Flüchtlinge werden registriert Göttingen, 14. Oktober 2008
Nach den anhaltenden schrecklichen Morden an assyro-chaldäischen Christen und der Massenflucht tausender christlicher Familien aus der nordirakischen Metropole Mossul soll die Bundesregierung sofort einen Notfallplan ausarbeiten. Dies hat der Generalsekretär der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Tilman Zülch, am Dienstag gefordert. Gleichzeitig erhob die internationale Menschenrechtsorganisation schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung: "Durch die träge und unflexible Entscheidungsfindung, ob Deutschland ein Kontingent dieser Christen aus dem Irak aufnehmen soll, wurde wertvolle Zeit vertan." Berlin müsse jetzt schnell handeln und endlich ein großes Kontingent christlicher Flüchtlinge aus dem Irak aufnehmen, sagte Zülch. Außerdem solle die Bundesregierung sofort ein Hilfs- und Ansiedlungsprogramm für die gejagten Christen in der Niniveh-Ebene, nördlich und östlich von Mossul initiieren. Dort stellen Christen, Yeziden und die kleine Ethnie der Shabak die Mehrheitsbevölkerung.
Von der irakischen Zentralregierung in Bagdad forderte die GfbV, der Niniveh-Ebene, diesem verbliebenen Hauptsiedlungsgebiet der assyro chaldäischen Christen, Autonomie zu gewähren. Dort befürworten weite Teile der Bevölkerung den Anschluss an den Bundesstaat Kurdistan als selbstverwalteter Distrikt.
In Panik sind Tausende assyro-chaldäische Christen in den vergangenen Tagen aus Mosul geflohen, nachdem radikale Islamisten binnen zwei Wochen mindestens zwölf Christen ermordet hatten. In den Kleinstädten Telskof, Batnaya, Talkaif, Bartalla, Baghdeda, Karmelis und Nahla der Niniveh-Ebene sind allein seit August 1571 christliche Flüchtlingsfamilien aus Mossul eingetroffen. Wie viele zusätzlich im autonomen Bundesstaat Kurdistan Zuflucht gesucht haben, konnte das Büro der GfbV in Arbil bisher nicht genau ermitteln.
Die GfbV dokumentiert seit 2003 die Verbrechen an den irakischen Assyro-Chaldäern und warnt seit langem vor einem Exodus der Assyro-Chaldäer aus dem Irak. Die "Chronik des Schreckens" der GfbV belegt die Systematik der Vertreibung dieser religiösen Minderheit aus ihrem Jahrtausende alten Siedlungsgebiet. Seit mehr als zwei Jahren fordert die GfbV, dass Deutschland ein Kontingent assyro-chaldäisch-aramäischer Flüchtlinge aus dem Irak aufnimmt, die Kirchen in Syrien, Jordanien und dem Libanon bei der Versorgung dort eingetroffener irakischer Christen konkret unterstützt und auch den Familien, die im Irak bleiben können und wollen, direkte politische und wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen anbietet. |