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Aus der Abschiebehaft geflohen |
Gefängnis-Flucht über Mauer und Stacheldraht Von Ira Schaible, 15.06.2009 Das Frankfurter Gefängnis in Preungesheim Frankfurt/Wiesbaden. Beim Mittagessen ist in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Frankfurt I am Samstag ein Platz frei geblieben. Er gehörte dem 26 Jahre alten Abschiebehäftling Lyes B., der kurz zuvor in einer waghalsigen Aktion aus dem Gefängnis getürmt war.
Dem Algerier gelang es, am Ende einer Freistunde im Innenhof unbemerkt auf das fast sieben Meter hohe und mit messerscharfem Sicherheitsdraht gesicherte Dach der Haftanstalt zu klettern. Von dort entkam er vermutlich mit einem Sprung über mehrere Drahtrollen auf einen Erdhaufen, der zur Baustelle des JVA-Neubaus gehörte. Von dem Ausbrecher, der sich an dem mit vielen kleinen Messern bestückten Draht erheblich verletzt haben muss, fehlte am Montag noch jede Spur.
Über die gut gesicherten Gefängnis-Mauern und Dächer ist in Hessen seit vielen Jahren kein Häftling mehr entkommen. Der algerische Abschiebegefangene habe bei seiner Flucht schwere Verletzungen offensichtlich in Kauf genommen, heißt es in einer Mitteilung des Justizministeriums vom Montag.
Die meisten Gefangenen, die ausbrechen konnten, nutzten Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte oder Transporte zur Flucht und ließen sich nicht auf so gefährliche Manöver wie der Algerier ein. Ob den 26-Jährigen die Angst vor der Abschiebung ins Heimatland, starker Freiheitsdrang oder andere Motive zur Flucht veranlassten, konnte der Leiter der JVA Preungesheim I, Frank Lob, am Montag noch nicht sagen. Das Motiv lasse sich erst feststellen, wenn Lyes B. wieder verhaftet worden sei und befragt werden könne.
Der Algerier war nach Darstellung Lobs am 28. Mai von der Polizei in Gießen festgenommen worden und seit 2. Juni in der sogenannten Transportabteilung in Frankfurt-Preungesheim untergebracht.
Am 24. Juni sollte er vom Frankfurter Flughafen nach Algerien abgeschoben werden. Der Mann habe vor allem gegen ausländerrechtliche Bestimmungen verstoßen, sei seines Wissens nach aber «kein klassischer Krimineller», sagte Lob.
Lyes B. habe das Wegschließen am Ende der täglichen Freistunde gegen 11.50 Uhr genutzt um «wie ein Fassadenkletterer» auf das Dach der JVA zu gelangen.
Bei seiner Flucht habe er über mehrere über- und nebeneinanderliegende Rollen des Sicherheitsdrahts springen müssen, «in dessen kleinen Messerchen man sich verheddert wie eine Spinne im Netz», sagte Lob. Auf die Freistunde an der frischen Luft hätten die Häftlinge einen Rechtsanspruch. Sie können sich dabei frei bewegen und unterhalten - natürlich unter Aufsicht.
Ob die Bediensteten am Samstag nicht richtig auf den 26-Jährigen aufgepasst haben, vermochte das Justizministerium am Montag noch nicht zu beurteilen. Diese Einzelheiten sowie die zentrale Frage: Wie kam er die Mauer hoch? würden erst genau untersucht, sagte Ministeriums-Sprecherin Dagmar Döring.
In dem Frankfurter Gefängnis ist Platz für 96 Häftlinge. Es soll 2010 geschlossen werden, wenn ein Neubau steht. Die meisten Insassen bleiben auf dem Weg in eine andere JVA nur einige Nächte, andere - wie Lyes B. - auch etwas länger.
Welche Konsequenzen die Flucht des Algeriers haben wird, war am Montag noch nicht abzusehen. Nach der spektakulären Flucht eines Gefangenen aus einem Darmstädter Gefängnis im Januar 2007 war ein Mitarbeiter der Haftanstalt fristlos entlassen worden.
Der Angestellte im Werksbetrieb hatte die Gefangenen nach dem Beladen eines Lasters nicht mehr durchgezählt und der Häftling konnte - zwischen Schuhspannern in einem Karton versteckt - entkommen. Der Laster fuhr den Karton samt Häftling vom Gelände.
Fünf Monate später wurde der Mann in der Wohnung seiner Freundin in Offenbach festgenommen. Vor dem Landesarbeitsgericht einigten sich der für die Aufsicht zuständige Elektromeister und das Land später auf einen Vergleich, die Kündigung wurde gegenstandslos.
Seit der Jahrtausendwende sind in Hessen nach Ministeriumsangaben 46 Häftlinge ausgebrochen. In den 1990er Jahren waren es noch deutlich mehr: Zwischen 1995 und 1998 entkamen im Durchschnitt 42 Häftlinge pro Jahr, einige davon in aufsehenerregender Weise.
Unter den Ausbrechern der letzten Jahre waren auch vier Abschiebehäftlinge aus Indien. Sie kratzten im Juni 1994 ein Loch in die 60 Zentimeter dicke Zellwand des Gefängnisses in Kassel und sprangen aus fünf Metern Höhe ins Freie.
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