Die Familie der 19-jährigen staatenlosen Kurdin Nissrin Ali musste 2002 aus Syrien fliehen. Staatenlosen Kurden werden in Syrien elementare Menschen- und Bürgerrechte verwehrt. Als der Vater in direkten Konflikt mit dem Regime geriet, suchte die Familie Schutz in Deutschland. Der Asylantrag wurde abgelehnt. Seit dem wird die Familie nur geduldet.
Nissrin, Du warst 13 Jahre alt, als Du mit Deiner Familie aus Syrien geflüchtet bist.
Wir waren sehr erleichtert, als wir endlich in Deutschland ankamen. Wir dachten: Jetzt sind wir in einem freien Land und in Sicherheit.
Was war besonders schwierig in der Anfangszeit?
Unverständlich war für uns, dass wir nicht zu unseren Verwandten ziehen dur ften. Wir mussten mit der ganzen Familie in zwei kleinen Zimmern in einem Flüchtlingslager leben. Damals dachte ich noch: In ein paar Monaten kann Papa arbeiten gehen und wir können in eine ganz normale Wohnung umziehen.
Du lebst aber immer noch in einem Flüchtlingslager?
Weil unser Asylantrag abgelehnt wurde, bekamen wir nur eine Duldung. Schnell hatte ich begriffen, was das Leben mit einer Duldung bedeutet: Sammellager- Ausgrenzung und Diskriminierung. Hinzu kommt die ständige Angst, abgeschoben zu werden. Meine Eltern dürfen nicht arbeiten und ich darf nicht mal eine Ausbildung beginnen. Außerdem darf ich das Bundesland Bayern nicht verlassen.
Wie sieht das Leben im Flüchtlingslager aus, was sind Deine Erfahrungen?
Man hat keine Zukunft und fühlt sich im Lager wie in einem Gefängnis. Man isst, trinkt und schläft. Aber man lebt nicht, man stirbt langsam. Die Essenspakete, die wir bekommen, sind manchmal schon abgelaufen. Es sind oft zu wenig Grundnahrungsmittel dabei. Bis zu acht Leute teilen sich WC, Küche und Bad. Das ist unhygienisch, viele werden krank.
Wie gehst du damit um, dass du als 19-jährige unter solch schwierigen Bedingungen leben musst?
Ich konnte nicht verstehen, warum wir als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Es ist ungerecht. Deswegen habe ich mich mit anderen Flüchtlingen zusammengetan und in Bayreuth mit einer Demonstration auf unsere Situation aufmerksam gemacht. Die Reaktionen waren sehr positiv. Viele Menschen wissen gar nicht, dass es Flüchtlingen oft verboten ist zu arbeiten und sie in Lagern leben müssen.