Grünen-Fachgespräch
„Ausgegrenzt-Leben in der Illegalität“
am 27.04.07 im Hess. Landtag In der Eröffnungsrede betonte Grünen-MdL Jürgen Frömmrich, dass es bisher durchaus viele Statements und Meinungen zu dem Problem gebe, aber sich noch keine wirkliche Lösung abzeichne. Er hoffe, die Tagung würde da einen Schritt weiter kommen. Dann erläuterte Jean-Claude Diallo, Integrationsdezernent in Frankfurt, welche Ansätze es gebe. Besonders interessant sei, was man in München praktiziere, wo dank der Maßnahmen des Magistrats die Gesundheitsvorsorge Illegaler weitgehend sichergestellt sei. Virginia Greiner von dem Verein „African Women Maisha e.V.“ erzählte von den Erfahrungen der Afrikaner-Beratung in Ffm. Die Beratungsstelle sei einmal in der Woche für das Publikum geöffnet, und zwar seit 5 Jahren. Es kämen abgelehnte Asylbewerber, Touristen, die kein gültiges Visum hätten etc. Sie betont, dass die meisten Illegalen vorher irgendwann einmal legal waren. Stets gehe es zunächst darum, eine Vertrauensbasis herzustellen, ehe man Hilfe anbieten könne. Die schlechte Situation der Illegalen führe einerseits zur Ausbeutung am Arbeitsplatz durch Billiglöhne, anderseits zu chronischen Krankheiten. Frau Greiner sagte, die Beratungsstelle werde von mehreren Frankfurter Ämtern finanziert. Der Geschäftsführer und Justiziar des Kommisariats der katholoschen Bischöfe in Hessen, Dr. Guido Amend, ging davon aus, dass 30 Prozent derjenigen, die bei der katholischen Kirche Rat und Hilfe suchten, illegal sind. Er betonte, eine mondiale Sicht sei nötig, um der Migration zu begegnen. In diesem Zusammenhang könne das Konstrukt eines Weltübrgers helfen, nationale Beschränkungen zu überwinden. Die Probleme der Migration seien ein „schmerzhafter Aufruf zur Brüderlichkeit“. Besonders problematisch sei jedoch die Erpressbarkeit der Illegalen aufgrund ihrer eingeschränkten Geschäftstüchtigkeit. Es sei wichtig, dass Kinder von Illegalen die Möglichkeit zum Schulbesuch hätten. Dasselbe gelte für den Kindergarten. Wichtig sei es zudem, die Öffentlichkeit aufzuklären, um irrationale Ängste zu überwinden. Prof. Dr. Annegret Will stellte die Ergebnisse einer Studie zur Gesundheitsversorgung Statusloser vor. Von denen gebe es allein in Ffm. ca. 25.000 bis 30.000. Wenn diese Illegalen oder Statuslosen ernstlich krank werden, bringt das, so die Studie, das fragile Gebäude der Lebensgestaltung oft zum Einsturz, denn es ist nicht leicht, Hilfe zu bekommen, ohne aufzufallen. Das Leben in der Illegalität sei riskant. Die Probleme, die von der Ernährung und von den Arbeitsbedingungen herrührten, verursachten eine permanente Stresssituation. Chronische und exzessive Krankheiten seien nicht selten. Das gelte auch für Kinder. Um sich nicht zu gefährden, wendeten sich kranke Statuslose an eigene Netzwerke, z.B. Bekannte, Beratungsstellen, kirchliche Hilfsorganisationen wie Caritas, Malteser etc. Kritisch werde es, wenn ein stationärer Klinikaufenthalt unausweichlich sei, denn in diesem Fall sei die Gefahr der Entdeckung groß. Die Rednerin forderte deshalb, die Krankenhäuser müssten in das Netzwerk für Flüchtlinge einbezogen werden. Ralf Fodor, Rechtsanwalt und Mitverfasser eines Rechtsgutachtens über das Recht von Kindern Statusloser auf Bildung referierte über rechtliche Probleme, die es weiterhin gebe trotz des neuen Zuwanderungsgesetzes, das seit 2001 gilt.Denn die illegale Einwanderung werde von diesem Gesetz nicht erfasst. In Deutschland gebe es ca. 1 Mio. Menschen ohne Status. Obwohl auch sie durchaus Rechte hätten, nähmen sie diese oft nicht wahr aus Angst vor einer Abschiebung. In vielen Fragen herrsche Rechtsunsicherheit. Während es nach hessischem Landesrecht z.B. kein Schulrecht für Kinder gebe, da diese Verfassung an den Aufenthaltsstatus anknüpfe, gewähre Artikel 2 der Europ. Menschenrechtskonvention durchaus einen Anspruch von Kindern auf Bildung. Allerdings mangele es an einer einheitlichen Umsetzung dieses Artikels durch entsprechende Gesetze. Besonders gefährlich für Illegale sei die Mitteilungspflicht gegenüber der Ausländerbehörde. Allerdings gelte für Schulleiter, das eine Miteilung nur nötig ist, wenn er „positive Kenntnis“ von der Illegalität des Schulkindes hat. Ein Schulleiter ist aber nicht zum Erwerb dieser Kenntnis gezwungen. Schwieriger ist die Situation bei den Kindergärtnerinnen, denn in den Kindergärten gilt eine Anmeldeverpflichtung mit Statusangabe. Alle Versuche, die Mitteilungspflicht und die Strafbarkeitsandrohung abzuschaffen, sind bisher gescheitert, vor allem deshalb, weil die CDU nach wie vor alle Versuche in dieser Richtung blockiert. Im Anschluss an die Einzelreferate gab es eine lebhafte Diskusion, die sich aufgrund der Anwesenheit zahlreicher Praktiker der Flüchtlingsarbeit spannend und innovativ gestaltete.. Eine der wichtigsten Fragen war, wie man bei der Gesundheitsversorgung der Statuslosen eine gesetzliche Rgelung finden kann. Beispielhaft aufgeführt wurde in diesem Zusammenhang die Migrantenambulanz in Darmstadt, die von Malteser und Kardinal Lehmann mitgetragen wird. Dort entstehen für die Migranten nur dann Kosten, wenn schwierige Fälle auftreten. In diesem Fall springt eine Organisation oder Einzelperson aus dem Flüchtlingsnetzwerk ein. Diskusionsteilnehmer forderten in diesem Zusammenhang, dass staatliche Hilfe sich nur an der Hilfebedürftigkeit, aber nicht am Status der Person orientieren müsse. Gefordert wurde außerdem die vermehrte Zurverfügungstellung von Schutzräumen für schwangere Frauen und für Schwerkranke, damit diese in der Lage sind, sich auf die Heilung der Krankheit zu konzentrieren ohne den Stress wegen illegalem Auenthalt. Ein Diskussionsteilnehmer forderte die Politiker zu größerem Engagement für statuslose Menschen in Deutschland. Es gelte, Bedingungen zu schaffen, unter denen Hilfe für diese Bevölkerungsgruppe als legal und positiv angesehen werde. Manfred Volbers
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