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Auslaufen der Altfallregelung – Was tun?

 

Auslaufen der Altfallregelung – Was tun?

 

Hinweise zum Umgang mit Verlängerungsanträgen nach
§ 104a AufenthG und zu Beratungsalternativen

 

 

30.000 Menschen haben nach der Altfallregelung aus dem Jahr 2007 nur eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten. Am 31.12.2009 endet die Frist, innerhalb derer die Betroffenen ihren Lebensunterhalt überwiegend eigenständig gesichert haben müssen. Anderenfalls droht ihnen die Zurückstufung in die Duldung.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, zeitgerecht eine „angemessene Regelung“ zu finden. Ob die Konferenz der Landesinnenminister (IMK) oder der Bundesgesetzgeber über eine solche Regelung entscheiden soll, wurde offen gelassen. Die nächste Sitzung der IMK wird erst Anfang Dezember 2009 in Bremen stattfinden. Auch ein Bundesgesetz braucht Zeit. Damit besteht die Gefahr, dass es für die Betroffenen bis kurz vor Jahresende ungewiss bleibt, wie es weiter gehen wird. Für den Fall, dass trotz der Absichtserklärung keine Änderung oder Verlängerung der Altfallregelung beschlossen wird, kommt es auf eine gute Beratung an, damit zumindest die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Nachfolgend wird ein grober Überblick gegeben, welche Anträge gestellt werden können. Eine Beratung durch einen Rechtsanwalt oder eine Beratungsstelle wird allerdings durch diese Kurzinformationen nicht ersetzt.

 

 

I. Aufenthaltserlaubnis auf Probe: Welche Anträge sollte ich stellen?

 

 

Ø     Stellen Sie den Antrag vor Ablauf ihrer bisherigen Aufenthaltserlaubnis!

 

Ø    Beantragen Sie die Verlängerung Ihrer Aufenthaltserlaubnis gem. § 104a Absatz 5 in Verbindung mit § 23 Absatz 1 AufenthG. [1]
Falls noch nicht geschehen, stellen Sie den schriftlichen Antrag auf Verlängerung Ihrer Aufenthaltserlaubnis möglichst umgehend.
Stellen Sie den Antrag auch dann, wenn Sie Ihren Lebensunterhalt noch nicht vollständig eigenständig sichern können. Nach der Altfallregelung reicht eine überwiegende Lebensunterhaltssicherung. Zudem ist es möglich, dass die Politik entscheidet, dass die Frist für den Nachweis der Lebensunterhaltssicherung verlängert oder dass auf diese Kriterium verzichtet wird.

Ø    Stellen Sie neben dem Verlängerungsantrag nach der Altfallregelung  hilfsweise[2] auch einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu jedem anderen Zweck. Der genaue Zweck muss nicht und sollte auch nicht unbedingt angegeben werden.[3]
Nur unter Heranziehung eines Rechtsanwaltes oder einer Beratungsstelle sollte eine Konkretisierung des Hilfsantrages vorgenommen werden. Mögliche Anträge können sein:

 

a. Antrag nach § 25 Absatz 4 Satz 2 AufenthG auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte;

b. Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 AufenthG wegen Bestehen eines Ausreisehindernisses (z.B. schwere Erkrankung, fehlende Reisemöglichkeit);

c. Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 EMRK wegen beachtlicher familiärer Bindungen;

d. Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG zu vorübergehenden Zwecken

Auch Aufenthaltszwecke außerhalb des humanitären Aufenthaltsrechts kommen in Betracht:

e. Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a AufenthG zum Zwecke der Beschäftigung von qualifizierten Geduldeten;

f. Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 oder § 17 AufenthG zum Zwecke der Ausbildung oder des Studiums;

g. Antrag auf ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsratsbeschluss 1/80 für türkische Staatsangehörige;  

h. Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Absatz 1 S. 3 AufenthG (Auffangnorm für nicht vorgesehene Aufenthaltszwecke).


 

II. Was tun, wenn über den Verlängerungsantrag bis zum 31.12.2009 nicht entschieden wird?


 

Wenn die Ausländerbehörde bis zum 31.12.2009 keine Entscheidung über den Verlängerungsantrag trifft, bestehen folgende Probleme:

  • Die Aufenthaltserlaubnis auf Probe ist bis zum 31.12.2009 befristet und erlischt damit zu diesem Datum automatisch. Damit wird auch die mit der Aufenthaltserlaubnis verknüpfte Beschäftigungserlaubnis unwirksam.
    Folge: Die betroffene Person wird ausreisepflichtig. Eine Abschiebung ist aber nicht automatisch zu befürchten, da Vollzugsmaßnahmen noch nicht eingeleitet sind. Vielmehr muss eine Duldung von der Ausländerbehörde erteilt werden (zu den Anträgen s.u.).

  • Es ist umstritten, ob ein Verlängerungsantrag eine Fiktionswirkung[4] auslöst. Nach der Weisungslage in NRW besteht eine Fiktionswirkung[5]. Ob sich diese Ansicht auch in anderen Bundesländern durchsetzen wird, ist noch nicht absehbar. Im Folgenden sollen Hinweise für den Fall gegeben werden, dass Ihre Behörde davon ausgeht, dass keine Fiktionswirkung besteht.
    Wenn keine Fiktionswirkung angenommen wird, hat dies folgende Auswirkungen: Wird dem Verlängerungsantrag später stattgegeben, war der Aufenthalt nicht ununterbrochen rechtmäßig. Zwischen dem 1.1.2010 bis zum Tag der Entscheidung über den Verlängerungsantrag bestand keine (fingierte) Aufenthaltserlaubnis. Relevant ist dies z.B. für Anträge auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, die in der Regel nur erteilt wird, wenn der Ausländer fünf Jahre ununterbrochen eine Aufenthaltserlaubnis besessen hat.

 

Welche Anträge sind sinnvoll?


Ø    Beantragen Sie, dass – für den Fall der Entscheidung über den Verlängerungsantrag nach dem 31.12.2009 –  die verlängerte Aufenthaltserlaubnis rückwirkend mit Gültigkeit ab dem 1.1.2010 erteilt wird.

 

Ø    Beantragen Sie zudem, dass –  für den Fall der  Entscheidung über den Verlängerungsantrag nach dem 31.12.2009 –  bis zur Verlängerungsentscheidung entweder eine Aufenthaltserlaubnis zu vorübergehenden Zwecken gem. § 25 Absatz 4 S. 1 AufenthG oder eine Duldung und eine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden.
Bitte kontaktieren Sie im Voraus die Ausländerbehörde und erkundigen Sie sich, ob Sie bei nicht rechtzeitiger Entscheidung über Ihren Verlängerungsantrag für den Übergang zumindest eine Duldung erhalten sollen. Wenn das nicht der Fall ist, muss ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht eingereicht werden. Denn wenn die Ausländerbehörde nicht einmal eine verfahrenssichernde Duldung erteilen möchte, ist eine Abschiebegefahr begründet, gegen die sich zur Wehr setzen sollten.

 

III. Was tun, wenn die Ausländerbehörde den Verlängerungsantrag abgelehnt hat?

 

 

Wenn Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis durch die Ausländerbehörde abgelehnt worden sind, sollten unter Hinzuziehung eines Anwaltes oder einer Beratungsstelle folgende Maßnahmen erwogen werden:

 

Ø    Legen Sie nach vorheriger anwaltlicher Prüfung umgehend Widerspruch oder Klage gegen die Ablehnung Ihrer Anträge ein. Rechtsmittel können sie nur innerhalb bestimmter Fristen einlegen, die Sie der Belehrung am Ende des Bescheides entnehmen können und unbedingt beachten müssen.

Ø    Stellen Sie einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht zur Verhinderung einer Abschiebung.

 

 

 

IV. Alternativen: Antrag bei der Härtefallkommission, Asylantrag

 

 

Wurden die oben beschriebenen Anträge von der Ausländerbehörde abgelehnt oder sind sie absehbar nicht erfolgversprechend, sollte geprüft werden, ob ein Antrag bei der Härtefallkommission erfolgversprechend ist. Erkundigen Sie sich bei Ihrem Landesflüchtlingsrat über die Antragsmodalitäten und Voraussetzungen für ein Härtefallverfahren.

Die Stellung eines Asyl(folge-)antrages ist wegen möglicher negativer Auswirkungen auf andere Verfahren nur dann anzuraten, wenn Sie durch einen Rechtsanwalt oder eine Beratungsstelle zuvor sorgfältig beraten worden sind.

 

 

26. Oktober 2009

Marei Pelzer (PRO ASYL)


Kontakt: Flüchtlingsräte in den Ländern


Baden-Württemberg: Flüchtlingsrat

Urbanstr. 44, 70182 Stuttgart

Tel.: 0711/55 32 834; Fax: 0711/55 32 835

Homepage: www.fluechtlingsrat-bw.de

E-mail: info@fluechtlingsrat-bw.de,

 

Bayern: Flüchtlingsrat

Augsburger Str. 13, 80337 München

Tel.: 089/76 22 34, Fax: 089/76 22 36

Homepage: www.fluechtlingsrat-bayern.de

E-Mail: kontakt@fluechtlingsrat-bayern.de

 

Berlin: Flüchtlingsrat

Georgenkirchstr. 69-70, 10249 Berlin

Tel.: 030/24 34 45 76-2

Fax: 030/24 34 45 76-3

Homepage: www.fluechtlingsrat-berlin.de

E-Mail: buero@fluechtlingsrat-berlin.de

 

Brandenburg: Flüchtlingsrat

Rudolf-Breitscheid-Str. 164, 14482 Potsdam

Tel. + Fax: 0331/71 64 99

Homepage:

www.fluechtlingsrat-brandenburg.de

E-Mail: info@fluechtlingsrat-brandenburg.de

 

Bremen: Zuflucht - Ökumenische Ausländerarbeit Bremen

Berckstr. 27, 28359 Bremen

Tel. + Fax: 0421/800 70 04

Homepage: www.kirche-bremen.de/themen/

oekumene_auslaenderarbeit.php

E-Mail: fluechtlingsarbeit@kirche-bremen.de

 

Hamburg: Flüchtlingsrat

Nernstweg 32-34, 3. Stock, 22765 Hamburg

Tel.: 040/43 15 87, Fax: 040/430 44 90

Homepage: www.fluechtlingsrat-hamburg.de

E-Mail: info@fluechtlingsrat-hamburg.de

 

Hessen: Flüchtlingsrat

Leipziger Str. 17, 60487 Frankfurt

Tel.: 069/97 69 87 10, Fax: 069/97 69 87 11

Homepage: www.fr-hessen.de

E-Mail: hfr@fr-hessen.de

 

Mecklenburg-Vorpommern: Flüchtlingsrat

Postfach 11 02 29, 19002 Schwerin

Tel.: 0385/58 15 790, Fax: 0385/58 15 791

Homepage: www.fluechtlingsrat-mv.de

E-Mail: kontakt@fluechtlingsrat-mv.de

Niedersachsen: Flüchtlingsrat

Langer Garten 23 B, 31137 Hildesheim

Tel.: 05121/156 05, Fax: 05121/316 09

Homepage: www.nds-fluerat.org

E-Mail: nds@nds-fluerat.org

 

Nordrhein-Westfalen: Flüchtlingsrat

Bullmannaue 11, 45327 Essen

Tel.: 0201/899 08-0, Fax: 0201/899 08-15

Homepage: www.fluechtlingsrat-nrw.de

E-Mail: info@fluechtlingsrat-nrw.de

 

Rheinland-Pfalz: Arbeitskreis Asyl

Kurhausstr. 8, 55543 Bad Kreuznach

Tel.: 0671/84 59 15 -2

Fax: 0671/84 59 15 -4

Homepage: www.asyl-rlp.org

E-Mail: info@asyl-rlp.org

 

Saarland: Flüchtlingsrat

Kaiser-Friedrich-Ring. 46, 66740 Saarlouis

Tel.: 06831/48 77 93-8

Fax: 06831/48 77 93-9

Homepage: www.asyl-saar.de

E-mail: fluechtlingsrat@asyl-saar.de

 

Sachsen: Flüchtlingsrat

Henriettenstr. 5, 09112 Chemnitz

Tel.: 0371/90 31 33, Fax: 0371/35 52 105

Homepage:

www.saechsischer-fluechtlingsrat.de

E-Mail: info@saechsischer-fluechtlingsrat.de

 

Sachsen-Anhalt: Flüchtlingsrat

Schellingstr. 3-4, 39104 Magdeburg

Tel.: 0391/537 12 81, Fax: 0391/537 12 80

Homepage: www.fluechtlingsrat-lsa-online.de

E-mail: akeff@web.de

 

Schleswig-Holstein: Flüchtlingsrat

Oldenburger Str. 25, 24143 Kiel

Tel.: 0431/73 50 00, Fax: 0431/73 60 77

Homepage: www.frsh.de

E-Mail: office@frsh.de

 

Thüringen: Flüchtlingsrat

Warsbergstr. 1, 99092 Erfurt

Tel.: 0361/217 27 20, Fax: 0361/217 27 27

Homepage: www.fluechtlingsrat-thr.de

E-Mail: info@fluechtlingsrat-thr.de

 

 



[1] Bei Familien können die Aufenthaltstitel der einzelnen Familienmitglieder unterschiedlich aussehen. Denkbare Aufenthaltstitel: Aufenthaltserlaubnis nach § 23 I (weil bereits der Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit gesichert war), Aufenthaltserlaubnis auf Probe gem. § 104a Absatz 1 AufenthG, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG oder eine Duldung.
Merke: Die Verlängerungsvoraussetzungen sind unterschiedlich. Diese müssen für jedes Familienmitglied gesondert geprüft werden.

[2] Hilfsweise Anträge werden gestellt für den Fall, dass der eigentliche Antrag abgelehnt wird. Dann muss die Ausländerbehörde auch den anderen Antrag prüfen und über ihn entscheiden.

[3] Die Ausländerbehörde muss von sich aus alle in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen prüfen.

[4] Was ist mit „Fiktionswirkung“ gemeint? Normalerweise gilt bei der Verlängerung eines Aufenthaltstitels der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt des Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend (§ 81 Absatz 4 AufenthG). Die Anwendung dieser Regelung wurde in § 104a Absatz 5 S. 5 AufenthG ausgeschlossen. Ob dieser Ausschluss auch für die Verlängerung gem. § 23 Absatz 1 S. 1 AufenthG gilt, ist umstritten.

[5] Erlass NRW v. 30.9.2009: http://www.emhosting.de/kunden/fluechtlingsrat-nrw.de/system/upload/download_1999.pdf

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