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Abschiebungshaft |
"Abschiebungshaft immer noch vorschnell“ Diakonie und Caritas ziehen Bilanz zum Rechtshilfefonds der Abschiebungshaft Ingelheim „Menschen werden oft immer noch vorschnell in Abschiebungshaft genommen.“ Mit diesen Worten fasste Pfarrer Dr. Wolfgang Gern, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau (DWHN), die aktuelle Bilanz des Rechtshilfefonds der Abschiebungshaft in Ingelheim zusammen, die das DWHN und der Caritasverband der Diözese Mainz ziehen. Zwar gehen laut Gern die Zahlen der in Ingelheim Inhaftierten zurück. Dennoch müsse die Härte im System kritisiert werden, da Abschiebungshaft zu häufig und zu lang verordnet werde, so der Diakonie-Chef für Hessen und Nassau. 62 Inhaftierte, die gegen die Anordnung der Abschiebungshaft rechtliche Schritte eingeleitet hatten, erhielten einen Zuschuss aus dem Rechtshilfefonds, den Diakonie und Caritas für solche Fälle zur Verfügung stellen. „Knapp 40 Prozent dieser rechtlichen Interventionen haben zur Freilassung geführt. Die betroffenen Personen waren rechtswidrig oder rechtsfehlerhaft inhaftiert“, rechnete Domkapitular Hans-Jürgen Eberhardt vor, Vorstandsvorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese Mainz. Eine für Eberhardt und Gern „unhaltbare Situation“. In 24 Fällen habe eine Entlassung erreicht werden können, 38 Personen seien ab- oder zurückgeschoben worden. Diakonie und Caritas setzen sich daher unisono dafür ein, dass Ausländerbehörden und Gerichte sorgfältiger prüfen, ob die Beantragung beziehungsweise die Anordnung von Abschiebungshaft angemessen ist. Abschiebungshaft dürfe nur als ultima ratio verhängt werden und sollte drei Monate nicht übersteigen, so Gern und Eberhardt. Gern und Eberhardt: Abschiebungen nach Griechenland aussetzen „Zu einem großen, europäischen Verschiebebahnhof haben sich die so genannten Dublin II- Fälle entwickelt,“ kritisierte Gern außerdem, „weil es nur noch darum geht, in welches Land man die Menschen zurückschieben und loswerden kann.“ Die Dublin II-Verordnung regelt auf Europaebene die Zuständigkeit für Asylverfahren. Der Staat, der den Flüchtling als erstes registriert hat, ist auch für ihn zuständig. Aus der Beratungspraxis in Ingelheim wird in dem Zusammenhang von zwei Flüchtlingen aus dem Irak zu berichtet, die über Griechenland nach Deutschland gekommen waren. In Griechenland war es den Betroffenen zunächst verweigert worden, einen Asylantrag zu stellen. Stattdessen waren sie dort über Monate hinweg inhaftiert und misshandelt worden, bevor sie aus der Haft entlassen wurden und nach Deutschland fliehen konnten. Hier wurden sie wiederum wegen illegaler Einreise inhaftiert, um sie nach Griechenland, dem Land, in dem sie zuerst registriert worden waren, zurückzuschicken. „Dieser Verschiebebahnhof interessiert aber niemanden, da Deutschland ja formal nicht zuständig ist. Hier werden Menschen und Verantwortung einfach abgeschoben,“ so Gern und Eberhardt. Die Zustände seien bekannt, würden aber aus politischer Rücksichtnahme nicht zur Kenntnis genommen werden. Gern und Eberhardt forderten deswegen dazu auf, Abschiebungen nach Griechenland auszusetzen, wie es einige europäische Länder schon getan haben, vor einigen Tagen Norwegen, das unter Hinweis auf die unmenschlichen Bedingungen in Griechenland keine Rückschiebungen mehr vollzieht. Stichwort: Abschiebungshaft in Ingelheim Die Abschiebungshaft in Ingelheim existiert seit Mai 2001. Sie hat 152 Haftplätze, zurzeit sind etwa 40 Männer und Frauen dort inhaftiert. Eine fünf Meter hohe Betonmauer trennt die Insassen von der Außenwelt. Durch die vergitterten Fenster in den Innengebäuden fällt der Blick auf dreifachen Stacheldraht. Stichwort: Rechtshilfefonds Mit dem Rechtshilfefonds werden Verfahren teilfinanziert, um die Verhängung von Abschiebungshaft zu überprüfen oder andere asyl- und ausländerrechtliche Schritte einzuleiten. Der Rechtshilfefonds wird von Diakonie und Caritas aus Eigenmitteln und aus Spenden finanziert. Ein Beispiel für fehlerhafte und rechtswidrige Inhaftierung Die junge Kenianerin N. reiste offiziell als Au pair nach Deutschland ein. Bei dem Versuch, eine Freundin in Spanien zu besuchen, wurde sie am Flughafen Hahn verhaftet. Obwohl sie einen gültigen Pass und gültige Aufenthaltspapiere hatte, wurde ihr unterstellt, sie sei illegal eingereist und halte sich illegal in Deutschland auf. Nach drei Wochen Haft wurde sie abgeschoben. Später entschied das Landgericht, dass die Verhängung der Haft rechtswidrig war. Dem Mädchen hatte dies nicht mehr geholfen.
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