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Roma vor der Abschiebung |
http://www.ad-hoc-news.de/roma-vor-der-abschiebung--/de/News/21619420
Roma vor der Abschiebung 22.09.10 | 21:36 Uhr Familie Baruti ist verzweifelt. Im Kosovo-Krieg waren die Roma nach Deutschland geflohen, elf Jahre später droht ihnen jetzt die Abschiebung. 'Wir müssen zurück', sagt Bari Baruti, Vater von fünf Kindern und wohnhaft im thüringischen Gotha. In der Hand hält er das Schreiben des Familienanwalts. Gotha (dapd). Ihre wohl letzte Chance, der Asylantrag für den herzkranken, sieben Monate alten Muhammet, wurde vor wenigen Tagen abgelehnt. Die bisherige Duldung der Familie kann nun jederzeit beendet werden. Dann müssen sie zurück in den Kosovo, vielleicht auch nach Serbien. Seitdem herrscht im Wohnzimmer eine gedrückte Stimmung. Mutter Habije streicht sich die ersten Tränen aus den Augen. 'Für uns ist es ein Zurück in die Katastrophe', sagt sie. 'Uns wollen sie nicht im Kosovo und nicht in Serbien', sagt ihr Mann. Aus purer Not hatte das junge Paar 1999 den Kosovo verlassen. 'Ich habe Leid und viele Tote gesehen', berichtet Habije über den Krieg und ihre Verfolgung in Mitrovica. Ihr Haus wurde ihnen weggenommen. 'Eine Woche mussten wir uns im Keller verstecken.' Dann folgte die Ausreise. Immer wieder ringt die 30-Jährige mit den Worten. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums leben derzeit etwa 13.000 ausreisepflichtige Personen aus dem Kosovo in Deutschland, darunter rund 8.500 Roma. Erst zum 1. September trat ein neues Rückübernahmeabkommen zwischen Deutschland und der Republik Kosovo in Kraft. Darin werden Massenabschiebungen abgelehnt. Die schrittweise Rückführung soll dagegen fortgesetzt werden. Die Regelung entspräche den modernen europäischen Standards, heißt es. Derzeit bestünde im Kosovo allein aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie keine unmittelbare Gefährdung, erklärte ein Sprecher. Bislang mussten in diesem Jahr etwa 100 Roma aus Deutschland in den Kosovo zurückkehren. Detaillierte Zahlen für Thüringen liegen nicht vor. Unterdessen ruft Vater Bari im Internet Fernsehberichte aus dem früheren Kriegsland ab. Roma-Kinder suchen in Müllbergen nach Essbarem, erzählen von ihrem Leben in einfachen Wellblechhütten oder Zeltlagern. Fassungslos starrt die Familie auf den Bildschirm. 'Wie sollen wir dort leben?' fragt Bari Baruti. Er kann nur mit den Achseln zucken. 'Wenn wir zurückgehen, bekommen wir keinen Euro.' Roma fänden im Kosovo keine Arbeit, würden weiter diskriminiert und gesellschaftlich isoliert. Ein Sozialsystem wie in Deutschland gebe es nicht. Bis auf eine Schwester hätten alle Verwandten das Land verlassen. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef hält Roma im Kosovo für die 'die ärmste Volksgruppe im ärmsten Land Südosteuropas'. Einer aktuellen Studie zufolge leben dort zwei Drittel der Roma-Kinder in Armut, jedes dritte Kind hat nicht ausreichend zu essen. Drei von vier aus Deutschland zurückgekehrten Kindern besuchen im Kosovo nicht mehr die Schule. Als ethnische Minderheit werden sie ausgegrenzt und benachteiligt. Deshalb forderte Unicef für in Deutschland aufgewachsene Kinder wie die der Barutis unlängst ein dauerhaftes Bleiberecht. Antje-Christin Büchner vom Flüchtlingsrat Thüringen betreut die Barutis. 'Der Vater hat zahlreiche Bewerbungen geschrieben', bestätigt sie. 'Doch mit einer Duldung, die immer nur einen Monat gilt, nimmt ihn kein Chef.' Die Mutter sei seit dem Krieg psychisch schwer erkrankt. Trotzdem habe die Ausländerbehörde keine Aufenthaltserlaubnis erteilt. 'Es ist eine Einzellfallentscheidung', sagt Büchner. Seit ihrer Flucht nach Deutschland wechselten die Barutis zehn Jahre lang von Heim zu Heim. Zuletzt lebte die Familie zu siebt in zwei Zimmern. Ihre jetzige und erste eigene Wohnung mit etwa 80 Quadratmetern in einer einfachen Wohngegend Gothas bezog die Familie vor etwa sechs Monaten. 'Alle Kinder sind hier in Deutschland geboren', sagt Habije. 'Sie gehen hier zur Schule, haben ihre Freunde hier.' Sie sprächen besser Deutsch als Albanisch. Die größten Sorgen macht sich die Mutter um den kleinen Muhammet. 'Eigentlich müssen wir mit ihm regelmäßig zur Kontrolle', sagt die Mutter. Doch im Kosovo habe sie kein Vertrauen sondern Angst vor den Ärzten.
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