PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. Postfach 16 06 24 Telefon: 069/23 06 88 internet: http://www.proasyl.de 60069 Frankfurt / Main Telefax : 069/230650 e-mail: proasyl@proasyl.de Presseerklärung 5. Juli 2007 Morgen im Bundesrat:
Die Mogelpackung „Zuwanderungsänderungsgesetz“PRO ASYL: Deutschland wird unattraktiver, kälter und integrationsfeindlicher Morgen wird sich der Bundesrat mit dem Gesetzentwurf zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union befassen. Der in der Öffentlichkeit eher als „Zuwanderungsänderungsgesetz“ bekannte Entwurf trägt das Stigma der Verfassungswidrigkeit. Dies haben in der parlamentarischen Debatte im Bundestag und in einer Reihe persönlicher Erklärungen auch viele Abgeordnete der Regierungskoalition erklärt. Dennoch wird der Bundesrat vermutlich den Weg freimachen für ein Gesetz, das Deutschland für Ausländer, zum Teil aber auch für Inländer, unattraktiver, kälter und integrationsfeindlicher macht. Nach Auffassung von PRO ASYL löst der Gesetzentwurf das Problem der langjährig in Deutschland Geduldeten nur zu einem kleinen Teil, verschärft aber gleichzeitig die ausländerrechtlichen Probleme vieler anderer Migranten und Flüchtlinge. Mehr als 60 SPDKritiker des Entwurfes hatten im Bundestag eine lange Mängelliste vorgetragen und ihre Zustimmung zum Gesetz auf einen einzigen Aspekt gestützt: Die Bleiberechtsregelung mache die Zustimmung aus humanitären Gründen letztendlich erforderlich. PRO ASYL hält dies nicht für überzeugend, denn selbst die im Gesetzentwurf enthaltene Bleiberechtsregelung wird aufgrund massiver Mängel nur eine Minderheit der Langzeitgeduldeten begünstigen. Das Gesetz ist eine Mogelpackung. Unter dem Deckmantel der Umsetzung von elf EURichtlinien wurden die in ihnen enthaltenen Möglichkeiten nicht zugunsten der Betroffenen ausgeschöpft. Stattdessen wurden alle Optionsmöglichkeiten zur Einschränkung von Rechten genutzt, wie dies auch viele SPD-Abgeordnete in einer persönlichen Erklärung zur Bundestagsdebatte formuliert haben. • Mit einer auf einen Stichtag bezogenen Altfallregelung, die viele Ausschlusstatbestände enthält, wird das Dauerproblem der sogenannten Kettenduldungen nicht gelöst. Deshalb steht die nächste Bleiberechtsdebatte zwangsläufig an. Dies haben auch Bundestagsabgeordnete in der Debatte illusionslos diagnostiziert. • Trotz sinkender Einbürgerungszahlen werden die Hürden für die Einbürgerung – absurderweise sogar für junge Menschen – erhöht. Abseits demonstrativer Integrationsgipfelei verspielt man Deutschlands integrative Zukunft. • Den Opfern von Zwangsverheiratungen gilt das Mitgefühl der Regierungskoalition, ausländerrechtlich allerdings folgenlos. Wenn sich die Betroffenen der Zwangsehe entziehen wollen, sieht das Gesetz nicht die notwendige verbesserte Möglichkeit einer Rückkehr der in das Ausland verbrachten Opfer nach Deutschland vor. • Die türkischen Medien haben zu Recht den antitürkischen Charakter des Gesetzentwurfes kritisiert. Ganz besonders gilt dies für den Nachweis von Sprachkenntnissen nachziehender Ehegatten vor der Einreise. Dass die Bundesregierung 2 bei Ländern wie den USA, Kanada, Israel und Japan darauf verzichtet, hat die Bundesregierung mit einem selbstbewussten Bekenntnis zur Diskriminierung begründet: „Die Privilegierung ist dadurch gerechtfertigt, dass der Zuzug der Angehörigen dieser Staaten im besonderen migrationspolitischen Interesse Deutschlands liegt“ (BTDrucksache 16/5498). Nach der Bundestagsdebatte titelte die türkische Zeitung Hürriyet die Überschrift: „Schäm Dich SPD, was ist das für ein Gesetz?“. SPD-Abgeordnete, die gegen das Gesetz gestimmt haben, haben dies auch begründet mit der Verschärfung des Familiennachzugs und der „eindeutigen Diskriminierung, die hinter dieser Regelung steht“ sowie daraus herrührenden Zweifeln an der Verfassungskonformität. Der Frankfurter SPD-Abgeordnete Gregor Amann, der den Gesetzentwurf für „klar verfassungswidrig“ hält, hat darauf hingewiesen, dass es viele der 2,3 Millionen binationalen Ehen in Deutschland nach den neuen Vorschriften nicht geben würde. Geradezu gespensterhaft wirkt vor dem Hintergrund dieser neuerlichen Verschärfungsrunde im deutschen Ausländerrecht die Debatte darüber, wie Deutschland für Hochqualifizierte aus dem Ausland attraktiver werden kann. Zur Attraktivität eines Landes gehört eine Offenheit, die sich abseits ritualisierter Integrationsdebatten in Rechtssicherheit für (potentielle) Migrantinnen und Migranten niederschlägt. Deutschland befindet sich hierzu auf Gegenkurs. gez. Bernd Mesovic
Referent
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