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Kirchenasyl in Hanau
Hanau / Rodenbach - Fünf Tage nach der Abschiebung zweier Kurden, die sieben Jahren in Sinntal-Sterbfritz lebten, hat das Bündnis für Bleiberecht im Anschluss an den Sonntagsgottesdienst in der Hanauer Marienkirche um Asyl für drei Personen aus dem Familienumfeld gebeten. Eine Schwester der abgeschobenen Brüder und die Eltern des im September nach mehrtägiger Haft ausgeflogenen Sherif Akbulut aus Schlüchtern sind nun in Rodenbach untergebracht.

Orhan Duman (23) schilderte, wie am Dienstag um vier Uhr morgens Polizeibeamte mit Taschenlampen an die Tür klopften und die beiden Brüder im Alter von 22 und 26 Jahren abholten, die nach Angaben des Hessischen Flüchtlingsrates Arbeitsplatzzusagen besaßen. Die Mutter, deren Mann seit 1993 in der Türkei als verschollen gilt, und eine Schwester erlitten dabei einen Nervenzusammenbruch und sind seither in psychiatrischer Behandlung. "Durch die Abschiebung der Hauptversorger wird praktisch der gesamten Familie die Chance auf Bleiberecht genommen", konstatierte Flüchtlingsrat Geschäftsführer Timmo Scherenberg.

Die Angst, schutzlos der Abschiebung gegenüber zu stehen, "fordert das Handeln der ganzen Kirche heraus", sagte Rodenbachs Pfarrer Henning Schröder. "Nach der Schwester ist bereits gesucht worden, die Familie kann nicht mehr nach Hause", berichtete Marion Bayer vom Bleiberecht-Bündnis und erhob schwere Vorwürfe gegen die Behörden. Die Großfamilie, der in ihrer Heimat Verfolgung und Militärdienst drohe, sei ein Grenzfall der Bleiberechtsregelung. Bei allen Bemühungen um deren Schicksal sei die Flüchtlingshilfe zuletzt "schlichtweg belogen worden". Man habe sich auf Zusagen verlassen, die Anträge gingen in jedem Fall an die Härtefallkommission im Landtag. Mit der Abschiebeaktion "ist für uns alles zusammengebrochen", so Marion Bayer.

Keine ultimative Entscheidung

Die Aktion, bei der, wie berichtet, auch eine Familie aus Rothenbergen mit sechs Kindern per Charterflieger nach Istanbul abgeschoben wurde, beschäftigte auch den Landtag. Die Grünen werteten das Verhalten als "Sauerei", weil auch die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Ilona Dörr (CDU), dringend darum gebeten habe, die Kurden vorläufig hier leben zu lassen. Auch die Familie aus Rothenbergen sei bestens integriert gewesen, fünf Kinder in Gründau geboren und dort zur Schule gegangen. Der Vater wurde nach Angaben seiner Anwältin unmittelbar nach der Landung in der Türkei inhaftiert.

"Wir werden nicht schweigen", versicherte Horst Rühl, Pfarrer der Marienkirchengemeinde. Er habe bereits Kontakt zum zuständigen Kirchenrat in Wiesbaden gesucht.

Der Geistliche mochte jedoch die älteste Kirche Hanaus nicht ultimativ als Schutzraum für die von der Abschiebung bedrohten Familienmitglieder zur Verfügung stellen. Die Entscheidung müsse von einer Mehrheit des 17-köpfigen Kirchenvorstandes getragen werde, sagte Rühl, der bis Mittwoch eine Entscheidung des Gremiums herbeiführen will.

Um eine "überfallartige Abschiebung" zu verhindern, sind drei Familienmitglieder am Nachmittag ins Pfarrhaus nach Rodenbach gebracht worden. Jörg Andersson

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