Die Mahnwache der Samstagsmütter am 9. Juli 2011, Foto: Ahmet Un 09. Juli 2011 Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) unterstützt am morgigen Samstag (9. Juli) die wöchentliche Mahnwache der "Samstagsmütter von Diyarbakir". Mit dem Slogan "Wo sind unsere Kinder!" erinnern sie an das Schicksal ihrer verschwundenen Söhne und fordern von der türkischen Regierung Aufklärung über deren Verbleib. Jeden Samstag versammeln sich Dutzende kurdischer Mütter auf dem Platz "Kosuyolu" der kurdischen Metropole im Südosten der Türkei. Sie werden deshalb die "Samstagsmütter von Diyarbakir" genannt. An diesem Samstag wird der Nahost-Referent der GfbV, Dr. Kamal Sido, an der Mahnwache teilnehmen. Im ganzen Land protestieren kurdische Frauen gegen die staatliche Politik des Verschwindenlassens. Die Initiativen begannen im Mai 1995, als sich zum ersten Mal jeden Samstag die Angehörigen der Verschwunden auf dem Galatasaray-Platz in Istanbul versammelten, um an ihre vermissten Söhne, Väter und Männer zu erinnern. Bis zu 17.000 Kurden – PKK-Kämpfer, Kommunalpolitiker, Journalisten, Anwälte und einfache Bauern – gelten seit den 1990er Jahren als "verschwunden". Sie wurden im türkisch-kurdischen Krieg 1984-1999 von staatlichen Todesschwadronen verschleppt oder kehrten nie von Verhören durch die Militärpolizei Jandarma oder aus der Gefangennahme zu ihren Familien zurück. Seit 2008 versammeln sich auch in Diyarbakir die Mütter der Verschwundenen. Anfänglich versuchte die türkische Regierung, die Initiative dieser Frauen mit Gewalt zu unterdrücken und zu verbieten. Immer wieder wurden die Frauen von türkischen Sicherheitskräften angegriffen, festgenommen, gefoltert und geschlagen. Nur durch ihre Ausdauer und ihren starken Willen haben sie es geschafft, dass ihre Stimmen auch über die Grenzen des Landes gehört wurden. Die GfbV fordert seit Jahren die EU-Staaten dringend dazu auf, darauf hinzuwirken, dass in Südostanatolien die kurdische Sprache und Kultur offiziell dem Türkischen gleichgestellt wird und in Schulen, Medien, bei Behörden und in der Öffentlichkeit gesprochen und geschrieben werden darf. "Die 7.000 Kurden, die in türkischen Haftanstalten einsitzen, nur weil sie Kurdisch sprechen, schreiben oder veröffentlichen wollten oder sich politisch für die kurdische Sache engagierten, müssen umgehend freigelassen werden", forderte der GfbV-Nahostreferent. "Schließlich sollte auch mit Unterstützung der EU ein Wiederaufbauprogramm für die rund 4.000 im türkisch-kurdischen Krieg zerstörten oder verlassenen kurdischen Dörfer initiiert werden, damit die Vertriebenen zurückkehren können. Seit Gründung der kemalistischen Türkei ist die kurdische Bevölkerung in ununterbrochener Folge Opfer von Diskriminierung, Unterdrückung, Vertreibung bis hin zu völkermordartigen Verbrechen geworden", kritisierte Sido. Diyarbakir ist das ökonomische und politische Zentrum der etwa 15 Millionen Kurden in der Türkei. Hier leben auch die meisten Opfer des Krieges. Die Einwohnerzahl der Stadt ist durch den Zustrom kurdischer Flüchtlinge, die während des türkisch-kurdischen Krieges aus ihren Dörfern vertrieben wurden, von 150.000 in den 1970-er Jahren auf mehr als eine Million angewachsen. In den 14 Landkreisen der gleichnamigen Provinz Diyarbakir leben etwa 1,5 Millionen Menschen. Tilman Zülch, Präsident der GfbV-International, ist erreichbar unter Tel. 0551 4990624. SolltenSie Kontakt zu Dr. Kamal Sido wünschen, wenden Sie sich bitte an das Bundesbüro unter Tel. 0551-4990610. |