Wort zum Sonntag: „Wie hältst du es mit Olympia?“ 11.08.2008 Frankfurter Theologin Verena Maria Kitz spricht in ARD Sendung FRANKFURT. Über das Thema „Wie hältst du es mit Olympia?“ hat die Frankfurter Theologin Verena Maria Kitz am Samstag (9. August) um 22.15 Uhr in der ARD-Sendung „Wort zum Sonntag“ gesprochen: „Hast du gestern Olympia geguckt?“ Das haben mich heute ganz viele Leute gefragt. Und ich hab natürlich auch zurückgefragt. „Na klar!“, hat die eine Nachbarin gesagt. „Den Spaß hab ich mir nicht nehmen lassen, diese Massen von Menschen, alles perfekt. Und der kleine Junge und der chinesische Fahnenträger, das war so richtig zum Gänsehautkriegen.“ „Nee“, hat der Lehrer gesagt, den ich beim Einkaufen getroffen habe, „bei dem Theater jetzt noch mit Internetzensur, das guck ich mir doch nicht an!“ Vor uns an der Kasse stand eine ältere Dame. Sie drehte sich um und sagte: „Ja, aber die armen Sportler – die haben doch jahrelang trainiert und jetzt guckt keiner zu?“ Ich hab mir die Eröffnungsfeier angeguckt – mit sehr gemischten Gefühlen. Irgendwie sind diese Olympischen Spiele zur Gewissensfrage geworden: „Wie hältst du es mit Olympia?“ Und ich finde, die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Auf der einen Seite: Ich schau mir total gerne Leichtathletik an – wem nützt das, wenn ich es jetzt sein lasse? Und hat sich nicht schon manches getan in China, seit der Entscheidung für Peking vor sieben Jahren? Auf der anderen Seite sind da die vielen vielen Menschen, Tibeter und Chinesen, die schon vor Monaten, Jahren verhaftet und drangsaliert wurden. Von ihrem Land verjagt, gefoltert, nur weil sie ihre Rechte fordern. Was also tun: Wie halten wir es mit Olympia, wir ganz normalen Zuschauerinnen und Zuschauer? Wegschauen von den Menschenrechten oder wegschauen von den Spielen? Dabei ist die Vision vom olympischen Frieden so verheißungsvoll: Frieden im Sport: die Besseren gewinnen, ganz ohne Doping, die Anderen sind einfach froh, dabei zu sein. Frieden auf der ganzen Welt: die Waffen schweigen, die Menschen atmen auf. Wie bei der Eröffnungsfeier, als die Weltkugel in der Mitte des Stadions aufstieg: Eine Welt – ein Traum“, das Motto der Spiele bringt’s auf den Punkt. Leider Gottes hat sich ja bei fast allen Spielen gezeigt, dass das nicht funktioniert: Es gibt Krach um Medaillen, Kämpfe, die Kriege gehen weiter, wie ganz aktuell jetzt leider im Kaukasus. Wäre es da nicht ehrlicher, zu sagen: Weg mit dem Traum? Wir können die Welt sowieso nicht ändern. Genießen wir den tollen Sport und vergessen mal für kurze Zeit das ganze Elend! Nein! Ich will den Traum vom Frieden nicht vergessen. Ich will sogar mehr, als alle vier Jahre für zwei Wochen Frieden zu spielen und dann wieder zur Tagesordnung überzugehen. Mut dazu macht mir die biblische Vision vom Frieden, von Schalom. Schalom ist mehr als nur die Abwesenheit von Krieg – es meint Frieden, Gerechtigkeit, Wohlergehen für alle Menschen. Die Bibel weiß ziemlich genau, wie wir Menschen gestrickt sind. Dass wir das mit dem Frieden aus eigener Kraft nicht hinbekommen. Trotzdem hält sie fest daran, dass mit Gottes Hilfe Frieden, Schalom und Versöhnung möglich sind. Nicht erst irgendwann im Himmel, sondern auf dieser Erde, mit diesen Menschen. So wird die biblische Friedenshoffnung eine treibende Kraft. Sie treibt mich an, nicht wegzusehen, sondern genau hinzusehen. Nicht nur ins Stadion, sondern in die vielen Berichten über die Lebenssituation, die Menschenrechte in China. Sie treibt mich an zu fragen: Was kann ich denn tun für den Frieden, und sei es noch so wenig? Was kann ich unterstützen, wofür ganz konkret beten? Ich werde hinschauen nach China – vielleicht zur Leichtathletik und ganz bestimmt zur Situation der Menschen. Und wie werden Sie es halten mit Olympia?
Wer die Sendungen mit Verena Maria Kitz versäumt hat, kann jetzt auf den Service der ARD zurückgreifen. Unter der Internetadresse http://www.daserste.de/wort/podcast.asp ist ein Podcast der jeweils aktuellen Ausstrahlung eingestellt.
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