GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER Offener Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel
Göttingen/Berlin, den 08. Januar 2008
Nach Anschlägen auf Kirchen und Klöster schwillt Flüchtlingsstrom aus dem Irak an - Bitte finanzieren Sie Hilfsprogramme für vertriebene Christen!
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
wieder hat eine Anschlagserie die christliche Gemeinschaft im Irak erschüttert: Nahezu zeitgleich wurden am vergangenen Sonntag zu Beginn des orthodoxen Weihnachtsfestes Bombenanschläge auf sieben Kirchen, Klöster und christliche Wohlfahrtseinrichtungen in Bagdad und Mosul verübt.
Viele Christen, die bis jetzt trotz der Bedrohung durch islamistische Fanatiker im arabisch dominierten Teil des Landes geblieben sind, werden sich jetzt dem Strom der Flüchtlinge in die kleinen Nachbarländer Jordanien und Syrien anschließen. Im friedlichen autonomen Bundesstaat Irakisch-Kurdistan, in dem einige zehntausend Christen Zuflucht gefunden haben, ist die Aufnahmekapazität begrenzt.
Bisher hat die Weltöffentlichkeit nur wenig Notiz vom Schicksal dieser Flüchtlinge genommen. Unsere Menschenrechtsorganisation hat die Verfolgung der christlichen Assyro-Chaldäer im mittleren und südlichen Irak dokumentiert und Medien, Politik und Öffentlichkeit in den vergangenen beiden Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass sie dort Opfer von gezielten Attentaten, Entführungen, Morden, Vergewaltigungen, Folter und anderer Repressalien werden, und die gesamte christliche Glaubensgemeinschaft so nach fast 2000 Jahren in ihrem angestammten Siedlungsgebiet zum Exodus gezwungen wird. Doch unsere Informationen und Dokumentation haben bei Politikern - bis auf wenige Ausnahmen - kaum mehr als Betroffenheit ausgelöst.
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, drei Viertel der 2003 noch rund 650.000 Christen des Irak wurden bereits vertrieben. Hunderttausende von Flüchtlingen drängen sich völlig unzureichend versorgt in Jordanien und Syrien. Viele müssen in Kellern hausen, werden medizinisch kaum betreut, und oft finden sie für ihre Kinder keinen Platz in der Schule. Auch Irakisch- Kurdistan braucht Unterstützung für Neuankömmlinge. Die internationale Gemeinschaft hat auf diese Notsituation bisher nur sehr unzureichend reagiert. Jetzt geht unser kleines Nachbarland, die Niederlande, mit gutem Beispiel voran und stellt sechs Millionen Euro für die assyro-chaldäischen Flüchtlinge zur Verfügung.
Doch noch immer fehlen dringend finanzielle Mittel, damit nicht nur die Grundversorgung der Vertriebenen sichergestellt wird. Sie müssen sich und ihren Kindern auch eine Zukunft aufbauen können. Deshalb appelliere ich im Namen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) dringend an Sie: Bitte helfen Sie den christlichen Flüchtlingen aus dem Irak und stellen Sie für Hilfs- und Ansiedlungsprogramme in Irakisch-Kurdistan sowie für die Nothilfe in Jordanien und Syrien mindestens 50 Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung.