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Diakonie fordert Aussetzung der Abschiebungen nach Afghanistan

08.05.2008: Gern und Schwarz: Hessen und Rheinland-Pfalz sollen mit gutem Beispiel vorangehen


Diakonie fordert Aussetzung der Abschiebungen nach Afghanistan



Einen sofortigen Abschiebungsstopp für afghanische Staatsbürger fordern die Vorstandsvorsitzenden der Diakonischen Werke in Hessen und Nassau und Kurhessen-Waldeck, Dr. Wolfgang Gern und Dr. Eberhard Schwarz in einer gemeinsamen Erklärung. In der Erklärung der beiden Diakonie-Chefs in Hessen heißt es:

„Angesichts der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan und der katastrophalen Situation gerade für Rückkehrer aus dem westlichen Ausland sind Abschiebungen nach Afghanistan zurzeit nicht zu verantworten. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Bundesländer auf der einen Seite über die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Irak diskutieren, andererseits aber an Abschiebungen in das nächstgrößte Krisengebiet festhalten.

Eine erzwungene Rückkehr nach Afghanistan kann weder Frauen, Kindern und alten Menschen, noch jungen Männern zugemutet werden, die ohne Familienanschluss in Afghanistan völlig hilflos sind. Die Vorstellung, dass diese Menschen zum Aufbau des Landes beitragen können, ist angesichts der Realität des Alltags in Afghanistan nicht nachzuvollziehen.

Ein genereller Abschiebungsstopp nach Afghanistan ist deshalb dringend notwendig. Trotz erfolgreicher Hilfe in Einzelfällen droht weiter die Abschiebung. Das ist ein unhaltbarer Zustand, der Einzelne und ganze Familien in Unsicherheit, Perspektivlosigkeit und Angst versetzt.

 Daher fordern wir die sofortige Aussetzung von Abschiebungen nach Afghanistan. Jedes Bundesland kann einen solchen Abschiebungsstopp für sechs Monate erlassen. Die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz sollten mit gutem Beispiel vorangehen und sich auf Bundesebene für einen Abschiebungsstopp einsetzen.“

Stichwort: Abschiebungspraxis

Beispielsfälle aus der Praxis zeigen, dass es intensiver Anstrengungen von Anwälten, diakonischen Beratungsstellen und Unterstützergruppen bedarf um das Schlimmste zu verhindern. Die hier geschilderten Fälle sind den Beraterinnen und Beratern der Diakonischen Werke bekannt.

So wollte man kürzlich aus Hessen Herrn H., einen kranken Rentner mit seinen beiden Söhnen, einer minderjährig, der andere gerade volljährig, genauso nach Afghanistan abschieben, wie den 21-jährigen Suleiman, der zum Christentum konvertiert ist oder Sanjar, der als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland gekommen war und hier mittlerweile eine Lehrstelle als Imker gefunden hat. In allen drei Fällen bedurfte es intensiver Anstrengungen von Anwälten, diakonischen Beratungsstellen und Unterstützergruppen, um das Schlimmste zu verhindern. Herr H. und sein minderjähriger Sohn dürfen nun doch bleiben, der volljährige Sohn, der allein die Familie unterstützen könnte, wartet noch auf eine Entscheidung der Härtefallkommission. Suleiman wurde schließlich aufgrund seiner Konversion ein humanitärer Aufenthalt gewährt und Sanjar darf seine Lehre hier beenden. Wenn niemand den Behörden widersprochen hätte, wären alle hier genannten Personen abgeschoben worden.

Herr H., 35 Jahre alt, ist 2000 aus Afghanistan geflohen. In Afghanistan wurden sein Bruder, ein ranghoher Armeeoffizier, sein Vater und der Sohn von Herrn H. ermordet. Als männlicher Familienangehöriger musste er fliehen und seine Frau und drei Töchter zurücklassen. Deren Verbleib ist unbekannt. Sein Asylantrag wurde ablehnt. Derzeit ist eine Petition für ihn anhängig.

Herr S. ist vor fünf Jahren aus Afghanistan geflohen. Er besaß einen Kiosk, verkaufte westliche Zeitschriften und Alkohol. Wegen seines westlich orientierten Lebensstils wurde er von den örtlichen Machthabern bedroht und verfolgt. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, ihm droht Abschiebung.
 
Redaktion: Eckhard Lieberknecht, Telefon: (05 61) 10 95 - 333

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