Seit mehr als einem Jahr tobt die aktuelle Krise an den Finanzmärkten. Wann immer es heißt, das Schlimmste sei überstanden, folgt kurze Zeit später der nächste Bank-Kollaps, die nächste verzweifelte Rettungsaktion durch eine Zentralbank, der nächste Börsen-Absturz.
Was wir derzeit erleben, ist das völlige Versagen des neoliberalen Finanzmarktsystems. Doch leider können wir uns nicht zurücklehnen und das Spektakel genießen, denn die Finanzmarktkrise reißt die Weltwirtschaft mit sich nach unten. Deutschland befindet sich ebenso wie fast alle anderen Industrieländer am Beginn einer Rezession, die Gefahr einer ernsthaften und schweren Weltwirtschaftskrise wird immer größer. Und somit verlieren durch die Finanzmarktkrise nicht nur die Zocker aus den Investment-Banken ihren Job, es sind auch hunderttausende normale Arbeitsplätze in Gefahr.
Die aktuelle Krise ist keine Naturkatastrophe. Sie ist die direkte Folge der Gier und der Skrupellosigkeit der Banker und Fondsmanager und vor allem der Tatenlosigkeit der Politik. Regierung und Parlament haben stillschweigend zugeschaut oder sogar tatkräftig daran mitgewirkt, wie Banken, Fonds und Versicherungen auf ihrer Jagd nach zweistelligen Eigenrenditen immer größere Risiken eingingen, Geschäftsfelder betraten, in denen sie nichts zu suchen hatten, und Finanzprodukte handelten, die vor allem eins waren: tickende Zeitbomben, die nun große Löcher ins Weltwirtschaftssystem reißen. Und nun, nachdem sich durch den Zusammenbruch der amerikanischen Immobilienmärkte viele hundert Milliarden Dollar in den Bilanzen der Banken in Luft aufgelöst haben, schreien die Banken nach Hilfe durch den Staat – und dieser muss häufig helfen, weil die Konsequenzen des Nicht-Handels noch viel dramatischer wären. Genau diesen „Sozialismus für die Reichen“ erleben wir derzeit in den USA.
Mit diesem System, das es den Zockern an den Finanzmärkten erlaubt, in ihrer Gier nach Profiten den Zusammenbruch ganzer Volkswirtschaften zu riskieren, muss endlich Schluss ein. Es ist Zeit,das Casino zu schließen!
Attac fordert die deutsche Bundesregierung auf, ein Jahr nach Beginn der Krise endlich Maßnahmen für ein anderes Finanzsystem zu ergreifen:
Effektiven Finanzmarkt-TÜV einführen!
Auf europäischer und internationaler Ebene soll sich die Bundesregierung für eine effektive Finanzmarktaufsicht einsetzen. Dazu gehört, dass in Zukunft wirklich alle Bereiche der Finanzmärkte unter demokratische Kontrolle kommen. Schluss muss damit sein, dass neue Finanzprodukte ohne jede Kontrolle im so genannten Over-the-counter-Handel gehandelt werden. Es waren insbesondere solche „Finanzinnovationen“, die die aktuelle Krise so gefährlich gemacht haben. Wir fordern deshalb, dass die Finanzmarktaufsicht als Finanzmarkt-TÜV neue Produkte standardisiert und prüft, bevor diese gehandelt werden dürfen. Den Zockern müssen endlich ihre Spielgeräte weggenommen werden!
Die Zocker müssen selber zahlen!
Wenn Banken oder andere Finanzmarktakteure sich verspekuliert haben und Pleite zu gehen drohen, muss immer wieder der Steuerzahler einspringen – aus Sorge vor den schlimmen Folgen eines Bankenkollapses. Bisher sind auch deutsche Banken nur lächerlich gegen eine Finanzkrise geschützt: Der deutsche Einlagensicherungsfonds reichte nicht einmal, um die Folgen des Zusammenbruches der deutschen Tochter der amerikanischen Bank Lehmann Brothers aufzufangen. Das heißt, auch hier gilt: Im Zweifel zahlt der Steuerzahler die Rechnung der Zocker. Wir fordern deshalb die Einrichtung eines speziellen Krisenfonds in Deutschland, der die Konsequenzen einer Banken- oder Finanzkrise tragen soll. Die Kosten für diesen Fonds müssen die Finanzmarktakteure selber tragen.
Steueroasen schließen!
Die deutsche Bundesregierung muss endlich effektiv gegen Steueroasen vorgehen. Diese spielen nicht nur bei der Steuerhinterziehung eine wichtige Rolle, sondern sind auch zentral für das Funktionieren des globalen Finanzmarkt-Casinos. Denn hier werden unter Umgehung nationaler Regulierung Fonds aufgesetzt oder Zweckgesellschaften der Banken gegründet. Steueroasen, die sich weiterhin einer internationalen Kooperation widersetzen, müssen auf eine schwarze Liste gesetzt werden. Länder auf dieser Liste sollten mit wirtschaftlichen Sanktionen belegt werden, insbesondere ist der Kapitalverkehr (z.B. durch eine Sondersteuer) einzuschränken.
Finanztransaktionssteuer einführen!
Die Bundesregierung soll sich auf europäischer Ebene für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer einsetzen. Mit der Besteuerung aller Arten von Finanztransaktionen (inklusive von Devisentransaktionen) kann Spekulation reduziert werden und die Kurzfristorientierung der Finanzmärkte geschwächt werden.