Petition ist letzte Hoffnung Kurdin kämpft gegen Abschiebung in die Türkei Gülüzar Yildirim mit Tugba, eine ihrer Töchter. Dahinter die Mitarbeiterinnen der Stadtteilwerkstatt Ayten Kocmaz (links) und Dorothea Castor, die Beistand leisten.Foto: Vollformat / Detlef Volk Vom 25.07.2008 Von Detlef Volk Statt der erwarteten weiteren Duldung des Aufenthalts gab es für Gülüzar Yildirim (60) am Mittwoch im Rüsselsheimer Ordnungsamt Handschellen und den Transport zum Flughafen. Die Kurdin hatte allerdings keine Straftat begangen, sondern nur Asyl in Deutschland beantragt. "Yildiz, hol´ Hilfe." Der Ruf nach der Tochter ist das Einzige, was die Polizisten nicht verhindern können. Telefonieren darf sie nicht, auch ihre Tabletten gegen Bluthochdruck bekommt Gülüzar Yildirim abgenommen. Sie soll sofort in die Türkei abgeschoben werden. Der Hilferuf zeigt erst einmal Wirkung. Die Tochter ruft in der Stadtteilwerkstadt "Dicker Busch" bei Ayten Kocmaz und Dorothea Castor an. Kocmaz setzt sofort alle Hebel in Bewegung. Die Zeit drängt, der Abschiebeflug ist für 13.30 Uhr angesetzt. Die Kurdin weigert sich, ins Flugzeug zu steigen. Daraufhin wird die Abschiebung erst einmal abgebrochen. Yildirim soll in Abschiebehaft, wird in der Polizeistation in Rüsselsheim eingesperrt. Später auf dem Amtsgericht erreicht Anwältin Petra von Schumann die Aufhebung der Abschiebehaft. Gülüzar Yildirim muss sich allerdings täglich bei der Polizei melden und versprechen, bis Donnerstag, 31. Juli, freiwillig auszureisen. Als Kurdin weiß sie, dass die Menschenrechte in der Türkei nicht viel gelten. Von der Behandlung durch die Polizei hier ist sie deshalb sehr erstaunt. "Wenn hier die Menschenrechte nicht mehr gelten, wo dann", fragt sie verzweifelt. Und fügt leise an: "So habe ich mich noch nie gefühlt." Eine letzte Hoffnung besteht noch, sie hat eine Petition im Landtag eingereicht. Die Zukunft in der Türkei möchte sie sich gar nicht vorstellen. "Ich habe Angst", sagt sie. Schlafen konnte sie nicht und die Hände taten ihr gestern von den engen Handschellen immer noch weh. Sie war 2005 nach Rüsselsheim gekommen, um ihren Töchtern Yildiz (18) und Tugba (20) gegen den Vater beizustehen. Der habe die Töchter nicht nur misshandelt, sondern auch zwangsverheiratet, schildert Integrationsassistentin Kocmaz. Die Töchter sind deswegen noch in psychologischer Behandlung, brauchen ihre Mutter. "Die Frauen sind doppelter Gewalt ausgeliefert: Erst im Haus vom Vater und jetzt vom Staat", sagt Castor. Und die dritte Gefahr steht vor der Tür. Bei einer Abschiebung in die Türkei erwartet sie die Familie des Ex-Mannes. Der hat bereits Stimmung gegen sie gemacht, erzählt Kocmaz. Ein Bild von Gülüzar Yildirim aus der Stadtteilzeitung sei von ihm im Dorf verteilt worden, darauf habe er sie als "Hure" beschimpft. Da nutze es auch nichts, in eine andere Stadt in der Türkei zu gehen. "Wir erwarten viele Probleme, die Familie des Vaters ist viel größer als unsere", sagt Tugba. Wer der Familie helfen will, kann sich ans Stadtteilbüro "Dicker Busch", Telefon 942210, wenden.
|