor Numan Kurtulmus. Er tritt in Hagen in der Rolle des Akademikers auf. Was in der Einladung aber nicht erwähnt wird, ist seine politische Funktion. Er ist nämlich auch Mitglied in der islamistischen Saadet-Partei, der türkischen "Glückselig-keitspartei" und Kolumnist in der türkischen Tageszeitung "Milli Gazete". Kurtulmus gilt als einer der Kronprinzen von Necmettin Erbakan, dem Gründer der türkischen Milli-Görüs-Bewegung. Das ist eine islamistische Organisation und Teil der Saadet-Partei von Erbakan. Kurtulmus war einer der Hauptorganisatoren der Anti-Papst-De-monstration in Istan-bul, als Papst Benedikt XVI. dort zu Gast war. Mit von der Partie war damals auch ein weiterer Abgeordneter der Saadet-Partei: Osman Yukmakogul-lari. Er war bis Mitte der 1990er Chef der deutschen Milli Görüs. WDR.de: Unter den 1.500 eingeladenen Studenten sollen 250 Stipendien verteilt werden. Wissen Sie nach welchen Kriterien das geschieht? Ahmet Senyurt: Nein, das ist mir nicht bekannt. Aber ich bin gespannt, ob tatsächlich 1.500 Studenten nach Hagen kommen. Denn 2003 hatte der deutsche Milli-Görüs-Ableger IGMG nach eigenen Angaben noch 800 studentische Mitglieder. Das würde eine enorme Steigerung bedeuten. Milli Görüs verzeichnet seit einigen Jahren auf al-len Ebenen einen Mitgliederschwund. Es hatte einen Wirtschaftsskandal gegeben, bei dem in Moscheen von Milli Görüs Geld von den Gläubigen abgezockt wurde. Das hatte natürlich zu einem Imageschaden geführt. Außerdem kann die Mehrheit der jungen Muslime mit den Wohlfahrtsangeboten des politischen Islams nicht viel anfan-gen. Denn wer zum Beispiel in Deutschland Abitur gemacht hat, der braucht im Stu-dium keine sprachliche Unterstützung mehr. Seit Anfang des Jahres war ich persön-lich auf verschiedenen lokalen Veranstaltungen von Milli Görüs. Dabei habe ich fest-gestellt, dass dort, wo Milli Görüs früher vor 1.000 oder 1.200 Leuten aufgetreten ist, heute noch 300 Personen sitzen. WDR.de: Ist die IGMG-Konferenz in Hagen ein Novum? Ahmet Senyurt: Das ist nichts Neues. Solche Veranstaltungen macht Milli Görüs schon seit Jahren erfolgreich - etwa in Österreich und in den Niederlanden. Auch die Studentenabteilung, die in Hagen als Organisator auftritt, gibt es schon seit rund zehn Jahren. WDR.de: Welches Ziel verfolgt Milli Görüs mit dem Treffen? Ahmet Senyurt: Hinter der Fassade des Studententages geht es um knallharte Inter-essenspolitik. In Hagen weisen die Spuren eindeutig in die Türkei. Wir haben in der Türkei Wahlkampf. Die 250 Stipendien bieten Necmettin Erbakan eine Propaganda-möglichkeit. Seine Saadet-Partei steht in Konkurrenz zur Regierungspartei AKP. Die-se ist mit dem politischen Ziel angetreten, das Kopftuchverbot an den türkischen Uni-versitäten aufzuheben. Aber die AKP hat sich damit bis heute nicht durchgesetzt. Auch die Töchter von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan studieren nicht in der Türkei, sondern im Ausland. Jetzt kann Erbakan im Wahlkampf mit der Aussage punkten: Wir vergeben Stipendien an Frauen, die in der Türkei nicht studieren dürfen, weil sie das Kopftuch nicht abnehmen. Wir holen unsere Schwestern nach Europa und lassen sie dort studieren. WDR.de: Der NRW-Verfassungsschutz beobachtet Milli Görüs. Ist die Organisation gefährlich? Ahmet Senyurt: Gefährlichkeit ist immer relativ. Milli-Görüs vertritt zwar eine ultraor-thodoxe Tradition des Islam, aber sie macht keine islamistischen Terroranschläge. Sie betreibt hingegen durch ihre Abschottungspolitik eine Teilung der deutschen Ge-sellschaft. Sie versuchen sich in Stadtteilen Inseln aufzubauen, um dort mit ihren Re-geln zu dominieren. Sie sagen zu den türkischen Frauen nicht, du musst jetzt ein Kopftuch tragen. Aber es entsteht ein Klima, in dem eine solche Erwartungshaltung entsteht. Necmettin Erbakans Milli Görüs vertritt eine Überlegenheitsideologie, die die Welt in muslimisch und nichtmuslimisch einteilt. Das Nichtmuslimische gilt es zu bekämpfen, umzuwandeln, zu transformieren. Das ist eine Aufgabe. Der Hauptfeind ist ein wirres antisemitisches Zerrbild von dem Juden. Die Milli Görüs Ideologie wird nicht mit Waf-fengewalt durchgesetzt, sondern in einem Kampf um die Köpfe. Die Milli Görüs Be-wegung versucht, eine Parallelgesellschaft aufzubauen und diese zu dominieren, um daraus politische Macht abzuleiten. Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs ist Teil der erbakanischen Bewegung. Bisher haben sich ihre Funktionäre nicht von der türkischen Mutterorganisation emanzipieren können - oder wollen. aus: WDR.de vom 3.03.2007 (Interview von Dominik Reinle) Link: www.wdr.de/themen/politik/nrw/islamistische_organisationen/070330.jhtml? rubrikenstyle=politik 7. Fundamentalismus global: Sweet Jesus verbittert New Yorks Katholiken Ist es Jesus? Ist es der Osterhase? Ein wenig zu wörtlich genommen hat eine New Yorker Galerie die österliche Botschaft: Sie wollte einen "Süßen Herrn Jesus" aus-stellen, ganz aus Milchschokolade, in Kreuzigungspose mit ausgestreckten Armen, unbekleidet. Aber nach einer Welle von Protesten bekam das Roger Smith Hotel, in dem die Galerie untergebracht ist, schokoeiskalte Füße und blies die süße Kreuzi-gung ab - zum Ärger von Matt Semler, dem Galerie-Direktor, der zurücktrat. Schöpfer von "My Sweet Lord" ist der einschlägig bekannte Künstler Cosimo Cavalla-ro. Er schuf bereits ein Bett aus 300 Pfund gepökeltem Schinken, bemalte einmal ein Hotelzimmer mit geschmolzenem Mozzarella und begrub ein Haus in Wyoming unter fünf Tonnen Pfefferkäse. Gepfeffert waren auch die Reaktionen auf den lebensgroßen, rund hundert Kilo schweren Schoko-Jesus. Nach ersten Berichten über das Vorhaben brach eine Welle von Protesten über das Hotel und die Galerie herein. Beide wurden von tausenden von E-Mails und Anrufen überschwemmt, es gab sogar Morddrohungen gegen den Künstler. Vor allem ärgern sich viele der fünf Millionen New Yorker Katholiken, dass der "485 000-Kalorien-Messias" nicht nur nackt ist wie der Osterhase, sondern auch noch "anatomisch korrekt". Dass die Aktion in der Karwoche vom heutigen Montag bis Ostersonntag stattfinden sollte, war dann nur der Kakaotropfen, der den Fondue-topf zum Überlaufen brachte. Der New Yorker Edward Kardinal Egan empörte sich über die "krankmachende Zurschaustellung". Kiera McCaffrey von der "Catholic Lea-gue" sagte, dies sei einer der "schwersten Angriffe auf christliches Empfinden, die es jemals gegeben hat". Niemand würde sich trauen, eine nackte Mohammed-Figur aus Schokolade aufzustellen oder einen nackten Martin Luther King. Die League rief zum Boykott des Hotels auf - und hatte Erfolg. Cavallaro, ein Katholik, der schon seit 2005 mit dieser Idee spielt, hatte zunächst die New Yorker aufgefordert, ein Stück aus seinem Jesus zu beißen. Das sei aber ein Scherz, korrigierte er sich hurtig und versprach, nun zehn Ave Marias zu beten. Gale-riedirektor Semler sagte, man habe "aus Sicherheitsgründen" nachgegeben. Er sei aber enttäuscht, da die Skulptur Leuten zum Opfer gefallen sei, die sie gar nicht ge-sehen und voreilig Schlüsse gezogen hätten. Ob der Schoko-Jesus nun eingeschmolzen wird, ist unklar. Der Künstler würde ihn gern anderswo aufstellen. Nur wo? Denn wenn sich in New York keiner traut, dann findet sich in den USA erfahrungsgemäß auch sonst niemand. aus: Berliner Zeitung vom 02.04.2007 (von Eva Schweitzer) Link: www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/feuilleton/642135.html? 8. Augsburg, 04./05.05.2007: „Wir und die Anderen?“ - Interkulturelle Tagung Eine der wichtigsten Herausforderungen auf dem Weg zu einem erfolgreichen Zu-sammenleben ist die entsprechende Ausrichtung aller Bildungsinstitutionen auf die interkulturellen Wirklichkeiten der pluralen Gesellschaft. Ziel dabei soll sein Chancen-gleichheit und Inklusion, unabhängig von Geschlecht und sozialer, kultureller oder re-ligiöser Herkunft. Nicht nur im „Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle“ sind die Sicherung von Bildung, die Herstellung von Chancegleichheit und der Erwerb von interkulturel-ler Kompetenz notwendige Voraussetzungen für die soziale, kulturelle und ökono-misch-wirtschaftliche Zukunftssicherung unseres Landes, in Europa und in einer glo-balisierten Welt. Vor diesem Hintergrund findet in Augsburg am 4. und 5. Mai 2007unter dem Titel „Wir und die Anderen? - Interkulturalität, Bildung und Chancengleichheit in der Mi-grationsgesellschaft im dortigen Tagungszentrum im Annahof eine Interkulturelle Fachtagung statt. Informationen zum Programm und zur Anmeldung gibt es unter: www.bfz.de/wwwpu broot/Standorte/bfz_Augsburg/News/interkulturelle_fachtagung_2007.rsys 9. Hamburg, 03.04.2007: Kundgebung gegen Abschiebung von Flüchtlingen (BIM) Der Hamburger Ausschuss Bleiberecht der Gewerkschaft Erziehung und Wis-senschaft ruft zu einer Kundgebung am morgigen Dienstag, 03.04.2007, auf dem Rathausmarkt auf. Die Kundgebung, die um 15.00 Uhr beginnt, richtet sich gegen die Abschiebung von Flüchtlingen nach Afghanistan und andere Länder, in den „Krieg, Elend, politische bzw. gesellschaftliche Unterdrückung herrschen.“ Höhepunkt wird um 17.00 Uhr die Bildung einer Menschenkette rund um das Ham-burger Rathaus sein. Kontakt über: bleiberecht-gewhh@gmx.de 10. Oldenburg, 12./14.04.2007: Konferenz “Migration, Islam and Masculinities“ Das Thema der Konferenz „Migration, Islam and Masculinities: Transforming Emigra-tion and Immigration Societies“, die vom 12. bis zum 14.04.2007 an der Carl von Os-sietzky Universität Oldenburg stattfinden wird, bezeichnet im Wesentlichen ein For-schungsdesiderat. Es liegen zwar inzwischen einzelne Untersuchungen aus der Migrationsforschung vor, in denen Männlichkeit als Analysekategorie herangezogen wird. Diese stehen je-doch im Widerspruch zum Mainstream der Männlichkeitsforschung, in dem die sozia-le Analyse von Machtverhältnissen eine wesentliche Rolle einnimmt und das Augen-merk auf die Beziehung unterschiedlicher Platzanweiser in Bezug auf Klasse, Ethnie, sexuelle Orientierung, Alter usw. gerichtet ist. In der Maskulinitätsforschung wird das Thema Migration eher beiläufig erwähnt. Mi-grantische Maskulinitäten als eigenständiges Thema werden kaum behandelt. Die Erforschung ethnischer und nationaler Unterschiede von Männlichkeiten bildet eine Leerstelle nicht nur in der deutschen Forschung. Das trifft in besonderer Weise für die Untersuchung muslimisch-migrantischer Maskulinitäten zu. Ein spezifisches (For-schungs-)Interesse ist erst im Kontext der Anschläge des 11. September 2001 zu Verzeichnen. Hierbei wird vor allem der Unterschied zwischen westlicher und musli-mischer bzw. migrantischer Identität zum Gegenstand. Obgleich Migrationserfahrun-gen konstitutiv für die Biographien vieler Islamisten sind, wurden sie in der Forschung bislang vernachlässigt. Ebenso wie der diasporische Islam, wie er sich in vielen Ge-sellschaften etabliert hat und der Zusammenhang von Diaspora und der Konstruktion von Maskulinitäten. Die Konferenz unternimmt den Versuch, Forschungsergebnisse aus den Bereichen „Migration und Maskulinität“ sowie „Maskulinität und Islam“ zu verknüpfen. Der analy-tische Blick auf das Feld „Migration, Islam und Maskulinitäten“ soll interdisziplinär sein und die Bestandteile gleichwertig berücksichtigen. Eine theoriegeleitete Debatte ist ausdrücklich erwünscht. Die Konferenz wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Nieder-sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur ge-fördert. Sie wird geleitet von Dr. Lydia Potts, Dr. Dursun Tan, Dr. Maria do Mar Castro Varela, Dr. Nikita Dhawan und Martina Kamp, MA. Sie wird in englischer und deutscher Sprache abgehalten. Mehr Informationen zum Programm und zur Anmeldung: www.masculinities.de, Kon-takt über: dursun.tan@uni-oldenburg.de und lydia.potts@uni-oldenburg.de 11. Potsdam, 13.04.2007: „Verhältnis der Religionen zu den Grundrechten“ (BIM) Die dritten „Berliner Gespräche zum Verhältnis von Staat und Religionsge-meinschaften“ der Humanistischen Union sind in Potsdam zu Gast. Auf der ganztä-gigen Tagung am Freitag, 13. April 2007, werden im Brandenburgsaal der Staats-kanzlei in Potsdam drei Referenten zum Verhältnis der Religionen und Weltanschau-ungen zu den grund- und menschenrechtlichen Regeln in Deutschland sprechen: Prof. Dr. Dr. hc. Hasso Hofmann von der Juristischen Fakultät der Berliner Humboldt-Universität zum Thema „Christlich-weltanschauliche Traditionen und Verfassungs-werte“, Prof. Dr. Rolf Schneider vom Lehrstuhl für Praktische Theologie und Religi-onspädagogik der Humboldt-Universität zu „Religionen in der pluralistischen Gesell-schaft“ und Prof. Dr. Bernhard Schlink von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu „Religionen, Weltanschauungen und die Grundrechte des Grundgeset-zes“. Die jeweils anschließenden Diskussionsrunden sollen Raum bieten für eine sachli-che, religionspolitisch unvoreingenommene Auseinandersetzung. Den Abschluss der Tagung bildet eine Podiumsdiskussion, auf der Vertreter der großen Religionsge-meinschaften und atheistischer Gruppierungen miteinander diskutieren. Informationen zum Programm und zur Anmeldung gibt es unter: www.politische-bildung-brandenburg.de/programm/veranstaltungen/2007/tagungsflyer13april.pdf 12. BMI-Wettbewerb 2007: „Muslime in Deutschland - deutsche Muslime“ Studierende (deutsche und ausländische) deutscher Hochschulen sowie deutsche Studierende im Ausland können sich an einem Wettbewerb des Bundesinnenminis-teriums (BMI) beteiligen und Arbeiten in einer der drei Kategorien wissenschaftliche Arbeit, Essay/Reportage oder Fotografie einreichen. Es werden insgesamt Preise in Höhe von 15.000 Euro vergeben, jeweils erste, zwei-te und dritte Preise in Höhe von 2.500 Euro, 1.500 Euro und 1.000 Euro in den drei genannten Kategorien. Die Auswahl trifft eine unabhängige Jury namhafter Vertreter unterschiedlicher Disziplinen. Die Preisverleihung findet im Spätherbst 2007 in Berlin statt. Einsendeschluss ist der 15. Juli 2007. Mehr Informationen unter: www.bmi.bund.de/cln_012/nn_122688/Internet/Content/ Themen/ Politische__Bildung/DatenundFakten/StudierendenWettbewerb__2007.html 13. Arbeitspapier des ICEP: „Migration und Integration als Herausforderungen“ Die anhaltenden Migrationsbewegungen nach Europa und die Folgen verpasster In-tegrationschancen von Flüchtlingen und Zuwanderern sind seit Jahren Themen auf der politischen Agenda und werden zu einer zunehmenden Herausforderung für die europäischen Gesellschaften. Das jetzt von Stefan Kurzke-Maasmeier vom Berliner Institut für christliche Ethik und Politik (ICEP) vorgelegte Arbeitspapier „Migration und Integration als Herausforde-rungen einer verantwortlichen Gesellschaft“ nimmt beide Herausforderungen in den Blick: Migration und Integration. Dazu werden die derzeit prominenten Debatten in diesem Feld der Gesellschaftspolitik angerissen, die rechtlichen wie sozialen Bedin-gungen und Beschränkungen sog. illegaler Migranten und minderjähriger Flüchtlinge beleuchtet um schließlich Grundlagen und Aufgaben verantwortlicher Migrations- und Integrationspolitik zu skizzieren. Abschließend werden die vorab diskutierten The-sen in Form politischer Handlungsempfehlungen ausbuchstabiert. Der Autor plädiert dafür, innovative und kohärente Migrationspolitik nicht länger ausschließlich als Ordnungspolitik mit dem Ziel von Abwehr und Grenzsicherung, sondern vielmehr als Integrationspolitik zu gestalten. Zum Download des Arbeitspapiers: www.icep-berlin.de/fileadmin/templates/images/ argumente_Arbeitspapiere/Kurzke-Maasmeier_Migration_und_Integration.pdf 14. Buch-Tipp: Migranten in Deutschland - Statistiken, Fakten, Diskurse In der Migrationsforschung nimmt die Untersuchung von institutionellen Diskriminie-rungen bisher nur einen kleinen Teil ein. Das Leipziger Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Helena Flam schließt diese Lücke durch diesen kritischen Über-blick über relevante Diskriminierungstheorien und -studien. Ausführlich werden außerdem die Untersuchungen und Ergebnisse des EU-For-schungsprojekts in den Bereichen Bildungssystem und Arbeitsmarkt vorgestellt. Wei-tere Kapitel beschäftigen sich zudem mit dem historischen, gesellschaftlichen und politischen Kontext zur Situation der Migranten in Deutschland. Die Autorin, Helena Flam, ist Professorin für Soziologie an der Universität Leipzig. Zwischen Ende 2002 und Anfang 2006 leitete sie den deutschen Teil des EU-geför-derten, europäischen Projektes zu Diskriminierung und Rassismus. Das Buch von Helena Flam „Migranten in Deutschland - Statistiken, Fakten, Diskur-se“ (ISBN 3896696726) ist in diesem Jahr in der Konstanzer UVK Medien Verlagsge-sellschaft erschienen und kostet 19,90 Euro. Es kann portofrei bezogen werden über die "vorwärts:buchhandlung + antiquariat" im Willy-Brandt-Haus, Stresemannstraße 28, 10963 Berlin (www.vorwaerts-ba.de), Telefon: 030/25299-871, Fax: 030/25299-872, E-Mail: info@vorwaerts-buchhandlung.de 15. Kino-Tipp: Berliner „African Cinema“ präsentiert „Touki Bouki” (BIM) Auch in diesem Jahr präsentiert ONE AFRICA e. V. den BerlinerInnen und Gästen der Stadt das „African Cinema“. Die Filme werden jeweils mittwochs um 20.00 Uhr auf einer Großleinwand in Origi-nalversion mit Untertiteln im Lumumba-Club gezeigt. Der Lumumba-Club befindet sich in der Karl-Marx-Allee 35, in 10178 Berlin-Mitte neben dem Kino International (U5 Schillingstraße, U2 Alexanderplatz). Während der Veranstaltung ist die Bar ge-öffnet, man genießt die Filme in Clubatmosphäre. „African Cinema“ startet am 04.04.2007 mit dem Film „Touki Bouki“. Der 1973 im Senegal hergestellte Film gilt als der große Klassiker des afrikanischen Kinos. Er handelt von Mory und Anta, die davon träumen, nach Paris ins „verheissene Land“ zu gehen, das Josephine Baker besungen hat. 16. Europäisches Auslandsfernsehen auf Arabisch "Der arabische Sprachraum [ist] so etwas wie ein Paradies für Nachrichtensender", stellt Peter Sturm anlässlich des Starts des arabischen Programms des deutschen Auslandssenders Deutsche Welle fest. "Die großen Auslandssender veranstalten zur Zeit ein wahres Wettrennen um die Gunst arabischer Zuschauer. Am gleichen Tag wie die Deutsche Welle beginnt France 24 mit Programmen in arabischer Sprache, was aber Zufall sein soll. Die Amerikaner sind mit 'Al Hurra' schon einige Jahre im Markt, und zwar erfolgreicher, als arabische Regierungen jemals zugeben werden, heißt es bei der Deutschen Welle. Im Herbst schließlich wird der Markteintritt des größten Konkurrenten, der BBC, erwartet...Und obwohl sie alle hervorheben, sie woll-ten nicht predigen und missionieren, kommt doch unterschwellig immer heraus, dass es der Freiheit in den arabischen Staaten nur guttun könne, wenn ein Auslandssen-der in aller Unschuld erläutere, wie Politik in Europa funktioniert. Viren, auch der Vi-rus Demokratie, entwickeln schnell ein Eigenleben." aus: |