Von Nicola Böhme (http://www.wiesbadener-kurier.de/region/wiesbaden/meldungen/7771388.htm)
Mein Kind wird in der Schule gemobbt, was kann ich dagegen tun? Ein wenig Licht ins Dunkel um das viel diskutierte Thema brachte eine gemeinsame Veranstaltung der Abteilung Jugendarbeit im Amt für Soziale Arbeit, Stadtelternbeirat und Kurier, zu der Eltern, Lehrer und auch einige Schüler ins Pressehaus geladen worden waren.
“Mobbing gab es schon immer und wird es auch immer geben", räumte Christoph Kluss vom Verein gegen psychosozialen Stress und Mobbing (VPSM) in seinem Vortrag gleich zu Beginn ein. Gleichwohl müsse man genau hinterfragen, wann es sich um einen Konflikt und wann es sich tatsächlich um Mobbing handele. Denn Mobbing, so Kluss, sei ein tiefgründiger intensiver Konflikt, der nicht mehr zu lösen sei und darauf abziele, den Gemobbten aus einer Gemeinschaft, etwa dem Klassenverband, endgültig auszuschließen.
Begriff wird häufig missbraucht
Konflikte wurden früher noch mit einem handfesten Streit oder vielleicht auch einer Prügelei geklärt und endgültig aus der Welt geschaffen. “Mobbing ist weitaus subtiler", so Kluss, mit den neuen Medien sei auch noch die neue Qualität des Cybermobbing im Internet oder per Handy dazugekommen. Und auch Pfarrer Markus Ihle-Mörlein, Seelsorger an der Elly-Heuss-Schule, bestätigte, in seiner neunjährigen Tätigkeit als Schulseelsorger habe er einen, höchstens zwei echte Mobbing-Fälle erlebt, denn der Begriff werde häufig “missbraucht".
Doch was können Eltern nun wirklich tun, wenn sie bemerken, dass ihr Kind gemobbt wird? “Zuhören, das Kind ernst und sich Zeit für das Gespräch nehmen, darauf eingehen und klug nachfragen, ohne dabei in Vorwürfe zu verfallen", sind sich Kluss und Ihle-Mörlein einig. Ganz wichtig sei die Vertraulichkeit zwischen Kind und Eltern, nur so habe man die Chance, die ganze Wahrheit zu erfahren. Die Bezeichnungen Opfer und Täter hören alle Experten in diesem Zusammenhang nicht so gerne, denn oft verwischten die Grenzen in solch einem langen Prozess, denn “Täter" griffen nicht immer bewusst an und “Opfer" begäben sich oftmals auch freiwillig in diese Rolle.
Nur fünf Seelsorger für 12.000 Wiesbadener Schüler
Sollten betroffene Eltern auf die Eltern der “Gegenpartei" zugehen? Davon rät Gaby Göbel aus der Abteilung Internetkriminalität im Landeskriminalamt ab. “Damit machen Sie ein Opfer erst amtlich", sagt sie. Ratsamer sei es, einen objektiven Coach, einen Mediator oder Streitschlichter, jemand der unabhängig ist, einzuschalten. Ganz wichtig sei es, den “Täter" erzählen zu lassen, was er getan hat, “denn viele machen sich erst dabei bewusst, was sie getan haben", so Ihle-Mörlein.
Solch unabhängige Vermittler können neben Schulseelsorgern oder Vertrauenslehrern auch Schulpsychologen sein. Doch von denen, so war von Matthias Vogt, Psychologe am Staatlichen Schulamt, zu erfahren, gibt es viel zu wenig. Ganze fünf davon sind für 12.000 Schüler in Wiesbaden zuständig.