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Infodienst Migration vom 25.10.2007

BIM 52/2007 - Berliner Infodienst Migration vom 25.10.2007

 

In dieser Ausgabe:

 

1. Bluecard (I): EU öffnet die Tür - Widerstand aus Deutschland

2. Bluecard (II): Verein Deutscher Ingenieure begrüßt Einführung

3. Bluecard (III): Presseschau

4. Dokumentationsstätte für Vertriebene (I): Koalition einigt sich auf Konzept

5. Dokumentationsstätte für Vertriebene (II): Presseschau

6. Berlin: Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen neu gewählt

7. Bad Segeberg, 01.11.2007: Interkulturelles Handeln in der Jugendarbeit

8. Kreuzberg, 26.10.2007: Migrantinnen in Mütter-Kind-Kuren

9. Potsdam, 26.10.2007: „Lange Nacht der Migrationsfilme“

10. Wedding, 31.10.2007: Was tun gegen Rassismus und Gewalt im Fußball?

11. Was anderswo ganz anders ist: Was die Zahl 52 in Italien bedeutet

12. Finnland: Als Einwanderungsland unattraktiv

13. Frankreich: Gentests für Einwanderer trotz massiver Proteste beschlossen

14. Niederlande: Krawalle in Amsterdam

15. Österreich: Asylbewerber im Griff der Fremdenpolizei

16. USA: Einwanderungsstreit heizt Wahlkampf an

17. Feiertag aktuell: 28. Oktober - Ochi-Tag in Griechenland

18. Buch-Tipp: „Der Multikulti-Irrtum“ von Seyran Ates

19. Kino-Tipp: Bab'Aziz - Der Tanz des Windes

20. TV-Tipps

21. BIM zitiert - heute ein Zitat von Ehrhart Körting, Innensenator

 


 

1. Bluecard (I): EU öffnet die Tür - Widerstand aus Deutschland

 

Die EU-Kommission will mit einer so genannten Bluecard die Zuwanderung für hoch qualifizierte Arbeitskräfte erleichtern. Das an die amerikanische Greencard angelehn-te Konzept wurde am Dienstag in Brüssel offiziell vorgestellt. Qualifizierte Nicht-EU-Bürger könnten bald darauf hoffen, leichter Arbeitserlaubnisse oder langfristigere Au-fenthaltsgenehmigungen zu erhalten.

Um eine Bluecard zu bekommen, braucht ein Einwanderer einen mindestens einjäh-rigen Arbeitsvertrag mit einem Gehalt, das mindestens dreimal so hoch ist wie der Mindestlohn in dem entsprechenden Land. Außerdem muss der Bewerber kranken-versichert sein. Angehörige von Besitzern der Bluecard sollten spätestens sechs Mo-nate nach Antragstellung nachkommen dürfen. Zudem profitieren die Bluecard-Trä-ger dem Entwurf zufolge von den gleichen Steuervergünstigungen, Sozialleistungen und Pensionszahlungen wie EU-Bürger. Die Bluecard soll bis zu zwei Jahre gelten und kann danach erneut beantragt werden.

 

Die 27 Mitgliedstaaten müssen das Konzept billigen, damit es realisiert werden kann. In mehreren Ländern, vor allem Deutschland, stößt der Bluecard-Vorschlag aller-dings auf Widerstand. Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner bezeichnete das Vorhaben als "zu weitgehend". Schon im September hatte Arbeitsminister Franz Müntefering gefordert, derartige Angelegenheiten der Verantwortung der nationalen Parlamente und Regierungen zu überlassen.

 

aus: Frankfurter Rundschau vom 24.10.2007

Link: www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=1231423&

2. Bluecard (II): Verein Deutscher Ingenieure begrüßt Einführung

 
Der von der Europäischen Kommission vorgestellte Vorschlag, qualifizierte Arbeits-kräfte in Zukunft mittels einer Blue Card verstärkt für die europäischen Arbeitsmärkte zu gewinnen, stellt für den Verein Deutscher Ingenieure (VDI) einen richtigen Ansatz dar, um dem Ingenieurmangel zu begegnen. Der VDI sieht in den heute vorgestellten Überlegungen der Europäischen Kommission eine Flankierung der vor zwei Monaten in Meseberg vom Bundeskabinett beschlossenen erleichterten Zugangsregelung für Maschinenbau- und Elektroingenieure aus den mittel- und osteuropäischen EU-Bei-trittsländern.

Der Ingenieurverein begrüßt diesbezüglich, dass die Europäische Kommission die Entscheidung, wie viele Arbeitskräfte aus Drittstaaten aufgenommen werden, den Mitgliedstaaten selbst überlassen möchte. Damit ist eine nachfrageorientierte Ar-beitsmarktpolitik möglich, die mit einem vom VDI seit längerem geforderten genaue-ren Monitoring des Arbeitsmarktes einhergehen muss.

Für eine langfristige Strategie zur Bekämpfung des Ingenieurmangels müssen aber auch andere Potenziale genutzt werden. VDI-Direktor Dr. Willi Fuchs verweist in die-sem Zusammenhang auf die Notwendigkeit der frühzeitigen Begeisterung für techni-sche Berufe: „Flächendeckender Technik-Unterricht in den Schulen kann einen wich-tigen Beitrag zur Lösung des Fachkräftemangels darstellen.“

 

aus: VDI-Pressemitteilung vom 24.10.2007

Link: www.vdi.de/vdi/start.php?cms_id=903

3. Bluecard (III): Presseschau

 

Das WESTFALEN-BLATT aus Bielefeld warnt: "Die deutsche Wirtschaft sollte nicht glauben, dass die EU-Kommission jetzt mit der Bluecard den Rettungsanker ausge-worfen hat, mit dem sich die Probleme lösen lassen. Schon die Greencard des da-maligen Kanzlers Gerhard Schröder im Jahr 2000, mit der der boomenden IT-Bran-che geholfen werden sollte, hat sich letztlich als Fehlschlag erwiesen. Noch immer gibt es 40.000 offene Stellen für IT-Spezialisten, und auch nach anderen Fachkräften ruft die Industrie händeringend. Jetzt rächt sich, dass die Ausbildung von Fachkräften jahrelang vernachlässigt worden ist. Jetzt rächt sich zudem, dass zu wenig in Bildung investiert worden ist", unterstreicht das WESTFALEN-BLATT.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG äußert sich zur Reaktion der Bundesregierung: "Fast hysterisch hatte man in Berlin schon vor Wochen auf die Einwanderungs-Initiative der Kommission reagiert. Arbeitsminister Franz Müntefering zeigte nationale Abwehr-Reflexe, die in einem geeinten und modernen Europa eigentlich nichts mehr zu su-chen haben. Dabei hat die Kommission wie so oft nichts anderes getan, als einen Auftrag der EU-Mitgliedstaaten zu erfüllen. Kein nationaler Arbeitsminister sollte sich dadurch bedroht fühlen. Alle in der EU müssen anstreben, die besten Wissenschaft-ler in Europa zu binden. Ob die Länder auf dem eigenen Arbeitsmarkt die klügsten Köpfe der Welt dann auch unterbringen können - das müssen sie dann wie bisher alleine entscheiden", hebt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hervor.

Die
NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG kommentiert: "Bedenkenträger aus Union und SPD sind sich erstaunlich einig in der Ablehnung der Brüsseler Pläne. Und entdek-ken ihr Herz für die großen Reserven im deutschen Arbeitsmarkt. Oder verweisen er-satzweise darauf, dass ab November geeignetem Personal aus mittel- und osteuro-päischen Staaten der Zuzug nach Deutschland erleichtert und der Mangel so gemil-dert wird. Das sind aber nur Ablenkungsmanöver, ungeeignet, die Defizite zu behe-ben. Fachkräfte stehen keineswegs Schlange an Deutschlands Grenzen. Staaten wie die USA, Kanada und Australien sind weit offener. Dort weiß man längst, dass zugereiste Spezialisten Wohlstand bringen, nicht Probleme verursachen. Nicht Ab-schottung, sondern Wettbewerb um die besten Kräfte ist also das Gebot", mahnt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.

 

DER STANDARD aus Wien sieht in diesem Vorstoß einen "Test für die Zukunftsfä-higkeit Europas": "Eine EU-Einwanderungspolitik ist dringend notwendig und den-noch unerreichbar. Ein junger Afrikaner oder Inder, der mit dem Gedanken spielt, nach Europa auszuwandern, muss sich über die Gegebenheiten auf dem Kontinent wundern. Wenn er hier Drogen handeln oder andere Verbrechen begehen will, dann macht es ihm die EU sehr leicht: Er kann ohne jede Kontrolle von Land zu Land rei-sen und dabei jederzeit untertauchen. Will er aber arbeiten und gar eine Familie gründen, dann stößt er auf kaum überwindbare Hürden. In ihrem Bestreben, nur ja nicht toleranter als die Nachbarn zu erscheinen, weil dies als Magnet für die einwan-derungswilligen Massen wirken würde, haben die meisten Staaten in den vergange-nen Jahren ihre Einwanderungs- und Asylgesetze bis hin zur offenen Fremdenfeind-lichkeit verschärft", kritisiert DER STANDARD aus Österreich.

Völlig anderer Ansicht ist der
DAILY TELEGRAPH aus Großbritannien: "In diesem Land leben nach Schätzungen bis zu einer Million illegaler Einwanderer. Und es sind Einwanderer, die sich nicht integrieren wollen. Und gerade jetzt schlägt Brüssel eine Bluecard vor, um noch weitere 20 Millionen Asiaten und Afrikaner in die Union he-reinzulassen, um den Arbeitskräftemangel auszugleichen. Großbritannien kann in diesem Fall zum Glück sein Recht auf die vereinbarte Ausnahmeregelung geltend machen, um diesen ruinösen Vorschlag abzuweisen", schreibt der DAILY TELE-GRAPH aus London.

 

aus: Deutschlandradio Presseschau vom 24.10.2007

 

4. Dokumentationsstätte für Vertriebene (I): Koalition einigt sich auf Konzept

 

Nach langem Streit hat sich die große Koalition auf ein Konzept für ein Dokumentati-ons-entrum zum Schicksal der Vertriebenen geeinigt. Bundestagsvizepräsident Wolf-gang Thierse (SPD) und Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) haben sich da-rauf verständigt, in Berlin ein solches Zentrum zu schaffen. Für das Dokumentations-zentrum soll laut Thierse eine nichtselbständige Stiftung unter dem Dach des Deut-schen Historischen Museums in Berlin gegründet werden. Der Erinnerungsort zu Flucht und Vertreibung am Ende des Zweiten Weltkriegs könnte im "Deutschland-haus" am Anhalter Bahnhof in Berlin untergebracht werden. Im Gespräch ist eine Ausstellungsfläche von mehr als 18.000 Quadratmetern.

 

Umstritten bleibt jedoch, wie groß der Einfluss der Vertriebenenverbände auf das Zentrum sein wird. Thierse hatte der Süddeutschen Zeitung gesagt: "An dem Projekt, das die Bundesregierung verwirklicht, ist der Bund der Vertriebenen nicht beteiligt." Dem widerspricht die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach "Selbstverständlich waren und sind die deutschen Heimatvertriebenen in die Vorar-beiten zu der Konzeption eng eingebunden und werden in den wichtigen Gremien der von der Bundesregierung zu errichtenden Stiftung vertreten sein", erklärte Stein-bach in Berlin. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, dass Persönlichkeiten aus den Vertriebenenorganisationen im Beirat der Stiftung "angemessen" vertreten seien. Das Kabinett werde den Entwurf für das Projekt noch dieses Jahr verhandeln.

 

Der Berliner Historiker und Antisemitismusforscher Wolfgang Benz begrüßt das Kon-zept des Dokumentationszentrums. Unter dem Dach des Deutschen Historischen Museums sei dieses "an der richtigen Stelle angesiedelt", sagte Benz der taz. "Eine Verewigung der deutschen Opferhaltung hat dort keinen Platz." Gleichzeitig wies er Steinbachs Anspruch einer maßgeblichen Beteiligung der Vertriebenenverbände am Projekt zurück. "Es muss sichergestellt werden, dass die Einrichtung nicht unter den Einfluss des Bundes der Vertriebenen gerät", sagte Benz.

 

Das Deutsche Historische Museum hat angekündigt, die Ausstellung im geplanten Vertriebenen-Zentrum nicht auf das Schicksal deutscher Vertriebener beschränken. "Unser Ziel ist es, eine Ausstellung im Kontext der europäischen Geschichte zu ma-chen und keine auf das Schicksal der Deutschen verengte Sicht zu zeigen", sagte Museumsdirektor Hans Ottomeyer am Mittwoch.

 

Union und SPD hatten sich 2005 im Koalitionsvertrag darauf verständigt, ein "sicht-bares Zeichen" zum Gedenken an Vertreibungen zu schaffen. Unabhängig hiervon wollte Vertriebenen-Chefin Erika Steinbach ein "Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin" durchsetzen, das Flucht und Vertreibung am Ende des Zweiten Weltkriegs thematisieren sollte. Unklar ist, ob die Vetriebenenverbände an einem eigenen Zen-trum festhalten werden, wenn sie nicht angemessen an dem im Deutschlandhaus beteiligt sein werden. Steinbach sagte zwar, sie habe "nie den Wunsch gehabt, Mu-seumsdirektorin zu werden". Ob ihr Verband sich aber mit einem Sitz im Beirat zu-frieden gibt, ist noch nicht entschieden.

 

aus: taz vom 25.10.2007, Link: www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/das-zentrum-fuer-vertriebene-kommt/?src=AR&cHash=f51ab1d818

 

5. Dokumentationsstätte für Vertriebene: Presseschau

 

Zur geplanten Dokumentationstätte für Vertriebene schreiben die KIELER NACH-RICHTEN: "Die Republik ist reif, sich einem der letzten Kapitel der dunklen Vergan-genheit zu stellen: der Flucht und Vertreibung von Deutschen aus Osteuropa. Berlin, die Hauptstadt, ist dafür der richtige Ort, ein Dokumentationszentrum statt eines Mahnmals die richtige Form, die Finanzierung durch den Bund der richtige Weg. Nun scheint es so, als könne das Vorhaben nur noch an Erika Steinbach scheitern. Das Verhältnis der Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen zu den Polen und Tsche-chen, die dem Projekt kritisch gegenüberstehen, ist vergiftet - und Steinbach ist da-ran nicht unschuldig", heißt es in den KIELER NACHRICHTEN.

"Die Entscheidung ist eine weitere Zwischenstation in einem bemerkenswerten politi-schen Prozess", hebt die
FRANKFURTER RUNDSCHAU hervor. "Stand das Zen-trumsprojekt anfangs im Verdacht, ein ideologisch angetriebenes Unterfangen aus dem Geist geschichtspolitischer Umdeutung und des Revanchismus zu sein, so kann man inzwischen von einer neuen Legitimität der Vertreibungsfrage sprechen. Zwei weithin angenommene Ausstellungen im vergangenen Jahr haben gezeigt, dass ein politisch aufgeklärter Blick auf das so emotional besetzte Thema möglich ist. Man kann über das Leiden der deutschen Bevölkerung am Ende des Zweiten Weltkriegs sprechen, ohne sich dem Verdacht auszusetzen, die Täterrolle der Deutschen ver-harmlosen und eine Opferrolle beanspruchen zu wollen", betont die FRANKFURTER RUNDSCHAU.

Die SCHWERINER VOLKSZEITUNG hält fest: "Lange hat sich die politische Linke in Deutschland mit dem Thema Vertreibung schwer getan und tut dies zum Teil noch heute. Und Funktionäre der Vertriebenenverbände wie Erika Steinbach, die noch zu den Moderateren gehört, haben einen unverkrampften Umgang mit der Thematik nicht gerade erleichtert", meint die SCHWERINER VOLKSZEITUNG.

Vor diesem Hintergrund blickt die
TAGESZEITUNG noch einmal auf den Machtwech-sel in Polen: "Die Abwahl der nationalistischen Rechts-Regierung in Warschau, die jede Form der Erinnerung an Flucht und Vertreibung in Deutschland als Geschichts-revisionismus verteufelte, birgt Chancen für eine polnisch-deutsche Zusammenarbeit bei dem Dokumentationsprojekt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Opfer-Mytho-logen und Geschichtspolitiker beiderseits der Oder an dem künftigen Beratertisch für das Zentrum Platz nehmen müssen. Aber keinen Einfluss auf die endgültige Gestalt nehmen", findet die TAGESZEITUNG.

"Selbstverständlich werden Vertreter der Vertriebenenverbände dem Beirat der staat-lichen Stiftung angehören," ist die
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG über-zeugt. "Die BdV-Vorsitzende Steinbach hatte denn auch allen Grund zur Freude: Ihre Intention war es von Anfang an, dass nicht eine private Stiftung das Gedenken an die Vertreibungen übernimmt, sondern dass sich der Staat Deutschland zu dieser Ge-schichte und zu seiner Verantwortung für die Vertriebenen bekennt. Wenn Deutsch-land wirklich den vielfältigen Verdächtigungen entgegentreten will, eigenes Leid ge-gen eigene Untaten aufrechnen zu wollen, Folgen des Kriegs mit seinen Ursachen zu verwechseln oder gar den Holocaust relativieren zu wollen, dann muss es gerade-zu dieses Zentrum errichten. Nicht nur im Umgang mit eigenen Verbrechen, sondern auch in dem mit unseren Opfern können wir zeigen, dass wir unsere Lektionen aus der Geschichte gelernt haben", argumentiert die FAZ.

"Das Leid der Menschen aus den einstigen Ostgebieten muss einerseits anschaulich werden, weil sich die Betroffenen sonst über mangelndes Mitgefühl entrüsten wür-den. Andererseits darf nicht emotionalisiert werden", erkennt die
LEIPZIGER VOLKSZEITUNG ein Dilemma. "Denn das könnte die Polen und Tschechen verlet-zen. Zudem gehört zum Gesamtbild, dass der Krieg, zu dessen Opfern am Ende auch die Deutschen wurden, vom Hitler-Reich ausgegangen war. Um gar nichts ver-kehrt zu machen, wäre es ratsam, aufzulisten, dass es Vertreibungen schon vor mehr als 2000 Jahren gab und dass sie - Beispiel Darfur - bis heute anhalten", em-pfiehlt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.

 

aus: Deutschlandradio Presseschau vom 25.10.2007

 

6. Berlin: Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen neu gewählt

 

In der Neuköllner Werkstatt der Kulturen sind am Mittwochabend, den 24. Oktober 2007, die Repräsentanten der Berliner Migrantinnen und Migranten für die 3. Wahl-periode (2007–2009) des Landesbeirates für Integrations- und Migrationsfragen ge-wählt worden.

Wahlberechtigt waren Vertreterinnen und Vertreter von 112 Migrantenvereinen, die sich auf einer bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport öffentlich geführten Liste eingetragen hatten. Um die sechs Plätze im Integrationsbeirat bewarben sich 11 Kandidatinnen und Kandidaten. Zur Sicherstellung einer ausgewogene Repräsen-tanz waren 5 der 6 Plätze für bestimmte Herkunftsregionen vorgesehen worden. Von den 112 wahlberechtigten Vereinen erschienen 48. Dies ist ein erheblicher Anstieg gegenüber der letzten Wahl in 2005, an der sich 30 Wahlberechtigte beteiligt hatten.

Gewählt wurden Frau Judy Gummich und Frau Elena Brandalise als Stellvertreterin für die Region Europäische Union, Frau Tatjana Forner und Frau Gayane Arpinyan als Stellvertreterin für die Region Europa außerhalb der Europäischen Union, Herr Dr. Mehmet Alpek und Frau Nazire Karaman als Stellvertreterin für die Region Tür-kei  Herr Hamid Nowzari für die Region Naher und Mittlerer Osten, Pakistan, Indien,: Herr Yonas Endrias für die Region Fernost, Afrika, Süd-, Mittel- und Nordamerika und Herr Hakan Taş sowie Frau Bosiljka Schedlich als Stellvertreterin für den Sitz ohne regionale Quotierung:

Integrationssenatorin Dr. Heidi Knake-Werner unterstrich während der Wahlveran-staltung die bisherigen Erfolge des Landesbeirates bei der Fortentwicklung der Inte-grationspolitik des Landes Berlin. „Die Arbeit des Integrationsbeirates ist keine Alibi-veranstaltung, sondern eine wesentliche Grundlage für die Partizipation von Migran-tinnen und Migranten“, so die Senatorin. Dies zeige sich zum Beispiel an der vom Integrationsbeirat vorgeschlagenen und vom Senat inzwischen beschlossenen Bun-desratsinitiative zur Einführung des kommunalen Wahlrechts für DrittstaatlerInnen.

Für die kommende Wahlperiode kündigte die Senatorin als Vorsitzende des Integra-tionsbeirats eine breite Debatte über das Integrationskonzept 2007 sowie die zügige Erarbeitung eines Berliner Aktionsplans gegen ethnische Diskriminierung und Ras-sismus an - und zwar gemeinsam - Senat und MigrantInnenvertreterInnen aus dem Integrationsbeirat.

Der Berliner Senat hatte im Jahr 2003 die Einrichtung des Landesbeirates für Inte-grations- und Migrationsfragen beschlossen. Der Integrationsbeirat umfasst insge-samt 29 Mitglieder. Außer den gestern gewählten Vertreterinnen und -vertretern der Migrantenvereine sind alle Senatsverwaltungen und die Senatskanzlei durch Staats-sekretärinnen oder Staatssekretäre vertreten sowie der Rat der Bürgermeister und mehrere nichtstaatliche Organisationen. Vorsitzende des Beirats ist die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales Frau Dr. Heidi Knake-Werner und Geschäftsführer der Beauftragte für Integration und Migration Günter Piening.
Der Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen tritt am 28. November 2007 im Berliner Rathaus zur konstituierenden Sitzung seiner dritten Wahlperiode zusam-men. Weitere Informationen zum Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen unter: www.berlin.de/lb/intmig/beirat/index.html

 

aus: Pressemeldungen des Landes Berlin vom 25.10.2007

 

7. Bad Segeberg, 01.11.2007: Interkulturelles Handeln in der Jugendarbeit

 

Deutschland ist ein Einwanderungsland mitten in Europa. Kulturelle Vielfalt bedeutet zugleich Herausforderung und Chance. Jugendarbeit und außerschulische Jugend-bildung können dazu beitragen, die negativen Effekte von Migration für Kinder und Jugendliche abzuschwächen und deren interkulturellen Ressourcen zu stärken. Auch wenn Zuwanderung in Schleswig-Holstein keine große Rolle spielt: Es leben hier über 136.000 Menschen mit Migrationshintergrund, ca. ein Drittel von ihnen ist jünger als 25 Jahre.

 

Integration ist eine aktuelle und eine zukünftige Herausforderung, insbesondere auch für die Kinder- und Jugendhilfe. Wie kann persönliche und gesellschaftliche Integra-tion gelingen, welche Rolle kann die Jugendarbeit dabei spielen? Auch Kinder und Jugendliche ohne Migrationserfahrung müssen Adressaten interkultureller Angebote werden, um sie so für das gemeinsame Miteinander der Kulturen in Europa und die Effekte der Globalisierung zu stärken.

 

Dazu veranstalten das schleswig-holsteinische Sozialministerium und die Landesar-beitsgemeinschaft „Mädchen und junge Frauen in der Jugendhilfe“ am Donnerstag, 01.11.2007, eine Fachtagung in der Jugendbildungsstätte „Mühle“ in Bad Segeberg.

 

Mehr Informationen und Anmeldung über E-Mail an info@vjka.de

 

8. Kreuzberg, 26.10.2007: Migrantinnen in Mütter-Kind-Kuren

 

(BIM) Der Anteil von Migrantinnen an Mütter-Kind-Kuren ist mit weniger als vier Pro-zent sehr gering. Daher wollen der Caritasverband Berlin und das Müttergenesungs-werk Berlin mit der Kampagne „Interkulturelle Kurberatung“ Migrantinnen Mut ma-chen, Zugangsbarrieren zu überwinden. Wesentliche Hindernisse liegen einerseits in den Strukturen von Einrichtungen, die auf Migrantinnen und deren spezifische Be-dürfnisse nicht ausgerichtet sind, andererseits  fühlen sich Migrantinnen von Mütter-Kind-Kur-Programmen nicht angesprochen. 

 

Zur Eröffnung der Kampagne laden der Caritasverband Berlin und das  Müttergene-sungswerk Berlin für morgen, 26.10.2007, 16.00 Uhr in das Interkulturelle Familien-beratungszentrum der Caritas, Lausitzer Straße 41-44 in 10999 Berlin-Kreuzberg ein.

9. Potsdam, 26.10.2007: „Lange Nacht der Migrationsfilme“

 

Das Jahr 2007 wurde von der Europäischen Kommission zum „Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle“ ausgerufen. Im Rahmen des Europäischen Jahrs fin-den eine Reihe von Veranstaltungen statt, die sich der Bekämpfung von Diskriminie-rung, der Vermittlung von Vielfalt als positiven Wert und der Förderung der Chancen-gleichheit für alle widmen.

Mit einem Schuss Humor werden die Themen Selbstbestimmung und Selbstverwirk-lichung von Migrantinnen und Migranten in den ausgewählten Filmen aufgegriffen und betont, dass jenseits üblicher, medial vermittelter Klischees und Stereotype ein differenzierteres Bild gezeichnet werden muss. Abgerundet durch zwei Kurzfilme und eine anschließende Diskussion gilt es, gerade die Vielfältigkeit des Alltags, die ge-mischten Lebensstile und das Spielen mit Zuschreibungen („Mimikry“) zu veran-schaulichen.

 

Die „Lange Nacht der Migrationsfilme“ am Donnerstag, 25.10.2007, wird von der Inte-grationsbeauftragten des Landes Brandenburg in Kooperation mit dem Filmmuseum Potsdam durchgeführt. Gezeigt werden ab 17.00 Uhr u.a. „Kick it like Beckham“, „My big fat Greek Wedding” und „East is East”

 

Weitere Informationen unter: www.filmmuseum-potsdam.de

 

10. Wedding, 31.10.2007: Was tun gegen Rassismus und Gewalt im Fußball?

 

Während in der Bundesliga aufgrund unterschiedlicher Entwicklungen und Maßnah-men rassistische Vorfälle zurückgegangen sind, scheinen die unteren Ligen dem Problem hilflos gegenüber zu stehen: Immer wieder werden Spiele aufgrund von oft mit Gewalt und Rassismus verbundenen Vorfällen abgebrochen.

Welche Konzepte sind erfolgversprechend, um Rassismus und Gewalt im Stadion die Rote Karte zu zeigen? Ist es möglich, Modelle aus der ersten Bundesliga in die unteren Ligen zu übertragen?

Diskussion mit Dr. Erhart Körting, Senator für Inneres und Sport; Gerd Liesegang, stell. Vorsitzender Berliner Fußball-Verband; Sabine Behn, Geschäftsführerin Cami-no - Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich; Dr. Esther Lehnert, Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus, Berlin; Moderation: Silvester Stahl, Institut für Sportwissenschaft der Uni Potsdam.

Die Veranstaltung des August-Bebel-Instituts, die mit Unterstützung von Camino – Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich durchgeführt wird,, findet statt am Mittwoch, 31.10.2007, 18.00 Uhr im Kurt-Schuma-cher-Haus, Müllerstraße 163, in Berlin-Wedding statt.

 

Weitere Informationen und Anmeldung über den Geschäftsführer des August-Bebel-Instituts, Ingo Siebert, Telefon 030 46 92120

 

11. Was anderswo ganz anders ist: Was die Zahl 52 in Italien bedeutet

 

Nicht Fußball, sondern Lotto ist der eigentliche italienische Nationalsport. Die ver-rücktesten Lottospieler sind die Neapolitaner. Welche fünf von insgesamt 90 Zahlen sie ankreuzen sollen, sagen ihnen ihre Träume und ein seit Jahrhunderten in ganz Italien bekanntes Traumdeutungsbuch, die Smorfia. Darin werden jeder Zahl mehre-re Symbole zugeordnet und jedem Symbol mehrere Zahlen. Entscheidend für die richtige Interpretation ist der haargenaue Handlungsablauf des Traums. Ein Beispiel: Nehmen wir an, ein Neapolitaner träumt von seiner Mutter. Aus der Smorfia erfährt er, dass die Zahl 52 der Mutter zugeordnet ist. Doch darf er sich lottozahlentechnisch damit noch lange nicht in Sicherheit wiegen. Es gibt nämlich die unterschiedlichsten Mütter: Spielt die im Traum erschienene Mamma irgendein Spiel, ändert sich die Zahl in 74, und die Bedeutung ist „Sehnsucht nach der Vergangenheit“. Eine gesunde Mutter deutet auf ein „Wiedersehen mit Verwandten und Freunden“ (48). Aber Vor-sicht: Schaut man aus größerer Entfernung auf die gesunde Mutter, ist die „Rückkehr ins Vaterland“ gemeint (69). Und wenn tatsächlich irgendwo der Hauptgewinn gezo-gen wird? Dann gibt es in der Lottoannahmestelle, in der das Los abgegeben wurde, einen Tag lang Sekt und Wein gratis, das Fernsehen schaut vorbei und in der nächs-ten Zeit werden alle Lottospieler ihre Zahlen genau dort auswählen. An solch einem Ort ist das Glück ja quasi garantiert.

 

Der Autor, Ralf Oldenburg, geboren 1968, arbeitete fünf Jahre lang als DAAD-Lektor auf Sardinien. Er lebt in Berlin.

 

aus KULTURAUSTAUSCH IV/2007

 

12. Finnland: Als Einwanderungsland unattraktiv

 

Eine Vielzahl von Untersuchungen zeigt, dass Finnland mehr Einwanderer braucht. Max Arhippainen meint im HUFVUDSTADSBLADET, in der Debatte werde jedoch das Wesentliche übersehen: "Es muss auch jemand hierher kommen wollen. Doch wir Finnen sind nicht besonders aufnahmebereit. Die Regeln müssten so aussehen, dass man hier tatsächlich eine Arbeit aufnehmen kann. Unsere Einwanderungspolitik stammt aber zu weiten Teilen noch aus einer Zeit, in der es ihre Hauptaufgabe war, die Grenzen so dicht wie möglich zu machen." Arhippainen fordert Änderungen am Asylverfahren: "Wer nur eine B-Einstufung erhält, darf hier weder arbeiten noch stu-dieren. Der Ausschuss für Antirassismus des Europarats hat das zu Recht immer wieder kritisiert. Der Ansatz, Menschen zu verbieten, sich selbst ein Auskommen zu schaffen, ist der blanke Wahnsinn - menschlich und wirtschaftlich."

 

Link zum Artikel (schwedisch): www.hbl.fi/text/ledare/2007/10/24/d6886.php

 

aus: euro|topics-newsletter vom 25.10.2007

 

13. Frankreich: Gentests für Einwanderer trotz massiver Proteste beschlossen

 

Trotz weitverbreiteten Widerstands hat das französische Parlament die Einführung von Gentests für Einwanderer beschlossen. Die Abgeordneten der Pariser National-versammlung votierten am frühen Dienstagabend mit 282 gegen 235 Stimmen für das umstrittene Vorhaben der Regierung. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten mehr als 250.000 Menschen eine Petition der Organisation SOS Racisme unterschrieben, um das Gesetz in letzter Minute noch zu stoppen.

Mit dem Gentest sollen Einreisewillige Zweifel an ihrer Blutsverwandtschaft ausräu-men. Er ist Teil eines Gesetzespaketes, mit dem die Regierung die Hürden für den Familiennachzug von Ausländern nach Frankreich deutlich erhöhen will. Nach dem Parlament musste noch der Senat seine Zustimmung geben. Dies galt allerdings als Formsache, nachdem sich ein Vermittlungsausschuss bereits auf einen entschärften Entwurf geeinigt hatte.

Die Sozialisten haben deshalb angekündigt, dass sie die Anrufung des Verfassungs-rats in Erwägung zögen. "Der Rat könnte den Test noch für verfassungswidrig erklä-ren", erklärte SOS Racisme am Dienstag. Die Organisation rief dazu auf, den Protest fortzusetzen. Zu den Unterzeichnern ihrer Petition gehören unter anderen der kon-servative Expremierminister Dominique de Villepin und die Schauspielerin Isabelle Adjani. Sie warnten vor der "Einführung der Idee, biologische Antworten auf politi-sche Fragen zu geben". Das Gesetz zerstöre eine konstruktive Debatte über Immi-gration, heißt es in der Petition. Sie verlangt von Präsident Nicolas Sarkozy die Rück-nahme des Tests.

Der Test ist zu einer Belastungsprobe für seine Regierung geworden. Staatssekretä-rin Fadela Amara bezeichnete es unlängst als "ekelhaft", wie das Thema Immigration "immer wieder instrumentalisiert" werde. An Demonstrationen beteiligten sich auch Mitglieder aus der Regierungspartei Partei UMP.

Sarkozy hatte das Vorhaben am Montag noch einmal verteidigt. "Es geht darum, Menschen freiwillige Gentests zu ermöglichen, um ihre Abstammung nachzuweisen", sagte er der marokkanischen Zeitung "Le Matin". Der Präsident hat die Bekämpfung illegaler Einwanderung zu einem seiner zentralen Themen gemacht und will den Anteil von Arbeitskräften an Zuwanderern von sieben auf 50 Prozent anheben.

 

aus: Stuttgarter Zeitung vom 24.10.2007

Link: www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1548511

 

14. Niederlande: Krawalle in Amsterdam

Am 14. Oktober ist in Amsterdam ein jugendlicher Marokkaner von zwei Polizisten getötet worden. In den darauffolgenden Nächten brannten in Amsterdam Autos. Die Zeitung DE VOLKSKRANT schreibt: "Die Debatte im Parlament nimmt wieder einen schärferen Ton an. Dort ist zu hören, die Eltern von jungen Randalierern und Krimi-nellen sollten für die Schäden, die ihre Kinder anrichten, zur Verantwortung gezogen werden... Manche verweisen auf die Möglichkeit von Geldstrafen oder die Streichung von Familienbeihilfen. Natürlich vernachlässigen manche Eltern die Erziehung ihrer Kinder sträflich. Aber es gibt viele Eltern, die es einfach nicht schaffen, ihre Kinder in den Griff zu bekommen, obwohl sie alles dafür tun. Was die Angelegenheit erschwert - abgesehen von dem Fall des jungen Marokkaners -, ist die Tatsache, dass auch die Eltern oft große Mühe haben, sich in den Niederlanden zu integrieren."

 

Link zum Artikel (niederl.): http://extra.volkskrant.nl/opinie/commentaar.php?id=1017

aus: euro|topics-newsletter vom 24.10.2007

 

15. Österreich: Asylbewerber im Griff der Fremdenpolizei

 

Die Emotionen gehen hoch, die Debatte um Asylbewerber und Zuwanderung er-reicht in Österreich immer breitere Schichten. Es geht längst nicht mehr um Einzelfäl-le, auch wenn diese gern benutzt werden - groteskerweise oft ein- und dieselben Schicksale für konträre Argumentationen. Immer häufiger bekommen bestens inte-grierte Ausländer, die schon seit vielen Jahren unbehelligt in Österreich lebten, Aus-weisungsbescheid und Termin für die Abschiebung. Oder die Staatsgewalt schafft sie gleich außer Landes. Seit den frühen 90er-Jahren hat Österreich die einschlägigen Gesetze schrittweise verschärft. Dabei ist die Außengrenze der Europäischen Union im Zuge der EU-Er-weiterung einige hundert Kilometer süd- und ostwärts gerückt, und die Zahl der Asylwerber sank drastisch. Zudem braucht Österreich Zuwande-rung, sonst wird das Problem der Überalterung unlösbar, sagen die Demografen.

 

Dennoch wird der Griff der Fremdenpolizei immer fester: Da wird ein Ausweisungs-bescheid sogar auf ein sechs Monate altes Baby einer Asylwerberin ausgestellt (der immerhin nicht rechtskräftig wird, weil die Mutter Berufung eingelegt hat, so dass Mutter und Kind noch in Wien sind). Andernorts taucht die 15-jährige Arigona unter, nachdem ihr Wohnhaus von Polizisten umstellt wurde und der Vater sowie zwei Ge-schwister per Flugzeug abgeschoben wurden. Vater und Geschwister sind nun im Kosovo, das Mädchen und ihre Mutter in Österreich. Seit drei Wochen ist auch ein 16-Jähriger mit Mutter und Bruder auf der Flucht vor der Fremdenpolizei. Ein 18-jäh-riger Schwarzer rammt sich ein Messer in den Leib, weil der Asylantrag abgelehnt wurde und ihm Abschiebehaft drohte.

 

Etliche Gemeinderäte beschlossen Resolutionen, um sich für integrierte Ausländer stark zu machen, tausende Menschen demonstrierten. Arbeitgeber engagieren sich für Mitarbeiter, über denen das Damoklesschwert der Abschiebung hängt, und stellen Österreichs Asylpolitik an den Pranger. Demgegenüber prescht etwa Erwin Pröll, Landeshauptmann in Niederösterreich und einer der mächtigen Männer in der ÖVP, vor: Die Polizei solle doch Strafregister von Asylwerbern veröffentlichen dürfen, wenn diese an die Öffentlichkeit treten. Applaus von rechts, Schelte von links und der Sprecher des UN-Flüchtlingshochkommissariats meint: "An-den-Pranger-Stellen war im Mittelalter".

 

Das ist die Kulisse, vor der die Regierung aus Sozialdemokraten und Christdemokra-ten nun eine "Integrationsplattform" gestartet hat. Ziel ist es, die Spielregeln festzule-gen, nach denen sich Zuwanderer in Österreich integrieren können - und welche Hil-festellungen dazu nötig sind. Die Plattform ist ein erster Schritt: Im Frühjahr 2008 kommt dann das Fremdenrecht auf den Prüfstand. Mit der "Integrationsplattform" wendet sich das offizielle Österreich erstmals vom Paradigma ab, das 20 Jahre als unumstößlich gegolten hat: von der These, dass Österreich kein Einwanderungsland sei. Zuwanderung wird ein Thema, ein bisschen. Die SPÖ-ÖVP-Regierung will den Rechtsaußen im Lande die Lufthoheit über den Stammtischen entziehen.

 

aus: Berliner Zeitung vom 23.10.2007 (Michael Lohmeyer), Link: www.berlinonline.de

/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2007/1023/politik/0038/index.html?keywords=

Fremdenpolizei&search_in=archive&author=&ressort=Politik&von=&bis=

 

16. USA: Einwanderungsstreit heizt Wahlkampf an

 

Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Fred Thompson hat sich mit einem Gesetzesvorschlag zum verschärften Kampf gegen die illegale Einwanderung von seinen innerparteilichen Rivalen Rudolph Giuliani und Mitt Romney abgesetzt. Dem-nach sollen Städte weniger Bundesmittel erhalten, wenn sie sich weigern, gegen ille-gal eingewanderte Einwohner vorzugehen. „Das Geld der Steuerzahler sollte nicht für illegale Einwanderer ausgegeben werden“, sagte Thompson am Dienstag bei ei-ner Diskussionsveranstaltung in Naples, Florida. Der ehemalige Senator von Tennes-see forderte auch strengere Gesetze zur Überprüfung von Unternehmen, die illegal eingewanderte Personen beschäftigen, und für eine wirksamere Verfolgung von Menschenschmugglern.

Thompson hat Giuliani und Romney vorgeworfen, das Problem der illegalen Einwan-derung zu nachsichtig anzugehen. Unterdessen verlegten die Behörden 408 Ab-schiebehäftlinge aus einem umstrittenen Gefängnis in Los Angeles in andere Ge-fängnisse. Die Vollzugsbehörde Immigration and Customs Enforcement (ICE) teilte mit, das Gefängnis werde für vier bis sechs Wochen geschlossen, um nötige War-tungsarbeiten auszuführen.

 

Die Anwälte der betroffenen Abschiebehäftlinge reagierten empört auf die Verlegung, da sie zuvor nicht davon unterrichtet worden seien. „Das ist eine extreme Verletzung der Häftlingsrechte“, sagte der Jura-Professor Neils Frenzen dem DAILY JOURNAL. Das Gefängnis in der Vorstadt San Pedro ist eine von mehreren Anstalten, die die Kritik von Bürgerrechtlern auf sich gezogen haben. 

 

aus: NETZEITUNG.DE vom 25.10.2007

Link: www.netzeitung.de/ausland/788330.html

 

17. Feiertage aktuell: 28. Oktober - Ochi-Tag in Griechenland

 

Der Ochi-Tag (griechisch Επέτειος του «'Οχι», Epétios tou Ochi, Jahrestag des „Nein“) wird jährlich in ganz Griechenland am 28. Oktober gefeiert und erinnert an die Ablehnung des von Mussolini am 28. Oktober 1940 an Griechenland gestellten Ulti-matums. Der griechische Diktator Ioannis Metaxas verweigerte dessen Annahme angeblich nur mit dem einen Wort „οchi“ (όχι, „Nein“). Metaxa war vom 4. August 1936 bis zum 29. Januar 1941 griechischer Staatschef.

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Das Ultimatum wurde Metaxas in seinem Haus im Athener Vorort Kifissia um kurz nach drei Uhr Uhr morgens durch den italienischen Botschafter Emanuele Grazzi übergeben. Es beinhaltete die Forderungen, dass Griechenland den Achsenmächten erlauben sollte, griechisches Territorium zu betreten und nicht näher spezifizierte „strategisch wichtige Punkte“ zu besetzten, eine Ablehnung dieser Forderung würde mit Krieg beantwortet werden. Metaxa habe dieses Ultimatum der Legende nach mit einem schlichten „Nein“ (όχι, ochi) beantwortet. Wie Grazzi in seinen Erinnerungen schreibt, lautete die wörtliche, auf Französisch formulierte Antwort Metaxas' in Wirk-lichkeit jedoch „Alors, c'est la guerre“ („Nun, dann ist Krieg“).[1] Grazzi erwiderte da-raufhin „Pas necessaire, mon excellence“ („Nicht unbedingt, Exzellenz“), woraufhin Metaxas entgegnete „Non, c'est necessaire“ (etwa: „Doch, es muss so sein“). Als Antwort auf Metaxas Ablehnung marschierten italienische Truppen von Albanien aus - damals ein italienisches "Protektorat" - schon um 5:30 Uhr in Nordgriechenland ein. Damit war Griechenland als kriegsführende Partei in den 2. Weltkrieg eingetreten. Am Vormittag des 28. Oktober gingen große Teile der griechische Bevölkerung unge-achtet der eigenen politischen Orientierung auf die Straße, um ihren Unmut mit "Ochi, ochi"-Rufen zu bekunden.

 

aus: Wikipedia, der freien Enzyklopädie, Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Ochi-Tag

 

18. Buch-Tipp: „Der Multikulti-Irrtum“ von Seyran Ates

 

Jedes Jahr im Sommer wird Seyran Ates von vielen Menschen freundlich und wohl-meinend mit der gleichen Frage konfrontiert. Nämlich, ob sie ihre Ferien denn in die-sem Jahr in der Heimat verbringen wolle. Mit der Heimat meinen die Fragesteller nicht etwa Deutschland, sondern selbstverständlich die Türkei. Seit ihrem sechsten Lebensjahr lebt Seyran Ates in Berlin. Sie setzt sich nicht nur als Anwältin für die Rechte von Migrantinnen ein, Seyran Ates ist ein Medienstar, Deutschlands berühm-teste Islamkritikerin, die mit aller Vehemenz Migranten dazu auffordert, sich besser in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. "Der Multikulti-Irrtum. Wie wir in Deutsch-land besser zusammen leben können" heißt nun, nach dem autobiografischen Bestseller "Große Reise durchs Feuer", Ates' neuestes Buch.

 

Es ist ein Buch, das zu allen Lebenslagen von Migranten etwas zu sagen versucht - von Ehrenmord und Kopftuch über Scharia und Bildungsprobleme bis zur Leitkultur-debatte - und das zu all diesen Problemlagen Lösungsvorschläge parat hat. Die wis-senschaftliche Forschung und deren Ergebnisse werden dabei nur begrenzt berück-sichtigt. So fordert die Autorin etwa - trotz des bereits erwiesenen Misserfolgs solcher Aktionen - Migrantenkinder per Bus in die Schulen anderer Stadtteile zu verfrachten, damit sie in Klassen mit weniger hohen Ausländeranteil besser deutsch lernen. Sie wiederholt auch stur ihre immer gleiche, keine anderen Gedanken zulassende Posi-tion zum Kopftuch. Trotzdem hat Seyran Ates ein wichtiges Buch geschrieben. Wü-tend und kraftvoll versucht sie beide Seiten in den Blick zu nehmen, die migrantische und die deutsche. Überraschendes erfährt man über das türkische Leben hier.