Dankbar für jedes Zeichen von Wärme Von Abschiebung bedrohte Kurdin hofft weiterhin
Bürger formieren sich zur Hilfe Von Michael Wien Gülüzar Yildirim zittert während des ganzen Spazierganges mit ihr und den Töchtern in Haßloch (von den zwei mal acht Quadratmetern im Asylbewerberheim ins Grüne). Die Kurdin, die auf eine Entscheidung des Petitionsausschusses des Landtages hofft, hat eben erfahren, dass sie ab heute täglich bei der Polizei eine Unterschrift leisten soll. Offenbar geht man sicher, dass die unlängst schon in Handschellen zum Flughafen geschaffte Seniorin nicht erneut von der Stadtkirchengemeinde mit Kirchenasyl beschützt wird. Die 60-jährige hat seit jenem Dienstag im Ordnungsamt Angst vor der Polizei. Aber sie wird, trotz sichtbar angegriffener Gesundheit, diese Hürde nehmen, vielleicht noch weitere, die für sie gefunden werden. Vor drei Jahren kam sie nach Rüsselsheim, um ihren jüngsten Töchtern beizustehen. Und sie war stark. 2006 verhinderte sie, dass ihre 20-Jährige zwangsverheiratet wird. Der Clan ihres Ex-Mannes hat ihr dafür im Falle der von deutschen Behörden erzwungenen Rückkehr einen Rollstuhl versprochen. Und sie hinein zu prügeln, damit sie ihn brauche. Vor zehn Tagen zeigte sich in Darmstadt ein Richter von Fotos beeindruckt, aufgenommen in jenem Dorf, in das Gülüzar Yildirim zurückkehren müsste, obwohl die Reste ihrer eigenen Familie dort keinen Schutz bieten können. Ihr Ex-Mann hatte die Fotos beigebracht. Nach einer Zwangsheirat sehe das aber nicht aus, wandte sich der Richter an die Tochter, die auf einem Bild lächelnd zu sehen ist. Die junge Frau widersprach dem Richter nicht. Sie ist traumatisiert. Was auch in den Akten steht. Sie brachte einfach nicht heraus, dass der Vater sie vor der Reise in Rüsselsheim zusammengeschlagen hatte, derart, dass erst eine Spritze im GPR-Klinikum sie zur Ruhe bringen konnte. In jenem Dorf erklärte man ihr dann, der Vater wisse, was er in Rüsselsheim mit der Mutter und der jüngeren Schwester zu tun habe, falls sie nicht in die Kamera lächle. Sie lächelte - und floh bei nächster Gelegenheit. Hierher. Hier würde es Hilfe und Verständnis geben. Die Tochter kam in ein Frauenhaus, die Mutter wurde vom Vater zusammengeschlagen. Die Traumatisierte ist nun 20 und macht einen Integrationskurs. Da kann sie auf die 18-jährige Schwester achten und die Mutter abgeschoben werden, finden die Behörden. Beide Töchter haben keinen sicheren Aufenthaltsstatus, die ältere arbeitet nämlich nicht (was sie mit ihrem Status gar nicht darf) und wenn die Jüngste ihren Realschulabschluss hat ... Nein, seit Wochen gelingt es nicht, von anderem zu sprechen, sagt die Jüngste. Jetzt ist sie volljährig, wozu auch immer. Woher nehmen die Frauen die Kraft, nicht vor Gewalt und Gewalten zu resignieren? "Wir sind Muslime. Und unsere Mutter ist bei uns." Die drei Yildirims haben jetzt eine Parzelle im "internationalen Garten". Karotten, Bohnen, Paprika; ob die Mutter die Tomaten noch kosten kann, wird im Landtag entschieden. Viele Blumen sind gesät. Aber die Tage haben keine Farbe mehr, Nächte bestehen vollständig aus Angst. "Wir sind auf einem schlechten Weg", sagt die Jüngste. Und hofft weiterhin. Die drei Frauen sind still, sanft, ohne jede Aggression. Sie bedanken sich häufig. Für jedes Zeichen von Wärme. 15 Rüsselsheimer haben bereits in der Stadtteilwerkstatt angerufen, wollen helfen. Einige kündigen an, Unterschriften zu sammeln. Die Künstlervereinigung "Malkasten" sammelt Spenden, fragt nach kleinen Wünschen. „Main-Spitze“ vom 25.08.2008 http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3405222
|