Begegnung im Dunkeln Aktionstag gegen Rechts
der August-Bebel-Schule Es ging um Toleranz! – Neun Schülerinnen und Schüler der August-Bebel-Schule trafen nach der Führung im Dunkelkaufhaus im Dunkelcafé auf für sie zu diesem Zeitpunkt unbekannte Personen. Im Dunkelcafé entwickelt sich ein Dialog – man nähert sich an. Normalerweise, wenn man auf unbekannte Personen trifft, hat man die Personen in wenigen Sekunden „eingescannt“ und ordnet diese sehr schnell in seine eigenen festen Kategorien ein. 80 Prozent der Sinneswahrnehmung erfolgen normalerweise über das Auge. Im Dunkelcafé fehlt diese visuelle Unterstützung. Nur das gesprochene Wort und die Stimmlage verraten etwas über das Gegenüber. Vor dieser Herausforderung standen die Schülerinnen und Schüler der August-Bebel-Schule. Langsam tasteten sie sich im Gespräch vor, stellten Fragen, um ihre Gegenüber kennenzulernen. Im Focus der Wahrnehmung steht die Stimme und das gesprochene Wort, woraus sich ein eigenes „Bild“ vom unbekannten Gegenüber gemacht wird. Ein interessanter Dialog entwickelt sich an deren Ende die Schülerinnen und Schüler ihre Gesprächspartner identifizieren. Diese sind die Bundestagsabgeordnete Sibylle Pfeiffer (CDU), der in Wetzlar geborene Eyyup Kaya, dessen Eltern vor fünf Jahrzehnten aus der Türkei nach Wetzlar gekommen sind und Professor Dr.- Ing. Jürgen Erbach, der im vergangenen Jahr nach zwanzigjähriger Partnerschaft sich auch offiziell zu seiner Lebenspartnerschaft bekannt hat. Und dann die Begegnung im Hellen, ein Wiedersehen im Augenschein. Die Überraschung auf beiden Seiten: Die Stimmen zu den Gesichtern, die man jetzt sieht. Hatte man sich so seine Gesprächspartner vorgestellt? Eine etwas andere Begegnung mit Personen, die man sicher schon einmal gesehen hat, von denen man aber eine völlig andere Vorstellung hatte als die, die sich im Dunkeln eröffnete. Schnell kommt den Dialogpartner der alte Satz aus der Bibel in den Sinn: „Du sollst Dir kein Bildnis machen!“ Warum wir mitmachten! „Extremismus ist eine Gefahr für die Demokratie, dem entgegengewirkt werden muss. Ich als Entwicklungspolitikerin weiß, welch kostbares Gut die Demokratie ist. Es gibt Menschen auf der Welt, die sich für ihren Einsatz für die Demokratie verhaften, bestrafen, einsperren oder gar töten lassen. Deshalb ist das Verteidigen unserer Werte und unseres Grundverständnisses, miteinander umzugehen, bei jeder sich bietenden Gelegenheit ein Muss.“, erläuterte Sibylle Pfeiffer, MdB (CDU) Ihr Engagement bei der Begegnung im Dunkeln. „ Mein Vater kam 1963 nach Wetzlar. Somit war er einer der ersten Gastarbeiter, die hierher gekommen sind. Ich bin in Wetzlar geboren und aufgewachsen. Meine Familie und ich sind hier verwurzelt und fühlen uns zuhause. Die Mitarbeiter unseres Familienunternehmens sind verschiedener Nationalitäten und gerade dieser Umstand ist eine Bereicherung, da alle ihre kulturellen Schätze mit einbringen. Nach fast nunmehr fünf Jahrzehnten fühlen wir uns als Deutsche und sind jetzt ein Teil von euch geworden. Wir fühlen uns in Wetzlar sehr wohl.“, begründete Eyyup Kaya sein heutiges Engagement. „Wetzlar ist nicht nur Goethe- und Optikstadt, Wetzlar ist auch Stadt der Toleranz. Viele ausländische Mitbürger haben seit Jahrzehnten zum Wohlstand Wetzlars beigetragen. Menschen mit sehr unterschiedlichen Lebenserfahrungen fühlen sich in Wetzlar wohl. Auch Menschen mit Behinderungen tragen zur Vielfalt der Stadt bei. Ganz konkret zeigt sich das im Dunkelkaufhaus. Sehbehinderte und Blinde geben Sehenden „Ein“blicke und Eindrücke, da wo es eigentlich nichts zu sehen gibt. Menschen, die anders sind als die zweifelhafte Norm, die Rechtsextreme aber auch Linksextreme zur Grundlage ihres Denkens machen, das hat die Geschichte gezeigt, wurden im Dritten Reich verfolgt und ermordet. Dazu gehörten behinderte Menschen, Juden, Roma und Sinti und auch homosexuelle Menschen. Vorurteile werden von rechten Propagandisten geschürt. Dagegen hilft nur die konkrete Begegnung. Deshalb begrüße ich die Initiative sehr und bin sehr gerne der Einladung des „Wetzlarer Bündnisses gegen Nazis“ zur Teilnahme an dem Gesprächskreis mit den Jugendlichen gefolgt. Die Begegnung mit Menschen mit Behinderung oder ausländischer Herkunft oder anderer sexueller Orientierung ermöglicht, Toleranz und Achtung vor der Würde anderer Menschen zu üben. Gleichzeitig geht es darum einen klaren Standort zu beziehen. Demokratie muss wehrhaft sein. Mit menschenverachtendem Gedankengut, egal ob von links- oder rechtsextrem, müssen wir uns – wenn Geschichte nicht Gefahr läuft, sich zu wiederholen- aktiv auseinandersetzen.“, begründete Jürgen Erbach, der vom „Wetzlarer Bündnis gegen Nazis“ auch wegen seinem offenen Bekenntnis zu seiner 20-jährigen Partnerschaft zu seinem Lebenspartner ganz persönlich eingeladen wurde, seine Teilnahme an der Begegnung im Dunkeln. Professor Dr.- Ing. Jürgen Erbach Karl-Kellner-Ring 48-50 35576 Wetzlar Tel: 06441 – 2091567 Fax: 06441 - 2091568 Mobil: 0151 - 15132330
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