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"Status: Geduldet" (10. November)

Nah dran

Start der achten Staffel "Junger Dokumentarfilm" im SWR
VON TILMANN P. GANGLOFF

Davon träumt man als junger Filmemacher. Das Thema des Debütfilms darf frei gewählt werden, die Finanzierung ist gesichert, während der Produktion kann man jederzeit auf Rat und Tat zurückgreifen, und eine Ausstrahlungsgarantie gibt es obendrein: So was bietet hierzulande allein das Modell "Junger Dokumentarfilm" des SWR.

Dass auch der Sender profitiert, belegen die sechs neuen Filme der diesjährigen Staffel. Zwar erfüllen nicht alle die Vorgabe von SWR-Redakteurin Gudrun Hanke-El Ghomri, die Dokumentationen sollten "eine sozialpolitische Diskussion in Deutschland aufgreifen, polarisierende Reaktionen auslösen oder wichtige Lebensbereiche der Menschen betreffen". Aber sehenswert sind sie. Manche mehr, andere weniger, wie es in der Natur der Sache liegt.

Aus naheliegenden Gründen ermuntert Hanke-El Ghomri die jungen Autoren, ihre Themen "weniger in der weiten Welt als in den ihnen vertrauten Lebenswirklichkeiten zu suchen": Die Filme werden schließlich im dritten Programm gezeigt (immer montags um 23.15 Uhr). Nicht minder entscheidend sei aber das ehrliche Interesse der Filmemacher: "Das Thema muss sie packen."

Deshalb durften zwei Autoren in die Ferne schweifen: Der heutige Auftakt, "Sonbol", porträtiert eine iranische Rennfahrerin. Die "Rallye durch den Gottesstaat" (so der Titelzusatz) ist aber bloß ein Lockmittel, denn Niko Apels Film stellt eine Frau vor, die den Zwiespalt im Leben nicht nur vieler Musliminnen, sondern des gesamten Landes verkörpert.

Sonbol ist 35 Jahre alt, hat eine Zahnarztpraxis, fährt Autorallyes - und muss bei ihrer Mutter leben: Als alleinstehende Frau kann sie keine Wohnung mieten. Außerdem ist geschieden und somit zusätzlich stigmatisiert, was immer wieder zu verletzenden Auseinandersetzungen mit ihrer Mutter führt. Der Film lebt vor allem von den vielen reizvollen Widersprüchen: Einerseits fragt sich Sonbol, ob Allah ihr munteres Treiben gutheißt, andererseits erzählt sie gern schmutzige Witze.

Der Islam ist auch der Grund für mehrere Aufenthalte Jan Gabriels im nordbadischen Wertheim. "Moschee, nein Danke!" (am 29. September) hat er das Ergebnis genannt: Seit zwanzig Jahren streiten sich die Einwohner über den Bau. Bislang treffen sich die einheimischen Moslems zum Gebet in einer heruntergekommenen ehemaligen Fabrik. Im Gegensatz zu Apel, der komplett ohne Kommentar auskommt, berichtet Gabriel als Ich-Erzähler von seinen Eindrücken.

Entlarven durch Beobachtung


Gleichfalls sehenswert ist

Nah dran

Start der achten Staffel "Junger Dokumentarfilm" im SWR
VON TILMANN P. GANGLOFF

Davon träumt man als junger Filmemacher. Das Thema des Debütfilms darf frei gewählt werden, die Finanzierung ist gesichert, während der Produktion kann man jederzeit auf Rat und Tat zurückgreifen, und eine Ausstrahlungsgarantie gibt es obendrein: So was bietet hierzulande allein das Modell "Junger Dokumentarfilm" des SWR.

Dass auch der Sender profitiert, belegen die sechs neuen Filme der diesjährigen Staffel. Zwar erfüllen nicht alle die Vorgabe von SWR-Redakteurin Gudrun Hanke-El Ghomri, die Dokumentationen sollten "eine sozialpolitische Diskussion in Deutschland aufgreifen, polarisierende Reaktionen auslösen oder wichtige Lebensbereiche der Menschen betreffen". Aber sehenswert sind sie. Manche mehr, andere weniger, wie es in der Natur der Sache liegt.

Aus naheliegenden Gründen ermuntert Hanke-El Ghomri die jungen Autoren, ihre Themen "weniger in der weiten Welt als in den ihnen vertrauten Lebenswirklichkeiten zu suchen": Die Filme werden schließlich im dritten Programm gezeigt (immer montags um 23.15 Uhr). Nicht minder entscheidend sei aber das ehrliche Interesse der Filmemacher: "Das Thema muss sie packen."

Deshalb durften zwei Autoren in die Ferne schweifen: Der heutige Auftakt, "Sonbol", porträtiert eine iranische Rennfahrerin. Die "Rallye durch den Gottesstaat" (so der Titelzusatz) ist aber bloß ein Lockmittel, denn Niko Apels Film stellt eine Frau vor, die den Zwiespalt im Leben nicht nur vieler Musliminnen, sondern des gesamten Landes verkörpert.

Sonbol ist 35 Jahre alt, hat eine Zahnarztpraxis, fährt Autorallyes - und muss bei ihrer Mutter leben: Als alleinstehende Frau kann sie keine Wohnung mieten. Außerdem ist geschieden und somit zusätzlich stigmatisiert, was immer wieder zu verletzenden Auseinandersetzungen mit ihrer Mutter führt. Der Film lebt vor allem von den vielen reizvollen Widersprüchen: Einerseits fragt sich Sonbol, ob Allah ihr munteres Treiben gutheißt, andererseits erzählt sie gern schmutzige Witze.

Der Islam ist auch der Grund für mehrere Aufenthalte Jan Gabriels im nordbadischen Wertheim. "Moschee, nein Danke!" (am 29. September) hat er das Ergebnis genannt: Seit zwanzig Jahren streiten sich die Einwohner über den Bau. Bislang treffen sich die einheimischen Moslems zum Gebet in einer heruntergekommenen ehemaligen Fabrik. Im Gegensatz zu Apel, der komplett ohne Kommentar auskommt, berichtet Gabriel als Ich-Erzähler von seinen Eindrücken.

Entlarven durch Beobachtung


Gleichfalls sehenswert ist "Status: Geduldet" (10. November) von Silvana Santamaria: bedrückende Beobachtungen einer Familie aus dem Kosovo, die vor 15 Jahren nach Stuttgart gekommen ist und seither ständiger Ungewissheit lebt, weil sie jederzeit ausgewiesen werden kann. Noch packender ist Tobias Müllers Ausflug in die Welt der Biblischen Glaubensgemeinde Stuttgart. "Mein Erlöser lebt!" (13. Oktober) zeigt gleichfalls unkommentiert, mit welch populistischen Mitteln die Prediger arbeiten. Entlarven durch reines Beobachten: Ähnlich wie Apel oder Santamaria ist Müller ganz nah dran an der hohen Kunst des Dokumentarfilms.von Silvana Santamaria: bedrückende Beobachtungen einer Familie aus dem Kosovo, die vor 15 Jahren nach Stuttgart gekommen ist und seither ständiger Ungewissheit lebt, weil sie jederzeit ausgewiesen werden kann. Noch packender ist Tobias Müllers Ausflug in die Welt der Biblischen Glaubensgemeinde Stuttgart. "Mein Erlöser lebt!" (13. Oktober) zeigt gleichfalls unkommentiert, mit welch populistischen Mitteln die Prediger arbeiten. Entlarven durch reines Beobachten: Ähnlich wie Apel oder Santamaria ist Müller ganz nah dran an der hohen Kunst des Dokumentarfilms.

Nüchterner Blick, fern von Voyeurismus

Von Michaela Adick

Die preisgekrönte Dokumentarfilmerin Silvana Santamaria macht 2009 ihren Abschluss an er Filmakademie LudwigsburgFoto: Andreas Veigel

Ludwigsburg - Sie ist immer noch sprachlos. Sage und schreibe 588 Fernseh- und Radiobeiträge waren von den Landesmedienanstalten eingereicht worden, 21 wurden schließlich für die Endauswahl nominiert: Und ausgerechnet sie, die Nachwuchsfilmerin, die sich im Moment gerade erst mit dem Exposé für ihren Diplomfilm auseinandersetzt, soll unter den Preisträgern des renommierten Civis Medienpreises sein? Die in Beilstein aufgewachsene Silvana Santamaria schüttelt den Kopf. Doch es ist nichts dran zu rütteln, die 29-jährige Studentin an der Filmakademie Ludwigsburg hat den mit 5000 Euro dotierten Young Civis Media Prize gewonnen. Morgen wird sie ihn im slowenischen Ljubljana aus der Hand der Moderatorin Sandra Maischberger in Empfang nehmen. Die Jury war begeistert von der herausragenden Regie und Kameraleistung und ihrem sachlich-nüchternen Blick, fern von allem Voyeurismus.

Leben einer Roma-Familie „Status geduldet“ heißt ihre preisgekrönte einstündige Dokumentation, in der sie dem Zuschauer einen hautnahen Einblick in das Leben einer Roma-Familie gewährt, die seit 14 Jahren geduldet in Stuttgart lebt. Immer wieder hat sie mit der Familie, die während des Jugoslawienkrieges nach Deutschland geflüchtet war, unter einem Dach gelebt: Sie wollte ihr Vertrauen gewinnen, hat sie immer wieder auf die Ämter begleitet.

Inzwischen hat sich der Status der Familie ein wenig gebessert. Doch davor lagen Monate, die Silvana Santamaria mit Recherchearbeiten verbracht hat, der eigentliche Dreh und die Postproduktion. Inzwischen hat nicht nur der SWR die Senderechte erworben, die Freiwillige Selbstkontrolle FSK hat dem Film mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ bedacht. „Das wird noch einmal 12 000, vielleicht auch 15 000 Euro einbringen“, so Silvana Santamaria ebenso stolz wie erleichtert. Denn eins ist klar: Das Filmen hat seinen Preis. Die Filmakademie unterstützt die Vorhaben ihrer Studenten zwar nach Kräften, gerade Ausstattung und Logistik sind vorzüglich: „Doch dann wird es trotzdem immer teurer.“ Dann muss die Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung halt wieder jobben gehen. „Bis sich wieder ein Türchen auftut.“

Inzwischen bereitet sie ihren Abschlussfilm vor, wieder eine Dokumentation, wieder eine Geschichte, die auf dem Balkan spielt: Nur die Perspektive, der Blickwinkel wird sich ändern. „Kosovo-Kosova“ handelt von einem 28-jährigen Flüchtling, der nach 17 Jahren aus Deutschland in eine ungewisse Zukunft abgeschoben wurde.

Unbekanntes Land Gerade war sie einen Monat im Kosovo, um die Dreharbeiten vorzubereiten. Der Kleinkrieg von Serben, Albanern und Kosovaren hat sie erschüttert. Die Stromausfälle. Die Präsenz von Soldaten aus ganz Europa. „Es ist ein unbekanntes Land, mitten in Europa.“ Im Herbst geht es los. Doch in Gedanken ist sie längst im nächsten Frühjahr, wenn sie ihre Trilogie beenden möchte: Mit einem Spielfilm, den sie an einer Stuttgarter Förderschule drehen wird. Mit von der Partie sind die Kinder aus ihrer Dokumentation „Status geduldet“, die ihr doch sehr ans Herz gewachsen sind.

Der Festakt wird am Freitag, 9. Mai, 23.30 Uhr, in der ARD übertragen. Wiederholung auf 3sat am Samstag, 10. Mai, 15 Uhr. Das SWR-Fernsehen zeigt die Dokumentation voraussichtlich im November.

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