*************************** Quelle: Süddeutsche Zeitung 14. 3. 2007 Reaktionen auf Asyl-Entscheidung "Wettlauf der Schäbigkeit" Hardliner frohlocken, die Opposition zürnt: Nach der Einigung über eine neue Regelung beim Bleiberecht sprechen die Grünen von "drastischen Rückschritten". Auch die FDP ist verärgert - und erhebt schwere Vorwürfe gegen Bayerns Ministerpräsident Stoiber. Die Opposition hat die in der Nacht zum Dienstag gefundene Bleiberechtsregelung scharf kritisiert. Grünen-Chefin Claudia Roth sprach im Bayerischen Rundfunk von einem "Wettlauf der Schäbigkeit". "Man reduziert weiter die Standards für geduldete Menschen“, bemängelte Roth. Die Verschärfungen etwa beim Familiennachzug und der Einbürgerung stellten "drastische Rückschritte“ dar. Es sei absolut weltfremd, zuerst eine Arbeit zu finden und dann die Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Vom Bleiberecht profitierten bestenfalls Menschen, "die verwertbar sind aus ökonomischen Gründen“, nicht aber jene, die wirklich Schutz und Unterstützung brauchen. "Populismus auf unterstem Niveau“ Die FDP-Rechtsexpertin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte der Berliner Zeitung, die Nachforderungen von CSU-Chef Edmund Stoiber und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) seien "Populismus auf unterstem Niveau“. Sie warf den Ministerpräsidenten Bayerns und Niedersachsens vor, in den vergangenen Monaten absichtlich nicht erwähnt zu haben, dass eine Bleiberechtsregelung zu einer Auswanderung aus den Sozialsystemen führen soll. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierte ebenfalls Stoiber: Er habe mit dem Argument der angeblichen Belastung des Sozialsystems eine Paniksituation geschaffen. Gegenüber alten, behinderten und erwerbsunfähigen Menschen sei die Regelung überdies gnadenlos, sagte Bernd Mesovic von Pro Asyl im SWR. Es gebe eben auch Leute, die soziale Unterstützung bräuchten. Kabinettsbeschluss vermutlich noch vor Ostern Die grosse Koalition hatte sich in der Nacht nach monatelangem Streit auf einen Kompromiss beim Bleiberecht für die etwa 180.000 geduldeten Flüchtlinge geeinigt. Dabei geht es vor allem darum, dass keine höheren Sozialleistungen für die betroffenen Ausländer anfallen. Vom 1. Juli an soll Geduldeten ein gesichertes Bleiberecht zustehen. Bis Ende 2009 müssen sie eine Arbeit finden. Den Bundesländern steht es nach dem nun gefundenen Kompromiss frei, geduldeten Ausländern Sach- oder finanzielle Leistungen zu gewähren und sie weiter in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) sagte, an der Substanz der Bleiberechtsregelung habe es keine Abstriche gegeben. Die Zugeständnisse an Bayern und Niedersachsen hinsichtlich der Sozialleistungen würden "in der Praxis kaum Auswirkungen haben“, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Der Gesetzentwurf soll Stegner zufolge noch vor Ostern im Bundeskabinett verabschiedet werden. Stoiber "sehr zufrieden" Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble begrüsste den Kompromiss dagegen. Der CDU-Politiker sagte am Dienstag in Stuttgart am Rande der Tagung der EU-Sportminister, es sei eine gute Einigung. Auch Stoiber zeigte sich mit dem Kompromiss "sehr zufrieden". Die Regelung trage die Handschrift der CSU und der unionsgeführten Länder, sagte der bayerische Ministerpräsident in Berlin. Es sei nun gewährleistet, dass es keine zusätzliche Zuwanderung in die Sozialsysteme geben werde. Stoiber sprach von einer "restriktiven Ausgestaltung des Bleiberechts“. Durch die Entscheidungsfreiheit für die Länder bei den Sozialleistungen spare der Staat gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf einen dreistelligen Millionenbetrag. In Bayern würden die gescheiterten Asylbewerber weiterhin in Sammelunterkünften untergebracht und erhielten Sachleistungen. "Wir schützen damit auch den Steuerzahler“, betonte Stoiber. Quelle: epd Niedersachsen-Bremen/b0710/13.03.07 Flüchtlingsrat: Licht und Schatten beim Bleiberecht Hildesheim (epd). Der Niedersächsische Flüchtlingsrat sieht in dem neuen Kompromiss von SPD und Union beim Bleiberecht für langjährig geduldete Ausländer Licht und Schatten. Die Verlängerung der Frist, in der Flüchtlinge ein Leben ohne öffentliche Zuschüsse nachweisen müssen, um zwei Jahre bis 2009 sei ein Fortschritt gegenüber dem Beschluss der Innenminister vom vergangenen November, sagte am Dienstag der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates, Kai Weber. Dasselbe gelte für die Vereinbarung, dass Flüchtlingen während der Arbeitssuche statt einer Duldung zumindest eine "Aufenthaltserlaubnis auf Probe" erteilt werden solle. Spitzenpolitiker der Koalition hatten sich in der Nacht zu Dienstag auf die Grundzüge einer Bleiberechtsregelung für die rund 180.000 geduldeten Flüchtlinge in Deutschland verständigt. Danach können Ausländer, die seit mindestens sechs Jahren in Deutschland leben, ein dauerhaftes Bleiberecht bekommen. Voraussetzung ist, dass sie bis zum September 2009 einen Arbeitsplatz finden. Bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erhalten die Flüchtlinge dem Kompromiss zufolge weiterhin nur einen um rund 30 Prozent reduzierten Sozialhilfesatz. Den Bundesländern wird dabei frei gestellt, ob sie Bargeld auszahlen oder nur so genannte "Sachleistungen" wie Essengutscheine ausgeben. Die Flüchtlinge mit einer vorläufigen Aufenthaltserlaubnis sollen auch kein Elterngeld bekommen. Die Idee, bleibeberechtigte Flüchtlinge von Familienleistungen wie dem Elterngeld auszuschliessen und ihnen nur Sachleistungen zu gewähren, sei integrationspolitisch unsinnig, sagte Weber: "Wer Integration will, muss auch bereit sein, die dafür notwendigen Voraussetzungen zu schaffen." Auch nach der neuen Vereinbarung sei ein Bleiberecht nur für die jungen, leistungsstarken und gesunden Flüchtlinge erreichbar, kritisierte Weber. Alte, Kriegsverletzte, Kranke oder Schwerbehinderte hätten weiterhin "keine Chance". Im Ergebnis führe die Bleiberechtsregelung daher "zu einer Selektion nach dem Kriterium der Nützlichkeit", sagte Weber: "Die Leistungsfähigen bleiben, die Schwachen werden abgeschoben." Quelle: DIE ZEIT - ZEIT online 14. 3. 2007 Die Scheinlösung Der Bleiberechtskompromiss trägt absurde Züge. Um Härte zu demonstrieren, verzichten Bayern und Niedersachsen sogar darauf, Kosten auf den Bund abzuwälzen. Von Katharina Schuler Dass Politik schlechtes Schmierentheater sein kann, bei dem es nie um das geht, worüber alle reden, ist eine altbekannte Tatsache. Der neue Bleiberechtskompromiss bietet dafür allerdings ein neues, besonders anschauliches Exempel. An der Beweisführung mitgewirkt haben in erster Linie der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber und der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann. Erklärtes Anliegen der Konservativen: Die Bleiberechtsregelung für seit Jahren in Deutschland lebende Flüchtlinge dürfe keine zusätzlichen Kosten für die Länder bringen. Das Paradox der ausgehandelten Einigung besteht nun darin, dass Bayern im Zuge einer Ausnahmeregelung sogar darauf verzichtet, bestimmte Kosten auf den Bund zu übertragen. Und zwar nur, um eine Besserstellung der Flüchtlinge auf jeden Fall zu vermeiden. Hätte Bayern das Gesetz nämlich so akzeptiert wie die Grosse Koalition in Berlin es beschlossen hatte, würden alle in Bayern lebenden Geduldeten, die länger als sechs Jahre im Land und erwerbsfähig sind, künftig in der Zeit ihrer Arbeitssuche wie deutsche Arbeitslose Hartz IV bekommen. Diese Leistung wird im Gegensatz zu den Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht von den Ländern, sondern vom Bund bezahlt. Bayern hätte das Finanzierungsproblem einfach abgeben können. Das aber wollten die Bayern nicht. Stattdessen ziehen die bayerische CSU und wohl auch die CDU in Niedersachsen es vor, weiter laut tönen zu können: Flüchtlinge, die noch nie gearbeitet hätten, würden deutschen Arbeitslosen nicht gleichgestellt. Dass nun statt dem Bund auch weiterhin das Land für diese Menschen aufkommen muss, nehmen sie dafür in Kauf. Möglicher Grund für die erstaunliche Spendierfreudigkeit: Die Gruppe jener bayerischen Geduldeten, die von dem neuen Gesetz betroffen wären, ist winzig, sie umfasst etwa 300 Menschen. Die Kosten halten sich also in engen Grenzen. Zugleich erreicht die CSU mit diesem Geld jedoch einen maximalen politischen Nutzen. Denn letztlich geht es nur darum, aller Welt zu demonstrieren, dass Bayern nicht zu nett zu Ausländern ist. Die gute Nachricht für die Geduldeten besteht darin, dass wohl nicht viele Länder dem Beispiel Niedersachsens und Bayerns folgen werden. Denn die wenigsten sind ideologisch so verbohrt, dass sie freiwillig darauf verzichten, Kosten an den Bund zu übertragen, wenn dies möglich ist. Immerhin hat die SPD durchgesetzt, dass auch die Flüchtlinge, die wegen der Härte ihrer Länder nicht Hartz-IV-Empfänger werden, trotzdem in den Genuss der üblichen arbeitsmarktpolitischen Förderung kommen. An anderer Stelle sind die Sozialdemokraten dagegen eingeknickt. So bekommen auch die Geduldeten, die künftig Hartz IV beziehen, kein Elterngeld. Warum allerdings verzichtet man auf die Zahlung einer Leistung, die für alle Deutschen selbstverständlich ist? Überzeugende Gründe gibt es dafür nicht. Auch das Kindergeld hätte die Union für Flüchtlinge gerne gestrichen, an dieser Stelle mussten die Verhandlungspartner allerdings einsehen, dass das so einfach nicht möglich ist. Dagegen konnte die Union sich mit einer anderen Forderung durchsetzen. So wird es künftig möglich sein, Flüchtlingen vier und nicht wie bisher nur drei Jahre lang den um 30 Prozent gekürzten Sozialhilfesatz zu zahlen. Statt Geld auszuzahlen, können auch Sachleistungen gewährt werden. Ausserdem können die Flüchtlinge verpflichtet werden, in staatlichen Sammelunterkünften zu wohnen. In dieser Hinsicht beinhaltet der Kompromiss also eine echte Verschlechterung für alle in Deutschland lebenden Geduldeten. Denn tatsächlich dürften von dieser Option die meisten Länder Gebrauch machen, weil sie hierin eine reale Möglichkeit sehen, Geld zu sparen. Dabei gibt es längst Berechnungen, dass die Unterbringung in Sammelunterkünften für die Länder teurer kommen kann, als wenn man Flüchtlingen gestattet, sich selbst eine Wohnung zu suchen und ihnen dann Wohngeld bezahlt. Trotz der Widersprüche, die sie zu überwinden hatten, rühmen sich Union und SPD nun gemeinsam, die weitreichendste Bleiberechtsregelung, die es je gab, auf den Weg gebracht zu haben. Die Flüchtlingsverbände sind da viel skeptischer. 180.000 geduldete Menschen gibt es in Deutschland, nur etwa die Hälfte ist jedoch lange genug hier, um in den Genuss der geplanten Arbeitserlaubnis zu kommen. Von dieser Hälfte wiederum werden es nach Schätzungen von Pro Asyl nur etwa zehn Prozent schaffen, auf Dauer ohne staatliche Hilfe zu leben. Es ist nun mal schwierig, eine grosse Familie mit niedrig qualifizierter Arbeit durchzubekommen. Auch die meisten Deutschen beziehen in vergleichbarer Situation ergänzende Sozialhilfe. Für die Flüchtlinge jedoch gilt: Nur wer sich vollständig durch eigene Arbeit ernährt, hat die Chance auf eine langfristige Aufenthaltserlaubnis. Benachteiligt sind zudem alle Alten und Kranken. Sie erhalten nur dann eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung, wenn sie jemanden finden, der für sie bürgt. Und gut integrierte Kinder, die älter als 14 Jahre sind, können zwar ein eigenes Aufenthaltsrecht bekommen, die restliche Familie kann aber dennoch ausgewiesen werden, wenn sie nicht selbst für ihre Existenz sorgen kann. Viele Kinder werden also vor dem Problem stehen, als junger Teenager allein zurechtkommen zu müssen. Hinzu kommt: Das neue Bleiberechtsgesetz ist eine Stichtagsregelung. Profitieren wird von ihr nur, wer zum heutigen Zeitpunkt seit sechs und mehr Jahren im Land ist. Für alle Flüchtlinge, die kürzer da sind und diejenigen, die künftig kommen werden, ändert sich nichts. Sie werden weiterhin darunter leiden, dass ihr Aufenthalt immer nur für drei Monate verlängert wird. Eine dauerhafte Perspektive gibt es für diese Menschen nicht. Nicht vergessen sollte man auch, dass die Regelung des Bleiberechts der Union durch weitere Verschärfungen im allgemeinen Ausländerrecht abgerungen wurde. Ausländerpolitik hat in Deutschland eben oft in erster Linie den deutschen Wähler im Blick, nicht das Wohl des Fremden. Der Bleiberechtskompromiss ist dafür ein neuer, eindrücklicher Beleg. Quelle: junge Welt, 14.03.2007 »Angstzustand der Duldung wird festgeschrieben« Bleiberecht stellt Verwertbarkeit der Menschen in den Vordergrund. Kranke und Traumatisierte haben keine Chance. Ein Gespräch mit Tobias Klaus Interview: Claudia Wangerin Tobias Klaus ist Sprecher des Bleiberechtsbüros im Bayerischen Flüchtlingsrat Wie kommentieren Sie den sogenannten Bleiberechtskompromiss der Koalitionsregierung und der Länder? Er ist absolut enttäuschend, da er kaum Verbesserungen zum Beschluss der Innenminister bringt. Ihre Beschlüsse werden weitgehend übernommen. Es gibt nur wenige, die profitieren, weil es einen neuen Stichtag gibt und weil sie mehr Zeit zur Arbeitssuche haben. Das ist eine gute Lösung. Aber ansonsten muss man diesen Kompromiss ablehnen. Auch wegen der Verschärfungen beim Ehegattennachzug. Da werden jetzt von Anfang an Deutschkenntnisse vorausgesetzt, und die Ehe mit einem Erwerbslosen führt nicht mehr zum Aufenthaltstitel. Das hat zur Folge, dass es weniger Legalisierungschancen gibt. Wird nicht ein weiteres Lohndumping-Instrument geschaffen, wenn man das Bleiberecht an einen Arbeitsplatz knüpft? Ganz klar. Das war ja schon bei dem Beschluss der Innenminister eines der Hauptprobleme. Dadurch geraten die Leute in eine Zwangssituation, in der sie im Endeffekt jeden Job annehmen müssen. Dieses Problem wird nun wieder nicht gelöst. Das Argument, dass eine Zuwanderung in die Sozialsysteme verhindert werden soll, ist besonders absurd, weil ja gerade durch ein Bleiberecht den Leuten eine Chance gegeben würde, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Dadurch kämen sie aus dem faktischen Arbeitsverbot heraus, was die Sozialkassen entlasten würde. Was bedeutet diese Regelung für chronisch Kranke und arbeitsunfähige Flüchtlinge? Die besonders Schutzbedürftigen – wie chronisch Kranke und Traumatisierte – werden weitgehend vom Bleiberecht ausgeschlossen. Sie haben nur eine Chance, wenn sie hier jemanden finden, der für ihren Lebensunterhalt aufkommt. Da dies in den meisten Fällen unmöglich ist, bleiben die Schwächsten aussen vor. Ein Interesse gibt es nur an den »ökonomisch Verwertbaren«. Der Angstzustand der Duldung wird auf Dauer in Deutschland festgeschrieben – nachdem er schon Jahre lang missbraucht wurde, um einen Aufenthaltstitel auf Widerruf zu schaffen. Die Menschen leben in ständiger Abschiebeangst – in Bayern konkret von Essenspaketen und in Containerlagern – und unterliegen faktischen Arbeitsverboten. Das Bleiberecht ist wiederum nur ein einmaliger Gnadenakt für diejenigen, die bis zu einem bestimmten Stichtag eingereist sind. Alle später Gekommenen, bleiben aussen vor – auch nach sechs oder acht Jahren Aufenthalt. Deshalb fordern wir eine Fristenregelung, die sagt: Wer die Frist erreicht hat, muss einen Aufenthaltstitel bekommen, damit auch später Eingereiste die Chance auf eine Lebensperspektive haben. Am Sachleistungssystem wird sich allem Anschein nach nichts ändern. Momentan sieht es eher nach einer Verschlechterung aus, da diskutiert wird, das Sachleistungssystem auszudehnen. Bisher war es so, dass man nach drei Jahren die Chance hatte, Sozialleistungen zu beantragen. Doch dieser Paragraph soll gestrichen werden. Lageraufenthalt und Essenspakete sollen für Flüchtlinge auf Dauer festgeschrieben werden. Nach dem politischen Willen der Union hätten sie auch nach zehn Jahren keine Chance, da herauszukommen. Darüber hinaus sollen die Betroffenen vom neuen Elterngeld ausgeschlossen werden. Das betrifft nur die Zeit der Arbeitssuche, aber es führt natürlich dazu, dass die Leute während dieser Zeit noch weniger Chancen haben, sich hier ein Leben aufzubauen. Das Prinzip ist ganz klar, dass hier für Flüchtlinge und Geduldete ein zweites Sozialgesetz geschaffen wurde, eine komplett andere rechtliche Grundlage als für Deutsche - ein rassistisches Sondergesetz. Aber das ist keine wirklich neue Qualität. Wie passt diese Ausgrenzungspolitik zur Demographie- und Rentendebatte? Anscheinend will man lieber nur deutsche Kinder. 55000 der 200000 Geduldeten sind Minderjährige. Gleichzeitig beschwert man sich, dass zu wenig Kinder geboren werden, aber hier geborene Flüchtlingskinder schiebt man ab, egal wie gut sie integriert sind und ob sie gerade eine Ausbildung machen. Quelle: taz, 14.03.2007 "Im schlimmsten Fall wird abgeschoben" Geduldete Flüchtlinge, die nicht arbeiten können, sind auch vom neuen Bleiberecht ausgeschlossen taz: Herr Thomas, löst die neue Bleiberechtsregelung die Probleme der geduldeten Flüchtlinge in Deutschland? Jens-Uwe Thomas: Aus unserer Sicht schafft sie eher weitere Problemfälle. Nach wie vor wird ein bestimmter Einreisestichtag festgesetzt, von dem aus die Zeit gezählt wird, die man hier verbracht haben muss. Mit einer solchen Regelung kann man das Problem der Kettenduldungen nicht lösen, weil es immer wieder Menschen geben wird, die nach einem Stichtag eingereist sind, sich aber trotzdem schon vergleichsweise lange hier aufhalten. Nach der neuen Regelung müssen Flüchtlinge Arbeit haben, um eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Reicht dazu ein zeitlich begrenzter Arbeitsvertrag oder muss man unbefristet Arbeit haben? Man braucht ein Arbeitsplatzangebot, mit dem der Lebensunterhalt gesichert werden kann, das also über dem Hartz-IV-Regelsatz liegt. Man muss seinen Lebensunterhalt inklusive Krankenversicherung sichern können. Und das nicht nur über eine Woche oder ein paar Monate. Ist die neue Regelung also ein Fortschritt? Ein Fortschritt im Vergleich zur bisherigen Regelung ist, dass die Leute jetzt erst mal einen Aufenthalt auf Probe bekommen, also nicht mehr mit einer Duldung auf Arbeitsplatzsuche gehen müssen. Was wir problematisch finden, ist, dass sich die neue Regelung sehr stark an Leistungsfähigkeit orientiert. Flüchtlinge, die nicht arbeiten können, etwa alte oder kranke Menschen, bleiben faktisch ausgeschlossen. Sie kriegen weiterhin nur ein Bleiberecht, wenn ihre Kosten inklusive Krankenversicherung übernommen werden. Was geschieht mit Flüchtlingen, die keine Arbeit finden? Die werden im besten Fall aus humanitären Gründen weiter geduldet. Im schlimmsten Fall wird abgeschoben Ist das nicht eigentlich eine Rückkehr zum Status quo vor November 2006? Die Frage ist, wie viele Geduldete es in der neuen Frist schaffen werden, Arbeit zu finden. Die bisherige Frist war zu kurz. Von der längeren Frist kann ein Teil der Flüchtlinge profitieren. Ich bin aber skeptisch, in welchem Verhältnis dies zur jetzigen Zahl der Geduldeten stehen wird, da es für Menschen, die lange vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen waren, sehr schwierig ist, Arbeit zu finden. INTERVIEW: RÜDIGER ROSSIG JENS-UWE THOMAS ist Sprecher des Flüchtlingsrats Berlin. Quelle: taz, 14.03.2007 Arbeit, fertig, los VON CIGDEM AKYOL Nach jahrelangem Tauziehen in der Bleiberechtsdebatte ist der grossen Koalition der Durchbruch gelungen: Geduldete Ausländer, die mindestens acht Jahre - oder sechs als Familie - in Deutschland leben, dürfen hier bleiben. Voraussetzung ist allerdings, dass sie bis Ende 2009 Arbeit gefunden haben. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen von etwa 180.000 Geduldeten 60.000 eine Aufenthaltserlaubnis "auf Probe" bekommen. Diese darf die Sozialkassen nicht belasten. Ein Nachzug der Familien der Betroffenen wird eingeschränkt und höhere Sozialleistungen bleiben ausgeschlossen. Vor der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erhalten die Betroffenen somit etwa kein Elterngeld. Der Gesetzentwurf soll noch vor Ostern vom Kabinett beschlossen werden. Damit beginnt der Wettlauf gegen die Zeit. Denn wer bis Ende 2009 keinen Erfolg bei der Jobsuche hat, dem wird wieder die Abschiebung angedroht. Wer eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung anstrebt, muss neben der Erwerbstätigkeit aber auch nachweisen können, in den zurückliegenden 30 Monaten seinen Lebensunterhalt überwiegend selbst durch Arbeit gesichert zu haben - oder in den neun Monaten vor dem Stichtag seinen Lebensunterhalt vollständig selbst gesichert zu haben. Zusätzlich muss der Betroffene nachweisen, dass er ab dem 1. Januar 2010 einen Dauerarbeitsplatz hat. Deswegen appellierte die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU) an die Arbeitgeber, Geduldete bei Bewerbungen gleichrangig zu behandeln. Neben dem Bleiberecht sollen mit dem geplanten Gesetz elf EU-Richtlinien zum Aufenthalts- und Asylrecht umgesetzt und Änderungen an dem seit zwei Jahren gültigen Zuwanderungsgesetz vorgenommen werden. Um Zwangsehen zu vermeiden, soll der Nachzug der Ehegatten von Migranten durch ein Mindestalter von 18 Jahren für beide Ehepartner beschränkt werden. Ausserdem müssten einfache deutsche Sprachkenntnisse vorhanden sein, heisst es aus dem Bundesinnenministerium. Union und SPD zeigen sich nach den Verhandlungen zufrieden. "Das ist ein grosser Schritt nach vorne", erklärt Sebastian Edathy (SPD), Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses. "Das ist ein Sieg für Humanität und Vernunft." Rückendeckung bekommt er dabei aus Bayern. "Ich bin sicher, dass diese Bleiberechtsregelung gut ist für Deutschland und die grosse Koalition", erklärt CSU-Chef Edmund Stoiber. Was ihn besonders freut: Für die Länder wurde eine Öffnungsklausel bei den Sachleistungen wie Kleidung oder Lebensmittel vereinbart. Mit dieser Regelung werde erreicht, dass bisher geduldete Ausländer bis zu einer Arbeitsaufnahme keine höheren Sozialleistungen bekämen, so Stoiber. In Bayern würden abgelehnte Asylbewerber weiterhin in Sammelunterkünften untergebracht. "Die jetzt erfolgte Einigung bei der Bleiberechtsregelung ist ein Trauerspiel", erklärte dagegen Grünen-Chefin Claudia Roth. Das Grundrecht ",die Würde des Menschen ist unantastbar' ist heute mit dem Adjektiv ,deutsch' versehen worden", so Roth zur taz. Auf dem Rücken von Flüchtlingen werde "ein Wettlauf der Schäbigkeit in Gang gesetzt". Von der ausgehandelten Regelung "profitieren allenfalls Menschen, die ökonomisch ,verwertbar' sind". Auf der Strecke blieben die Alten, Kranken und Kinder. "Wer wirklich Schutz und Unterstützung braucht, fällt bei dieser Regelung durchs Netz", sagt Roth und bezeichnet den Kompromiss als "zynisch". Eine Aussage, der Wolfgang Grenz, Flüchtlingsexperte bei Amnesty International, zustimmt. "Diese Bleiberechtsregelung löst die Probleme der meisten Geduldeten nicht", erklärt Grenz. Pro Asyl bezeichnet die vorgesehene Regelung als "gnadenlos gegenüber Erwerbsunfähigen". Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, nannte das geplante Bleiberecht unmenschlich. Quelle: Frankfurter Rundschau, 14.03.2007 Pro Asyl rügt Bleiberecht "Problem vertagt" Günter Burkhardt ist seit 20 Jahren Geschäftsführer von Pro Asyl. Die Flüchtlingshilfsorganisation hält den Kompromiss der Koalition beim Bleiberecht für unzureichend. Frankfurter Rundschau: Herr Burkhardt, was bringt die Einigung auf ein Bleiberecht den Flüchtlingen in Deutschland? Günter Burkhardt: Am leidigen Problem der Kettenduldungen ändert der jetzt gefundene Kompromiss gar nichts. Wir haben 180 000 Geduldete. 100 000 von ihnen sind bereits länger als sechs Jahre hier. Wir schätzen, dass aufgrund der vielen Ausschlusskriterien im Kleingedruckten des Gesetzes nur ein kleiner Teil der Betroffenen die Chance auf ein Bleiberecht hat. Zehntausende werden weiter nur mit der unsicheren Duldung leben müssen, obwohl man sie aus gutem Grund nicht abschieben kann. Die SPD spricht vom grosszügigsten Bleiberecht seit langem. Die Politik hat das Problem nicht gelöst, sondern vertagt. Der Gesetzgeber hat gekniffen, indem er jetzt eine einmalige Regelung getroffen hat. Zwanzig, vielleicht dreissigtausend Menschen werden durch den Kompromiss einen sicheren Aufenthaltsstatus bekommen. Aber ich fürchte, wir werden in zwei, drei Jahren sehen, dass viele keine Chance auf eine Aufenthaltsverfestigung hatten. Diese Menschen sind dann noch länger hier. Will man sie dann etwa abschieben? Die Politik wird also in einigen Jahren erneut vor dem gleichen Problem stehen. Aber die Geduldeten werden gut zwei Jahre die Chance haben, eine Arbeit zu finden. Das ist weit grosszügiger, als die Innenminister planten. Die Regelung ist etwas grosszügiger. Dennoch ist es für Flüchtlinge in der heutigen Zeit äusserst schwierig, den geforderten Arbeitsplatz zu finden. Und gegenüber alten, behinderten oder erwerbsunfähigen Flüchtlingen zeigt der Gesetzentwurf eine Gnadenlosigkeit, die ihres gleichen sucht. Was ist gnadenlos, wenn man von Ausländern fordert, dass sie für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen? Man kann von Menschen, die jahrelang kein Recht und keine Möglichkeit hatten zu arbeiten, nicht plötzlich erwarten, dass sie aus eigener Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt vollständig bestreiten können. Viele sind auch körperlich gar nicht in der Lage dazu, wie zum Beispiel behinderte, traumatisierte und alte Menschen. So wie die Regelung jetzt geplant ist, ist sie nicht akzeptabel. Besonders inhuman ist , dass minderjährige, gut integrierte Kinder zwar ein Bleiberecht bekommen können, aber nur dann, wenn ihre Eltern bereit sind, das Land verlassen. Das reisst Familien auseinander und stellt Eltern vor die Entscheidung, die Zukunft ihrer Kinder in Deutschland durch die eigene Ausreise erkaufen zu müssen. Das ist unzumutbar. Aber besser als der Istzustand? Aber um welchen Preis? Im Tausch für ein Bleiberecht werden den Betroffenen wichtige Grundrechte vorenthalten. Der Familiennachzug soll für sie nicht erlaubt sein. Das halten wir für verfassungswidrig. Eine Verfestigung des Aufenthaltsstatus in Form einer Niederlassungserlaubnis soll es nicht geben. Die Menschen sollen kein Elterngeld erhalten, wenn sie Kinder bekommen. Das ist das Gegenteil von Integration. Quelle: Frankfurter Rundschau, 14.03.2007 Ein Kompromiss zum Kompromiss Bis Mitternacht zog sich am Montag die Spitzenrunde der Koalition zum Bleiberecht. Herausgekommen ist ein Kompromiss zum Kompromiss - mit viel Kleingedrucktem und Gesichtswahrendem für die Hardliner in der Union. Berlin - Am Ende ging es bei den zähen Verhandlungen scheinbar nur noch ums Geld. Doch hinter dem Streit um die Finanzen stand für CSU-Chef Edmund Stoiber und einige seiner Unionskollegen das Prinzip, das einige Sozialdemokraten im Nachhinein "Propaganda" oder "Ideologie" nennen. Unter dem Schlagwort "keine zusätzlichen Kosten" und "keine Zuwanderung in die Sozialsysteme" forderte der Bayer, im Zuge der Bleiberechtsregelung dürften Ausländer keinesfalls die selben Sozialleistungen wie Deutsche erhalten. Stoiber akzeptierte zwar die Regelung der Berliner Koalition, dass langjährig geduldete Ausländer künftig eine Aufenthaltserlaubnis bekommen können, um bis Ende 2009 einen festen Job zu suchen. Anders als von der Koalition geplant sollten sie damit aber keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II bekommen. Stattdessen sollten ihnen nur eine um 30 Prozent gekürzte Sozialhilfe zugestanden werden, möglichst in Form von Sachleistungen, wie in Bayern üblich. Um nicht die gesamte Bleiberechtsregelung mit dem dazu gehörenden ausländerrechtlichen Gesamtpaket zu gefährden, räumte die SPD Zugeständnisse ein. Länder, die wie Bayern ihren Geduldeten derzeit nur gekürzte Sozialhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewähren, dürfen das über eine eigene Öffnungsklausel auch weiter tun - allerdings müssen dann auch ihre Kommunen zahlen. Dagegen sollen im Grundsatz Ausländer, die die Voraussetzungen für das neue Bleiberecht erfüllen, die gleichen Rechte und Pflichten wie Hartz IV-Empfänger haben, also auch Anspruch auf ALG II haben und auf Förderung von der Bundesagentur für Arbeit. Die Kosten trägt künftig der Bund. Einige Unionsländer werden sich also vielleicht noch überlegen, ob sie sich nicht ins eigene Fleisch schneiden, wenn sie von der Klausel Gebrauch machen, nach der sie ihren Geduldeten weiter die Leistungen mindern dürfen. Selbst in Bayern, so Schätzungen, wären nur etwa 300 Geduldete von dieser Kürzung betroffen. Auf Drängen von CSU-Chef Stoiber wurden jedoch weitere Klauseln in das Bleiberechtsgesetz eingeführt, über das sich die Union in Berlin mit dem CDU-Bundesinnenminister und der SPD eigentlich längst einig gewesen war. Nun soll im Gesetz stehen, dass Geduldete keinen Anspruch auf Elterngeld und Familiennachzug haben. Und wenn sie künftig eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, dann soll auch diese ausdrücklich nur "auf Probe" sein. Für sie sieht das geplante Gesetz hohe Hürden vor. Eine Chance auf das Bleiberecht haben nur jene Geduldeten, die mit ihren Kindern seit mindestens sechs Jahren in Deutschland leben; für Alleinstehende gilt eine Aufenthaltsdauer von mindestens acht Jahren. Voraussetzung ist ausserdem, dass die Betroffenen integriert sind, sich nichts haben zuschulden kommen lassen und gut Deutsch sprechen. Ausserdem müssen sie bis Ende 2009 einen festen Job nachweisen, in dem sie bereits mehrere Monate gearbeitet haben. Diese Arbeitsstelle muss auch für die Zukunft sicher sein und für den gesamten Familienunterhalt reichen. Alte, kranke, erwerbsunfähige Flüchtlinge sollen nur dann bleiben dürfen, wenn jemand die gesamten Kosten für ihren Lebensunterhalt übernimmt. Minderjährige Flüchtlinge, die seit Jahren in Deutschland zur Schule gehen, können dann ein Bleiberecht bekommen, wenn sie ohne Angehörige hier leben oder ihre ausreisepflichtigen Eltern bereit sind, Deutschland zu verlassen. Menschen aus bestimmten "Risiko-Staaten" können pauschal vom Bleiberecht ausgeschlossen werden. Vera Gaserow Kasten: Bleiberecht Das Bleiberecht ist Teil eines ausländerrechtlichen Gesamtpakets der Koalition mit zahlreichen Verschärfungen. Ausländische Ehepartner dürfen künftig erst frühestens mit 18 Jahren nach Deutschland kommen. Sie müssen vor ihrer Einreise Deutsch lernen. Integrationskurse zu schwänzen, kann dann ein Bussgeld bis 1000 Euro kosten. Integrationsfeindliches Verhalten durch Gewalt oder Hassaufrufe kann mit Ausweisung bestraft werden. Einbürgerung wird vor allem für etliche junge Migranten erschwert. vgo Quelle: Badische Zeitung 14. 3. 2007 Beispiel Lörrach: Bleiberecht als Schüttelrost für das restliche Humanmaterial Die Flüchtlingssozialarbeit freier Träger im Kreis Lörrach wird künftig noch mit einer 25-Prozent-Stelle abgedeckt. Zuständig für 409 geduldete Flüchtlinge. In den vergangenen vier Jahren wurden vier Arbeitsplätze abgebaut: zwei bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und zwei beim Diakonischen Werk Lörrach. Bisher haben 214 Flüchtlinge einen Antrag auf Bleiberecht gestellt. Im Mai wird in Schopfheim die Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge geschlossen. Davor waren bereits Unterkünfte in Rheinweiler und am Grenzacher Hörnle dicht gemacht worden. Asylbewerber sind verpflichtet, in den ersten drei Jahren, beziehungsweise bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Asylantrag, in einer GU zu wohnen. Die Barackensiedlung in der Schildgasse in Rheinfelden ist als einzige GU für Asylbewerber, Geduldete, Aussiedler und jüdische Kontingentflüchtlinge im Kreis übriggeblieben.. Hier leben rund 150 Personen, 25 jüdische Kontingentflüchtlinge und 25 Aussiedler eingeschlossen. 8083 Euro bekommen die Kreise pro Asylbewerber vom Land. Das Geld soll 20 Monate lang reichen für die Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Arztkosten und Sozialbetreuung . Das ergibt grob gerechnet vierzig Euro pro Monat und Person. Danach bleibt alles an den Gemeinden hängen. Asylbewerber nach Kräften abgeschreckt und abgeschmettert. Also auch weniger Beratungsbedarf. Die Rechnung geht nicht auf. Die neue Bleiberechtsregelung wirft zum Beispiel Fragen über die zu beschaffenden Unterlagen auf. Zuerst mal einen Pass. Manche Herkunftsländer, wie beispielsweise Syrien, stellen erst Pässe aus, wenn ihre ehemaligen Mitbürger ein Bleiberecht im Fluchtland bekommen haben .Ehemaligen Kosovo-Bürgern geht es kein Haar besser. Die Heimatbehörde gibt nur einen Pass aus, wenn gesichert ist, dass der Betreffende nicht zurückwill. Er muss das Bleiberecht schon haben, für welches er den Pass bräuchte. Vernichtende Bilanz Mit einer 25-Prozent-Stelle finanziert das Diakonische Werk einen Rest an Beratung und Unterstützung. Für den Rest wird auf ehrenamtliche Flüchtlingshilfe verwiesen. Das also die bitteren Aussichten für solche, die angeblich durch das neue Bleiberecht ein königliches Privileg erhalten haben. Die Galgenfrist ist von September 07 auf September 09 verlängert worden. Aus Bayern ist zu hören, dass Asylbewerber weiterhin Residenzpflicht haben und statt Bargeld sich mit Gutscheinen begnügen müssen, bzw. mit Naturalversorgung per Fresspaket. Etwas besser steht es in Baden-Württemberg -aber nicht wesentlich. Der Arbeitsplatz im Jahr 09 müsste für eine Familie laut ak-web-Märzausgabe- c. 750 EURO betragen. Es muss ja selbständiger Unterhalt einschliesslich Wohnung gesichert sein, bevor aus der Duldung das "einstweilige Bleiberecht" wird. Billigst-Jobs reichen dafür nicht aus. Bei c.160 Monatsstunden müsste ein Stundenlohn von 5-6 EURO erreicht werden. Abzüge sind ja auf jeden Fall auch zu zahlen. Die Mini-Aufnahme aus Lörrach zeigt, wie es steht: Es ist ein Rüttelsieb angebracht worden, um aus dem Menschenmaterial das Brauchbare billig herauszuklauben. Schliesslich werden ja ein paar qualifizierte Arbeitskräfte tatsächlich benötigt. Survival of the fittest. Wer sich beim Verletzen der Residenzpflicht nicht erwischen lässt, wer stark genug ist, einen Job zu ergattern. der kann bleiben. Dem Rest wird, wie das Beispiel Lörrach zeigt, noch die letzte Aufwendung entzogen Quelle: Badische Zeitung Quelle: Belgischer Rundfunk – deutschsprachiger Dienst Fast 500 Flüchtlinge auf Lampedusa gelandet Auf der süditalienischen Insel Lampedusa sind heute erneut mehrere hundert Immigranten gestrandet. Unter ihnen befanden sich über 100 Minderjährige. Die Einwanderer seien in einem nur 20 Meter langen Boot unterwegs gewesen, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Den Angaben zufolge könnte es sich um bis zu 500 Flüchtlinge handeln, die genaue Zahl stehe noch nicht fest. Der Gesundheitszustand der Flüchtlinge sei gut, jedoch mussten zwei von ihnen ärztlich behandelt werden. Am Nachmittag sollten die Einwanderer, deren Herkunftsland zunächst unbekannt war, in ein Aufnahmezentrum gebracht werden. Ein Schiff hatte das Boot am Morgen südlich der Insel entdeckt und die Insassen an Land gebracht. 14.03.2007 15:20 International Quelle: Schweizer Fernsehen – Tagesschau 13. März 2007, 20:50; Letzte Aktualisierung: 23:01 Internationaler Schlepperring aufgeflogen Afrikaner in die Schweiz und Deutschland geschleust Eine international agierende Schlepperorganisation hat seit 2003 Menschen aus Afrika in die Schweiz und nach Deutschland geschleust, wo sie dann Asyl beantragten. Im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens sind in den Kantonen Zürich und Aargau fünf Wohn- und Geschäftsräume durchsucht worden. Die Aktion erfolgte zeitgleich mit Hausdurchsuchungen in den deutschen Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, wie die Staatsanwaltschaft Stuttgart mitteilte. Bei den Durchsuchungen wurde umfangreiches Beweismaterial wie schriftliche Unterlagen, Mobiltelefone und Computer sichergestellt. Die mutmasslichen Schlüsselfiguren sind gemäss Mitteilung ein 39-jähriger Schweizer nigerianischer Herkunft, seine 36-jährige Ehefrau und der 66-jährige Geschäftsführer einer Reinigungsfirma mit Sitz in der Schweiz. Ob die drei in Haft sitzen, konnte auf Anfrage allerdings weder bei der Zürcher noch bei der Aargauer Kantonspolizei noch beim Bundesamt für Polizei jemand sagen. Keine Auslieferung Das Verfahren wird von der Staatsanwaltschaft Stuttgart geführt. Da das Schengen-Abkommen der Schweiz mit der EU noch nicht in Kraft ist, ist die Schweiz aber nicht zur Auslieferung eigener Staatsangehöriger verpflichtet, wie Staatsanwältin Bettina Vetter sagte. Einfacher Trick Der Trick der Bande war einfach: Auf Firmenpapier eines Unternehmens aus dem Grossraum Stuttgart - aber ohne dessen Wissen - wurden Einladungsschreiben für Schulungskurse verfasst. Mit solchen Einladungen in der Tasche wandten sich gegen 70 Personen an die Deutsche Botschaft in Lagos (Nigeria), wo sie ein Visum beantragten, wie Vetter erklärte. Von der Botschaft habe man auch den Tipp erhalten, genauer hinzuschauen, sagte Vetter. Offenbar seien aber schliesslich nicht alle eingereist. Zurzeit sind laut Vetter 13 Personen ins Ermittlungsverfahren einbezogen: Neun Eingeschleuste und vier Schlepper. Quelle: derStandard.at 14. März 2007 14:49 MEZ Integration statt Repression: Prodi plant neues Einwanderungsgesetz Ausländern soll Wahlrecht bei Kommunalwahlen gewährt werden Rom - Wende in der italienischen Einwanderungspolitik: Das Gesetz, mit dem die frühere Regierung Berlusconi mit harten Massnahmen die illegale Einwanderung stoppen wollte, wird abgeschafft. Innenminister Giuliano Amato und Sozialminister Paolo Ferrero haben ein neues Gesetz entworfen, mit dem man die legale Immigration fördern will und Ausländern das Wahlrecht bei Kommunalwahlen gewährt. Das Gesetz sieht das aktive und passive Wahlrecht für alle Einwanderer vor, die seit mindestens fünf Jahren legal in Italien leben. Italien passt sich somit an die Strassburger Konvention des Jahres 1992 an, die die Integration von Ausländern fördern will. Um legal nach Italien einwandern zu können, muss ein Immigrant mit einem institutionellen oder privaten "Sponsor" rechnen können. Institutionelle Sponsoren sind Unternehmerverbände, Gewerkschaften oder Lokalbehörden, die finanziell für die Immigranten bürgen können. Als Alternative kommen einzelne Unternehmer oder Private in Frage, die dem Immigranten einen Arbeitsvertrag sichern. Der Ausländer kann auch finanziell für sich selbst bürgen, wenn er beweist, genügend Mittel für seinen legalen Aufenthalt zu besitzen. Das neue Gesetz sieht die Eröffnung von Arbeitsämtern im Ausland bei den Konsulaten oder internationalen Organisationen für Immigrationskandidaten vor, die Italienisch-Kenntnisse besitzen müssen. Die Regierung wird dazu dreijährige Einwanderungsquoten festlegen. Bei Heimpflegerinnen, Facharbeitern und Managern können die Jahresquoten überschritten werden, wenn besonderer Personalbedarf besteht. Ausländer, die seit mindestens fünf Jahren legal in Italien leben, sollen wie EU-Bürger behandelt werden. Das bedeutet, dass sie an Wettbewerben für den Zutritt zu Arbeitsplätzen in der öffentlichen Verwaltung teilnehmen dürfen. Derzeit muss ein Immigrant die italienische Staatsbürgerschaft erhalten, um in der öffentlichen Verwaltung arbeiten zu können. Immigranten sollen auch wie EU-Bürger Zugang zur sozialen Fürsorge haben. Zugleich sollen die Auffanglager für Flüchtlinge schrittweise geschlossen werden. "Dieses Gesetz stützt sich auf die Voraussetzung, dass ein Ausländer unsere Verfassung respektieren und die italienische Sprache kennen muss. Diese beiden Aspekte sind für eine konstruktive Integration wesentlich. Zugleich müssen die zivilen, sozialen und religiösen Rechte der Immigranten respektiert werden. Auf diese Weise können wir versuchen, ein multikulturelles Italien aufzubauen", sagte Ferrero. (APA) Quelle: derStandard.at 14. März 2007 12:12 MEZ
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