Internationaler Frauentag am 8. März Frauenfeindliche Asylentscheidung: Wie ein “Ehrenmord“ posthum bagatellisiert wird Wie jetzt bekannt wurde, ist in dem Fall des Münchener „Ehrenmordes“ an einer jungen Irakerin eine skandalöse Asylentscheidung getroffen worden. Im Oktober 2006 war die Frau auf offener Straße von ihrem Ex-Ehemann ermordet worden. Aus den Akten des Asylverfahrens geht hervor, dass die Bedrohung der Frau erst vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht ernst genommen worden ist. In der posthumen Entscheidung des Münchener Verwaltungsgerichts wurde der Ehrenmord sodann als selbstverschuldet bewertet. Ein zynischer Schlusspunkt eines frauenfeindlichen Asylverfahrens. Die Frau war im Jahr 2002 als Flüchtling aus dem Irak anerkannt worden. Im Juni 2006 wurde ihr Asylrecht jedoch widerrufen, da sich mit dem Sturz Saddam Husseins die Situation im Irak angeblich verbessert habe und keine Verfolgung mehr drohe. Hiergegen erhob ihr Anwalt Klage und machte geltend, dass sie nun Verfolgung durch die Familie des Ehemanns im Irak zu erwarten habe und auf asylrechtlichen Schutz nach wie vor angewiesen sei. Hintergrund war, dass die Frau sich von ihrem Ehemann gegen dessen Willen hatte scheiden lassen. Sowohl der in Deutschland lebende Ex-Ehemann als auch dessen im Irak lebende Familie trachteten ihr deswegen nach dem Leben. Vor dem Verwaltungsgericht München trug sie vor, dass sie im Irak den Racheakten der Familie ihres Ehemanns schutzlos ausgeliefert wäre. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte das Vorbringen im Schriftsatz vom August 2006 als „gesteigerten Sachvortrag“ und damit als unglaubwürdig hin: „Es ist schwer vorstellbar, dass der zum Mord aufgerufene (noch) Ehemann zu seinem Opfer gegangen sein soll, um es zu warnen“. Dass der Ehemann erst noch gedroht hatte, bevor er später zur Tat schritt, wurde vom Bundesamt als Indiz für die Unglaubwürdigkeit der Frau gewertet. Nach der Ermordung der Frau hatte das Verwaltungsgericht nicht mehr direkt über ihren asylrechtlichen Schutzanspruch zu entscheiden. Jedoch musste das Gericht über den Prozesskostenhilfeantrag entscheiden, was eine Prognose einschließt, ob die Klage Erfolgsaussichten gehabt hätte. In dem Beschluss vom 20. März 2007 stellt das Verwaltungsgericht München fest: „Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin sieht das Gericht die vorgetragene Gefährdung der Klägerin durch ihre Familie als keinen Fall der geschlechtsspezifischen Verfolgung i.S.v. § 60 Abs. 1 AufenthG an, da Anknüpfungspunkt der Aspekt der gesellschaftlichen Familienehrenregeln und nicht das Geschlecht als solches ist. Die Klägerin war aber nicht aufgrund ihres Geschlechts gefährdet, sondern aufgrund ihres vorangegangenen Verhaltens ihrem Mann und ihrer Familie gegenüber“. Das Gericht attestierte der Klage, dass sie keine Erfolgsaussichten gehabt hätte. Dies zeigt, dass sich auch drei Jahre nach der Anerkennung von geschlechtsspezifischer und nichtstaatlicher Verfolgung durch das Zuwanderungsgesetz in den Köpfen mancher Richter noch nichts verändert hat. Während sich die Bundesregierung in der Integrationsdebatte gern als Vorreiterin im Kampf für Frauenrechte darstellt, ist bei derartigen frauenfeindlichen Asylurteilen von offizieller Seite nichts zu vernehmen. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Böhmer hat im Oktober 2007 anlässlich der strafrechtlichen Verurteilung im Münchener „Ehrenmordfall“ die Migrantenorganisationen aufgefordert, einen aktiven Beitrag zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zu leisten beziehungsweise ihre Anstrengungen zu verstärkten. PRO ASYL fordert die Bundesregierung auf, einen aktiven Beitrag gegen die Bagatellisierung von Gewalt an Frauen in Asylverfahren zu leisten. Nicht nur der Gewalt gegen Frauen muss entgegen gewirkt werden, sondern auch deren Bagatellisierung durch deutsche Behörden und Gerichte. gez. Marei Pelzer Referentin
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