Presseerklärung 24. April 2008 Flughafen Frankfurt: Zwangsweise mit Beruhigungsspritzen behandelter Pakistani jetzt doch abgeschoben Anwalt ausmanövriert, Ermittlungen behindert, tatverdächtige Airline benutzt PRO ASYL: Der Skandal hat viele Väter Der bei einem Abschiebungsversuch am 8. April von einem Flugzeug der GULF AIR mit zwei Beruhigungsmittelinjektionen zwangssedierte Pakistani ist gestern am späten Vormittag mit derselben Fluggesellschaft abgeschoben worden, die verdächtig ist, die Körperverletzung durch eine Krankenschwester in eigenen Diensten zugelassen zu haben. Geflogen wurde wieder mit der GULF AIR, diesmal in Begleitung von Bundespolizeibeamten. Der jetzt „erfolgreich“ Abgeschobene hatte über die Vorgänge beim vierten Abschiebungsversuch am 8. April Sachverhalte zu Protokoll gegeben, die die Bundespolizei belasten. Nach seinen Angabe waren ihm die Spritzen mit Sedativa zu einem Zeitpunkt verabreicht worden, als die Türen des Flugzeugs noch offen waren, die sog. Bordgewalt damit noch nicht auf den Flugzeugführer übergegangen war. Wörtlich heißt es in seiner schriftlichen Aussage: „Aber die Polizisten trugen mich ins Flugzeug. Sie versuchten mich auf einen Sitz zu legen, aber ich konnte mich nicht hinlegen, weil meine Hände und Füße gefesselt waren. Und sie haben mit Gewalt (... unleserlich) angeschnallt. Zwei Mitarbeiter der GULF AIR setzten rechts und links von mir. Ich schrie laut. Im Flugzeug waren noch keine Passagier. Die deutschen Polizisten standen (... unleserlich) und sahen mir zu. Eine Mitarbeiterin der GULF AIR Airline gab mir eine (... unleserlich) Spritze. Ich weiß nicht, was für eine Spritze das war. Es wurde mir schwindelig, aber ich schrie weiter. Zu diesem Zeitpunkt fingen die Passagiere an einzusteigen. Sie haben mich auch fotografiert. Sie gaben mir eine zweite Spritze und die Passagiere guckten zu. Der Mann, der links von mir saß, versuchte, meinen Hals fest zu drücken, weswegen es schwierig wurde, Luft zu bekommen.“ Weiter berichtet er, ein Passagier habe dies gesehen und die Mitarbeiter der Fluggesellschaft aufgefordert, ihn aus dem Flugzeug zu bringen. Damit richten sich die Vorwürfe eindeutig sowohl gegen die Bundespolizei als auch die GULF AIR. Es wäre nötig gewesen, eine Gegenüberstellung des jetzt Abgeschobenen mit Beamten der Bundespolizei zu veranlassen. So hätte aufgeklärt werden können, welche Bundespolizisten zum Tatzeitpunkt im Flugzeug waren. Weiter hätte sich aufgedrängt, die Passagierlisten zeitnah sicher zu stellen und die Passagiere als mögliche Zeugen anzuschreiben. Ihre Aussagen hätten Klarheit bringen können, ob die Bundespolizisten eine Mitverantwortung trifft, weil die körperverletzende Handlung nicht unterbunden wurde. Dienstliche Erklärungen der Bundespolizisten, so sie bis jetzt vorliegen sollten, genügen nicht, den Verdacht aus der Welt zu schaffen. Offenbar hat diese Aufklärung aber niemand gewollt, obwohl die Bundespolizei den Medien gegenüber den Eindruck erweckt hat, man werde mit einer erneuten Abschiebung warten, bis die notwendigen Ermittlungen unternommen worden sind. Eine richterliche Vernehmung hat nach Angaben des Rechtsanwaltes des Abgeschobenen nicht stattgefunden. Wenige Stunden vor der Abschiebung wurde er durch ein Fax der Bundespolizei von der bevorstehenden Abschiebung unterrichtet. Ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht wurde nicht mehr rechtzeitig beschieden. Der Skandal hat viele Väter. Die in diesem Fall angewendete Strategie der Härte und der Vertuschung ist vermutlich nicht auf dem Frankfurter Flughafen entworfen worden, sondern auf den Schreibtischen des Bundesinnenministeriums. Offenbar will man Abzuschiebenden demonstrieren, dass sie auch im Falle der Anwendung exzessiver und verbotener Gewalt letztendlich völlig rechtlos sind und ohne Bedenken der Fluggesellschaft überantwortet werden, in deren Flugzeug sie Opfer einer Körperverletzung geworden sind. Dass nichts aufgeklärt ist, belegen die vom Rechtsanwalt der GULF AIR neuerdings gegenüber den Medien vorgetragenen Entlastungsversuche. Demnach soll es inzwischen nicht mehr eine Krankenschwester der GULF AIR gewesen sein, die den Zwangspassagier am 8. April mit Sedativainjektionen abgefertigt hat, sondern eine unbekannte Person, die auf Anforderung der Bundespolizei mitgeflogen sei. Nach dieser Darstellung scheint es also bei der GULF AIR möglich, dass eine unbekannte Passagierin mit Injektionsspritzen und Sedativa an Bord ist und einem Passagier Beruhigungsspritzen verpasst – in Anwesenheit von Crew-Mitgliedern der GULF AIR. Spätestens nach dieser Darstellung werden sich auch treue Passagiere der GULF AIR fragen, ob sie deren Sicherheitsphilosophie nachvollziehen können. Denn beide Versionen, die der Anwalt der GULF AIR in den Raum stellt, sind problematisch: Die Medikamentierung durch eine Krankenschwester der GULF AIR in Absprache mit der Bundespolizei oder alternativ die unbekannte Passagierin mit der Spritze, die mit der Bundespolizei kooperiert haben soll. gez. Bernd Mesovic Referent
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