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Farbe bekennen gegen Extremismus und Gewalt

Wetzlarer Freibad-Streetworker:

Farbe bekennen gegen Extremismus und Gewalt


Wetzlar (red) Die Wetzlarer Freibad-Streetworker waren sehr erstaunt, als sie ihre Arbeit in einer regionalen rechtsextremistischen Homepage lobend beschrieben fanden. Dort hatte man einfach einen Zeitungsbericht über den gewaltfreien Einsatz der Streitschlichter, die bewusst gemischt-ethnisch und interkulturell arbeiten in ein Pamphlet mit ausländerfeindlichem Hintergrund umgeschrieben. „Wir wollen keinen Zweifel an unserer demokratischen, gewaltfreien und multikulturellen Arbeit aufkommen lassen“, so votierte das Streetworkerteam einmütig. Gemeinsam entschieden sie, Mitglied im bundesweiten ‚Bündnis für Demokratie und Toleranz gegen Extremismus und Gewalt’ zu werden und dort mit ihrem Projekt anzudocken. „Das aktive Mitwirken im lokalen Bündnis ‚Wetzlar bunt statt braun’ soll auch in der Region zeichenhaft verdeutlichen, wo wir hingehören“ so kommentierte man im Leitungsteam die zweite Entscheidung der Projekt-Mitarbeiter. Die Evangelische Kirchengemeinde Niedergirmes, Rechtsträger des Streetworker-Projektes, strebt eine Mitgliedschaft in der ‚Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus’ an, ein Netzwerk, das Kirche als Ort des Widerstandes gegen nationalistische, fremdenfeindliche und rassistische Weltbilder stärken will.

Auch die Reporterin, die das Feature über das Streetworker-Projekt geschrieben hat, ist mit den Verantwortlichen ihrer Presseagentur im Gespräch, ob man gegen den Missbrauch ihres Artikels -immerhin wurden ganze Textpassagen verwendet, aber inhaltlich für Hetze gegen Migranten missbraucht- vorgehen wird. Weitere Informationen gibt es beim Begleiter des Streetworker-Projekts, Diakon Harald Würges c/o. Evangelische Kirchengemeinde Niedergirmes, Telefon 0177 3909640.





 

Ehrenamtliche Streitschlichter im Schwimmbad »Domblick«

Wetzlar (dapd-hes). Manchmal ist es nur ein Streit um einen Ball, der außer Kontrolle gerät. Und an heißen Tagen kommt es in überfüllten Schwimmbädern immer wieder zu Prügeleien und Gewalttaten, Diebstähle häufen sich.

Iris Geyer und Jens Grölz gehören zu den ehrenamtlichen Streitschlichtern im Freibad »Domblick«. Sie wollen für eine friedliche Atmosphäre sorgen und Streitigkeiten verhindern. (Foto: dapd)

In Wetzlar war vor einiger Zeit die Situation besonders kritisch. Seit 15 Jahren sind deshalb im dortigen Freibad vor allem jugendliche Streitschlichter im Einsatz, die sich um die Verhinderung von Gewalttaten bemühen. Und das mit großem Erfolg. Das in Hessen bislang einzigartige Projekt wurde schon mehrfach ausgezeichnet - und die Situation im Schwimmbad entspannte sich auch deutlich.

Das Freibad »Domblick« liegt mitten in der Innenstadt, umgeben von Parkhäusern, deren grauen Rückwände einen Teil der Umzäunung des Schwimmbades bilden. An manchen Stellen haben Jugendliche die tristen Flächen mit legalen Graffitis verschönert. Streitschlichterin Anja Mika sitzt auf einer Bank und erzählt von ihrer Arbeit. Seit acht Jahren ist sie bei den Streetworkern dabei. Jugendliche und junge Erwachsene leiten das Team in Eigenregie, Träger ist die Evangelische Kirchengemeinde Niedergirmes.

Streit um Liegeplätze und Rangeleien beim Basketball

An diesem Nachmittag geht es ruhig zu. Doch an manchen Tagen sei das schon anders, erzählt die 25-Jährige. Überschreiten die Temperaturen 20 Grad Celsius besuchen bis zu 2.000 Menschen das kleine Freibad. Die Folgen sind Gedränge in der Kioskschlange, Streit um die besten Liegeplätze und Rangeleien auf dem Basketballfeld. »Oft heißt es: «Der hat mir den Ball geklaut»», berichtet die junge Frau.

Aber auch Rivalitäten zwischen verschiedenen Ethnien seien keine Seltenheit. In Wetzlar wohnen Menschen aus rund 100 Nationen. Migranten machen einen Anteil von fast zwölf Prozent an der Gesamtbevölkerung aus. Die Integration gelingt nicht immer. Es gibt Stadtteile, die als soziale Brennpunkte gelten.

1995 spitzte sich die Lage im Freibad so zu, dass gehandelt werden musste. »Das Miteinander im Bad gestaltete sich immer schwieriger. Diebstähle, Anmachen, gewalttätige Situationen nahmen zu. Es galt, eine Lösung zu finden«, berichtet Diakon Harald Würges, der zu den Initiatoren des Projektes gehört. Seit 15 Jahren lautet diese Lösung nun: Kommunikation statt Abschreckung. Die Jugendlichen sollen bei Streitigkeiten vermitteln, statt Macht auszuüben. »Wir brauchen hier keine schwarzen Sheriffs, die am Beckenrand stehen oder auf der Liegewiese patrouillieren«, sagt Würges.


Das Konzept zeigt Wirkung: Seither sind Prügeleien und Gewalttaten im Schwimmbad selten geworden. Manchmal reiche schon die bloße Anwesenheit, berichtet Anja Mika. Aus einem Protokoll liest sie einen Vorfall vor, der sich am Anfang der Sommerferien ereignete: »Zehn Leute gingen auf einen Jungen los. Streit innerhalb einer Clique. Zwei von uns standen dabei. Streit hat sich aufgelöst.«

26 Menschen mit türkischer, russischer, polnischer oder deutscher Herkunft zwischen 15 und 27 Jahren arbeiten derzeit in ihrem Team mit. In den Sommerferien sind drei von ihnen von 14 bis 18 Uhr, an besonders heißen Tagen auch länger im Freibad präsent. »Viele von uns machen die Arbeit im Urlaub«, berichtet Mika. In 15 Jahren arbeiteten bereits mehr als 300 Menschen in dem Projekt mit. Die Leitung liegt bei den jungen Erwachsenen selbst. Ihre Aufgabe ist es, im Schwimmbad präsent zu sein, Kontakte zu Jugendlichen zu knüpfen, Spielmöglichkeiten zu vermitteln und durch Gespräche Gewalt im Keim zu ersticken.

Auffällig gewordene Jugendliche werden ins Projekt integriert

Der 15-jährige Streitschlichter Jens Grölz kommt gerade von einem Basketballspiel mit anderen Jugendlichen wieder. Warum er bei dem Projekt mitmacht? Sein Bruder sei auch Mitglied bei den Streetworkern gewesen. »Und ich bin sowieso im Freibad und die Arbeit macht mir Spaß.« Wetzlar sei eine kleine Stadt, viele Jugendliche kennen sich, sagt Würges. »Manchmal machen die dann nur nichts, weil ein Freund Dienst bei den Streetworkern hat.« Manchmal würden auffällig gewordene Jugendliche in das Projekt integriert. »An diesem Konzept gab es viel Kritik. Es hieß, dass wir damit Böcke zu Gärtnern machen würden«, erzählt Würges. »Aber was kann uns besseres passieren, als wenn Menschen der Gewalt abschwören und sich an die Regeln halten und zumindest für eine Saison bei uns mitmachen?«


 

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