Sozialbüro: Ausländerbehörde verschleppt Bleiberechts-Anträge Kreis-Sprecher verneint die angeblich rigide Auslegung der Regeln
“Wiesbadener Kurier“ vom 28.04.2007 Von Christine Dressler HOFHEIM Bis 16. Mai müssen Ausländer mit unsicherem Aufenthalt einen Antrag auf Bleiberecht stellen, wenn sie nicht abgeschoben werden wollen. Das Sozialbüro informierte darüber, wer berechtigt ist, den Antrag zu stellen und welchen Ärger die Anträge im Main-Taunus-Kreis verursachen. Mitte März lagen der Ausländerbehörde 176 Anträge vor. Die Zahl der Menschen, die betroffen sind, schätzten Günter Adam und Sigurd Sartorius vom Sozialbüro aber doppelt so hoch ein. Beide betonten die Brisanz: "Wer den Antrag nicht stellt, hat keine Chance, eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten - nach dem 16. Mai geht da gar nichts mehr." Berechtigt, einen Antrag zu stellen, sind erwachsene Ausländer "mit Kindern in Kindergarten oder Schule, die vor dem 18. November 2000 eingereist sind", und kinderlose Erwachsene, "die mindestens seit 17. November 1998 in Deutschland leben", erklärte Adam. Zudem müssen sie sich ohne Vorstrafen legal im Land aufhalten. Um alle anderen Bedingungen wie Arbeit, Wohnung und Sprachkenntnisse zu erfüllen, hätten die Antragsteller dagegen bis 30. September Zeit. Denn bis dahin müssten sie nach der zurzeit gültigen Bleiberechtsregelung, die auf dem Erlass des hessischen Innenministeriums vom 28. November 2006 basiert, zumindest eine spezielle Duldung bis 30. September erhalten und zu dieser binnen einer Woche eine Arbeitserlaubnis als Basis für die Arbeits- und damit auch für die Wohnungssuche vorlegen, erklärte Sartorius. Doch von den 176 größtenteils bereits im vergangenen Jahr eingegangenen Anträgen bearbeitete die Ausländerbehörde bis Mitte März nur 28 fertig, berichtete Adam. "16 davon mündeten in eine Aufenthaltserlaubnis, eine in einer Duldung und elf wurden abgelehnt." "Bei den anderen Fällen läuft die Prüfung, ohne dass die Leute eine Arbeitserlaubnis erhalten" im Gegensatz zu "allen anderen Ausländerbehörden in Hessen", warf Sartorius der Leiterin der Ausländerbehörde vor, gegen die Vorgaben des Innenministeriums zu handeln. Auch zum letzten Treffen des runden Tisches aller Einrichtungen im Kreis, die mit dem Thema Integration befasst sind, sei die Ausländerbehörde und das Sozialamt nicht gekommen. Als Grund, so Adam, wurden "Zeitgründe" angegeben, obwohl der runde Tisch lediglich zweimal im Jahr für etwa anderthalb Stunden tage. Was für Folgen die Nichtbearbeitung der Fälle hat, schilderte eine Kosovarin mit vier Kindern zwischen acht und 14 Jahren: "Ich lebe seit zehn Jahren im Kreis, meine Kinder gehen hier zur Schule und wir sind gut integriert." Am 8. März habe sie den Antrag gestellt, eine Duldung bis 8. Juni statt 30. September und bisher keine Arbeitserlaubnis erhalten. "Dabei könnte ich seit fünf Wochen vier Stunden am Tag putzen", berichtete die Frau, dass ihr jetziger Zwei-Wochenstunden-Arbeitgeber nur auf die offizielle Erlaubnis warte, sie halbtags einzustellen. "Wir hatten schon zig Leute zur Beratung hier, aber noch keinen einzigen, der eine Duldung bis 30. September erhielt", bestätigte Adam. Der Main-Taunus-Kreis gehe nicht rigider als andere Kreise in Hessen mit Duldungen nach der Bleiberechtsregelung im Ausländerrecht vor, entgegnete der Sprecher des Kreises, Johannes Latsch, als er mit den Vorwürfen konfrontiert wurde. Wie alle Kreise müsse auch der Main-Taunus-Kreis prüfen, "ob ein Antragsteller überhaupt zu dem Personenkreis gehört, auf den sich der Erlass bezieht". Solange diese Prüfung laufe, "kann keine Duldung erteilt werden". Die Prüfungen "dauern manchmal etwas", weil etwa festgestellt werden muss, ob ein Strafverfahren laufe, und wenn ja, wie es abgeschlossen ist, erklärte Latsch. Er betonte, dass der Kreis daran interessiert sei, diese Prüfungen schnell abzuschließen, weil es die Sozialkassen entlastet, wenn der Antragsteller Arbeit findet. "Konkret wurden 200 Anträge aufgrund des Erlasses gestellt", teilt Latsch mit. Davon hätten bisher fünf Antragsteller Duldungen und 19 Aufenthaltsgenehmigungen erhalten. Bei 40 Antragstellern sei festgestellt worden, dass sie nicht unter die Regelung fallen. "Die übrigen 136 Anträge sind nicht entschieden, weil die Prüfungen noch nicht abgeschlossen sind." http://www.wiesbadener-kurier.de/region/objekt.php3?artikel_id=2806123
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