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Deutschen Islam Konferenz |
Rede von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble bei der Eröffnung der 3. Plenarsitzung der Deutschen Islam Konferenz (DIK) am 13. März 2008 in Berlin
(Es gilt das gesprochene Wort.)
[ I. Begrüßung ]
Ich freue mich sehr, Sie heute zur dritten Plenarsitzung der Deutschen Islam Konferenz hier in diesem schönen Goethe-Saal des Logenhauses in Berlin-Wilmersdorf begrüßen zu dürfen. Mein herzliches Willkommen gilt insbesondere auch denjenigen, die heute zum ersten Mal mit uns tagen. Auf staatlicher Seite heiße ich die geschätzte Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Frau Ministerin Kramp-Karrenbauer, willkommen. Ein besonderes Willkommen gilt meinem Innenminister-Kollegen Volker Bouffier. Er vertritt heute den Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Jörg Schönbohm, der wegen eines anderen wichtigen dienstlichen Termins verhindert ist. Danken möchten ich auch Herrn Walid Nakschbandi, der wegen beruflicher Verpflichtungen nicht mehr dem Plenum der DIK angehört, aber weiterhin der Arbeitsgruppe 3. An seiner Stelle heiße ich Nihat Sorgec herzlich willkommen. Herr Sorgec ist Geschäftsführer der BildungsWerk Kreuzberg GmbH und setzt sich dort erfolgreich für Ausbildung und Beschäftigung von Migrantinnen und Migranten ein. Nach dem, was ich über Ihre Arbeit und über Ihre Mitwirkung in der Arbeitsgruppe 3 der DIK wie auch beim Integrationsgipfel gehört habe, bin ich recht zuversichtlich, dass Sie unsere Debatte auch hier im Plenum bereichern werden. Grüßen darf ich Sie schließlich von Feridun Zaimoglu. Er gehört der Islamkonferenz weiter an, muss jedoch heute bei der Verleihung eines Buchpreises anwesend sein.
[ II. Was uns bewegt ]
Ich möchte einleitend nur einige wenige Worte verlieren, damit wir uns rasch dem widmen können, weswegen wir heute zusammen gekommen sind: den Ergebnissen der Beratungen in den Arbeitsgruppen und im Gesprächskreis der DIK.
Ich glaube in den letzten Wochen und Monaten ist uns allen nochmals deutlich geworden, warum es so wichtig ist, dass wir uns in diesem Rahmen treffen. Der schreckliche Brand in Ludwigshafen, die verletzenden Vorwürfe gegen die Rettungskräfte vor Ort, die Rede des türkischen Ministerpräsidenten in Köln, die neuerlichen Drohungen gegen einen der Verfasser der Mohammed-Karikaturen und nun vor kurzem erst Drohungen gegen eine bestimmt provozierende, nicht besonders geschmackvolle, aber eben auch auszuhaltende und durch unsere Freiheit geschützte Ausstellung hier in Berlin: All diese Vorkommnisse, und die doch sehr emotionalen Debatten, die sie ausgelöst haben, zeigen wie groß das Potential für Missverständnisse und auch mangelndes Verstehen nach wie vor ist.
Die emotionale Kluft zwischen den Menschen, und das macht mir schon Sorge, besteht offenbar unverändert fort. Trotz allem, wo wir im Verhältnis miteinander in unserer Gesellschaft und auch zwischen Staat und Zuwanderern in den letzten zwei Jahren weitergekommen sind, besteht noch immer ein Mangel an Verständnis füreinander und an Vertrauen im Umgang miteinander. Das lässt auch uns und unsere Gespräche in der Islamkonferenz nicht unberührt.
[ III. Verständnis schaffen ]
Anders als viele stehen jedoch sie alle, stehen wir als Mitglieder der Deutschen Islam Konferenz in einer besonderen Verantwortung. Es ist unsere Aufgabe, im Gespräch nicht nur eine Kultur des Zuhörens zu kultivieren, sondern ein gemeinsames Verständnis davon zu formulieren, wie wir in Deutschland zusammenleben können. Dafür müssen wir miteinander streiten, damit in der Auseinandersetzung mit drängenden Fragen Gemeinsames wie auch Trennendes sichtbar wird.
Dabei sind wir alle gefordert, die Grundlagen unseres Denkens und die Beweggründe unseres Handeln für den jeweils anderen transparent zu machen. Etwa zu verdeutlichen, warum die Beziehungen zwischen Staat und Bürger, zwischen Staat und Religionsgemeinschaften in Deutschland so gestaltet sind, wie es das Grundgesetz vorsieht. Aus diesem Grunde hat die Arbeitsgruppe 2 "Religionsfragen im deutschen Verfassungsverständnis" der DIK im Oktober letzten Jahres ein hochrangiges Fachgespräch über die religionsverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland durchgeführt. Das Gespräch fand - im Beisein der im KRM organisierten Verbände - im Kaisersaal des deutschen Generalkonsulats in Istanbul statt, weil es insbesondere auch dem Bundesinnenministerium wichtig schien, Vertretern der türkischen Religionsbehörde, des türkischen Außenministeriums, theologischer Fakultäten und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen zu verdeutlichen, welche Chancen unser deutsches Religionsverfassungsrecht für Beziehungen zwischen Staat und Muslimen bietet. In diesem Zusammenhang möchte ich auch zu den erwarteten Veröffentlichungen der türkischen Religionsbehörde Diyanet und der Ankaraner Theologenschule sagen, dass diese Arbeiten von großer Bedeutung sind und Aufmerksamkeit verdienen.
Eine Kultur des Zuhörens und des Verstehens zu entwickeln ist nie einfach, aber möglich. Das zeigen die Fortschritte im Dialog hier in der Islamkonferenz ebenso wie die ausgesprochen positive Resonanz auf unsere Dialog-Bemühungen im In- und Ausland. Diese Kultur bliebe jedoch letztlich auf ein erträglicheres Nebeneinander beschränkt, wenn es nicht gelingt, Annäherungen zu verstetigen und letztlich in gemeinsames Handeln münden zu lassen.
[ IV. Schritte zu mehr Gemeinsamkeit ]
Gemeinsames Handeln wiederum erfordert ein gemeinsames Verständnis dessen, wie man zueinander steht, wie man miteinander umgehen und was man gemeinsam erreichen will. Eine solche Verständigung herbeizuführen ist eine der zentralen Aufgaben und Herausforderungen an diese Konferenz. Wir alle haben bei der letzten Plenarsitzung im Mai 2007 gemerkt, dass ein so grundlegender und weitgreifender Prozess nicht quasi "über Nacht" am Zielpunkt angelangen kann. Es war gut und richtig, dass wir den Arbeitsgruppen und dem Gesprächskreis seitdem neun Monate Zeit gegeben haben, sich mit grundlegenden Sachverhalten auseinanderzusetzen und gemeinsame Empfehlungen zu erarbeiten.
Dabei wurde - viele der muslimischen Mitglieder des Plenums wirken ja selbst in einer der Arbeitsgruppen - intensiv um Worte und Positionen gerungen. Etwa darum, ob sich die Muslime in Deutschland zur Rechts- und Werteordnung unseres Landes bekennen sollen, wollen, können oder gar müssen. Oder darum, bis zu welchem Grade religiöse Gebote gegen Regelungen in unserem freiheitlichen Rechtsstaat ins Feld geführt werden dürfen.
Das Ringen um solch grundsätzliche, ja rechtsphilosophische Fragen ist ein Beleg für die Ernsthaftigkeit dieses Dialogs. Wenn es nicht zum Ende käme, wäre dies jedoch zugleich auch ein Beleg für Misstrauen zwischen den verschiedenen Seiten, Gruppen und Konstellationen. Die Islamkonferenz als Ganzes kann jedoch nur dann Ergebnisse erzielen und Veränderungen bewirken, wenn alle Beteiligten sich zu einem Konsens hin orientieren und gemeinsame Positionen formulieren.
Genau das haben die Mitglieder der Arbeitsgruppen und des Gesprächskreises in den letzten Monaten getan. Zwar haben sie nicht in allen Fragen Übereinkunft erzielen können - dann müssten wir die Islamkonferenz zu einem raschen und guten Abschluss bringen -, aber sie haben mit den uns als Zwischen-Resümee vorgelegten Thesen, Empfehlungen, Schlussfolgerungen und Berichten eine unverzichtbare Grundlage für konkrete Schritte hin zu gemeinsamem Handeln geschaffen:
Die Arbeitsgruppe 1 "Deutsche Gesellschaftsordnung und Wertekonsens" beschreibt in ihrem Beitrag - vor dem Hintergrund des Islam als relativ neuer Religion in Deutschland - die essentiellen Voraussetzungen und Herausforderungen der Integration von Zuwanderern muslimischen Glaubens in die deutsche Gesellschaft.
Die Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe 2 "Religionsfragen im deutschen Verfassungsverständnis" zeigen nochmals auf, welche Handlungsmöglichkeiten für islamische Religionsgemeinschaften in Deutschland bestehen.
Der Beitrag der Arbeitsgruppe 3 "Wirtschaft und Medien als Brücke" wirbt für eine verantwortliche Berichterstattung, die auch alltagsnahe Themen aufgreift und so aufbereitet, dass die kulturelle Vielfalt muslimischen Lebens in Deutschland sichtbar wird. Überhaupt hat ja die Diskussion in der Arbeitsgruppe 3 bereits dazu beigetragen, dass sich die Medien intensiver und sachlicher mit "den Muslimen" und "dem Islam" in Deutschland auseinandersetzen - denken sie nur an das "Forum am Freitag" im ZDF. Objektivität und Differenziertheit müssen aber auf beiden Seiten Randbedingung journalistischen Arbeitens sein. Darüber müssen wir uns zukünftig noch mehr in den Sitzungen der AG 3 unterhalten.
Schließlich die Schlussfolgerungen des Gesprächskreises Sicherheit und Islamismus. Sie entwickeln erstmals ein gemeinsames Verständnis der islamistischen Herausforderung unserer Gesellschaft. Das ist angesichts der Ängste und Sorgen vieler Bürger ein unverzichtbarer Schritt hin zu mehr Vertrauen in eine gemeinsame Zukunft, in der wir Extremisten jeglicher Couleur entgegentreten. Die "Clearingstelle" für Kontakte zwischen Muslimen und den Sicherheitsbehörden, die zu prüfen das Plenum in seiner zweiten Sitzung in Auftrag gegeben hatte, wurde vom Gesprächskreis inzwischen konzipiert. Sie kann unmittelbar nach dieser 3. Plenarsitzung ihre Arbeit im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aufnehmen.
Diese Ergebnisse können sich sehen lassen. Sie zeigen jedoch auch, dass noch ein weiter Weg vor uns liegt. Vertreter der nicht organisierten Muslime, der Aleviten und der Türkischen Gemeinde wollten in vielen Fragen weiter auf den deutschen Staat und die aufnehmende Gesellschaft zugehen - und zwar aus Überzeugung. Der Staat kann eine solche Annäherung rechtlich nicht verlangen. Wohl aber würde sie von vielen verstanden als ein Zeichen der Zugehörigkeit und Zusammengehörigkeit, das die Integration der Muslime erleichtern und in vielerlei Hinsicht, nicht zuletzt emotional, voranbringen würde.
Es ist deshalb alles andere als zielführend, wenn von anderen in letzter Minute Bedenken gegen gemeinsam entwickelte und angenommene Positionen geltend gemacht werden. Für solche Bedenken gab es genügend Zeit und genügend gut geeignete Augenblicke, um sie vorzubringen, anzuhören und aufzugreifen. In meinem politischen Leben habe ich die Erfahrung gemacht, dass gerade solche Verhaltensweisen gewonnenes Vertrauen wieder in Frage stellen. Mir kommt es manchmal so vor, als würde Mancher noch immer mit den hiesigen Gegebenheiten hadern, statt die Gestaltungsspielräume unseres Religionsverfassungsrechts zu nutzen. Dies sind meine Anmerkungen zum formalen Vorgehen.
Nun zum Inhalt. Das Bundesinnenministerium, in dessen Kompetenzbereich auch unsere Verfassung liegt, hat sich durchaus etwas dabei gedacht, als es von der ursprünglichen Formulierung "Beachtung der deutschen Rechts- und Werteordnung, wie sie sich auch im Grundgesetzt spiegelt" zur Formulierung "vollständige Beachtung der deutschen Rechtsordnung und der Werteordnung des Grundgesetzes" übergegangen ist. Die Begriffe Rechts- und Werteordnung sollten voneinander unterschieden werden. "Rechtsordnung" ist ein streng juristischer Begriff und umfasst alle im Staate geltenden Gesetze, geht also weit über das Grundgesetz hinaus. Diese "Rechtsordnung" ist ohnehin für jeden verbindlich; ihre Beachtung ist damit eine Selbstverständlichkeit.
Der Begriff Werteordnung hingegen bietet stets einen gewissen Interpretationsspielraum, insbesondere dann, wenn ein klarer Bezugspunkt fehlt. Durch den Zusatz "auch im Grundgesetz spiegelt" bliebe unklar, woraus sich die genannte "Werteordnung" darüber hinaus ergeben soll und welche Werte sie über die unser Gemeinwesen prägenden Werte des Grundgesetzes hinaus umfassen soll. Gegenüber dieser Unbestimmtheit bietet die nun vorliegende Formulierung deutlich mehr Klarheit, welche Werte gemeint sind. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verkörpert sich in den Grundrechtsbestimmungen des Grundgesetzes eine objektive Werteordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gilt. Die "Werteordnung des Grundgesetzes" wirkt somit auch in andere Bereiche der Rechtsordnung und die dadurch konstituierte Gesellschaftsordnung hinein. Vor diesem Hintergrund bin ich schon einigermaßen erstaunt, wenn in Teilen der Öffentlichkeit von einem "großen Wertestreit" die Rede ist.
Wenn ich nun auf den Beginn dieses anfangs so ungewissen Wegs zurückblicke und mir ansehe, was die Arbeitsgruppen und der Gesprächskreis mit dem Zwischen-Resümee vorgelegt haben, bin ich trotzdem zufrieden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der beratenden Gremien verdienen unseren Dank und Respekt. Das gilt in besonderem Maße für die vielen, die nicht Institutionen oder Organisationen vertreten und sich unentgeltlich in ihrer Freizeit in der DIK engagieren.
Den Weg, den das Zwischen-Resümee aufzeigt, können wir nur gehen, wenn die gefundenen Lösungen auch von allen getragen und vertreten werden, die sich in den Beratungen beteiligt und schließlich dem Konsens zugestimmt haben. Wer gemeinsam mit anderen Muslimen und dem deutschen Staat handeln will, muss auch für das eintreten und einstehen, was zuvor beschlossen und vereinbart worden ist. Das gilt erst Recht, wenn es Reibungen gibt und nicht für alle in der Gesellschaft nachvollziehbar ist, warum wir uns so langsam aufeinander zubewegen.
Wem es nicht möglich ist, sich am Konsens zu beteiligen und ihn auch zu vertreten - nach innen wie außen - der muss sich fragen lassen, ob er wirklich Repräsentant einer pluralistischen muslimischen Bevölkerung in Deutschland sein kann und will. Ich habe ja vernommen, dass es einen Versuch der im KRM versammelten Verbände gab zu ergründen, warum ein Großteil der in Deutschland lebenden Muslime sich nicht durch diese Verbände repräsentiert fühlt. Der Prozess der Öffnung und Pluralisierung der im KRM organisierten Verbände, also einer innermuslimischen Annäherung an die übergroße Mehrheit muslimisch geprägter Menschen in Deutschland, scheint noch am Anfang zu stehen. Und auch die Annäherung an Staat und Gesellschaft unseres Landes, an Millionen Mitbürger, die mehr über ihre muslimischen Nachbarn erfahren wollen, kommt nur langsam voran. Ohne Annäherung aber wird es Muslimen schwer fallen, vollständig als Teil unseres Ganzen akzeptiert zu werden. Denn wie will man glücklich sein in einem Land, wenn man es nicht vollständig annimmt und als das eigene erkennt?
In einem Rechtsstaat besteht natürlich die Möglichkeit, auf gerichtlichem Wege "Sonderkonditionen" zu erstreiten. So wie gerade wieder geschehen gegen das Diesterweg-Gymnasium vor dem Berliner Verwaltungsgericht. Wo es um die Einführung islamischen Religionsunterrichts geht, braucht der Staat verlässliche Partner, die voll und ganz den von der Arbeitsgruppe 2 präzisierten Voraussetzungen entsprechen. Juristische Auseinandersetzungen sind deshalb nicht nur wenig zielführend, sondern werfen auch Zweifel an der Partnerschaftstauglichkeit der Beteiligten auf. Formale Verfassungstreue, Frau Professorin Langenfeld hat es in einem viel gelesenen Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung präzise ausgeführt, genügt dafür eben nicht.
Der deutsche Staat muss und wird - genauso wie bei allen anderen Religionen in Deutschland - auf der Erfüllung aller rechtlichen Voraussetzungen bestehen. Nur dann kann der Staat seiner treuhänderischen Verantwortung für einen Unterricht genügen, der rechtskonform sein muss. Und nur dann besteht im Übrigen auch Aussicht, dass ein solcher Unterricht angenommen wird von denjenigen, für die er angeboten werden soll: muslimischen Kindern und Jugendlichen sowie ihren Eltern, von denen die meisten ja bisher nicht in einem der islamischen Verbände organisiert sind. Gemeinsames Handeln verlangt eben auch, Vorbehalte durch Vertrauen zu überwinden. Vertrauen erhält, wer ebenso glaubwürdig zu schwierigen Kompromissen wie zu seinen Ausgangspositionen steht.
[ V. Gemeinsam handeln ]
Gemeinsames Handeln verlangt indes nicht - wie oft behauptet wird - eine bestimmte, vorgegebene Art der Selbstorganisation von Muslimen. Es ist nicht die Aufgabe des deutschen Staates, die deutschen Muslime nach seinen Vorstellungen zu organisieren. Die Islamkonferenz ist kein Versuch, den Islam in Deutschland im Spiegel von Erfahrungen mit der christlichen Religion quasi zu "verkirchlichen". Die Islamkonferenz ist ein auf Kontinuität angelegter Rahmen zur Pflege der Beziehungen zwischen dem deutschen Staat und den Muslimen in Deutschland. Gerade weil sich der Dialog so langwierig und mühevoll gestaltet, wird dieser Prozess lange über das Jahr 2009 hinaus Zeit benötigen, vor allem aber auch den Willen und die Kraft auf Seiten der Muslime, sich partnerschaftsfähig zu organisieren.
Navid Kermani hat in der letzten Plenarsitzung im Mai vergangenen Jahres gesagt, er danke mir und dem deutschen Staat dafür, dass ich die "ersten 15" ausgewählt und an diesem Tisch versammelt hätte. Es müsse aber das Ziel sein, dass in einem Jahr eine andere, demokratisch bestimmte und für die pluralistische Vielfalt der Muslime in Deutschland voll repräsentative Vertretung an der anderen Seite der Tafel sitze. Diese Herausforderung bleibt bestehen. Die muslimischen Mitglieder erinnern sich bestimmt auch an die Erwartung, mit der die Bundeskanzlerin bei unserem festlichen Abendessen im November ihre Teilnahme an einem künftigen Zusammentreffen angekündigt hat. Den Prozess der Selbstorganisation der Muslime kann der deutsche Staat nicht leisten, und er soll es auch nicht. Die Muslime selbst sind hier gefordert.
Was wir jedoch heute als Deutsche Islam Konferenz beitragen können, ist Chancen für gemeinsames Handeln aufzuzeigen und mit der Verabschiedung des Zwischen-Resümees Grundlagen für künftige Zusammenarbeit zu legen. Heute sind ja Vertreterinnen und Vertreter der für viele der behandelten Fragen zuständigen Länder unter uns. Diese Chance sollten wir nutzen und sie, liebe Frau Kramp-Karrenbauer und lieber Herr Bouffier, bitten, unsere heutigen Ergebnisse direkt und auf dem schnellsten Wege in ihre zuständigen Fachministerkonferenzen einzubringen. Und natürlich sollten wir uns gemeinsam auch Gedanken machen, wo wir dem Dialog in den Gremien der DIK Impulse geben möchten.
Um zum Schluss noch einmal auf Feridun Zaimoglu zu sprechen zu kommen: Ich würde mir wünschen, dass irgendwann einmal alle - wie die Hauptfigur des gleichnamigen Romans "Leyla" - sagen können: "Ich will dieses Land lieben, weil es vermisst werden will".
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